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Merkel stärkt die Sparkassen – und nimmt sie in die Pflicht

Beim Branchentreffen der öffentlich-rechtlichen Geldhäuser suchen diese nach Selbstbestätigung. Denn obwohl sie Marktführer sind, gibt es große Herausforderungen.

Für die meisten Teilnehmer des Deutschen Sparkassentags ist klar: Der Auftritt von Angela Merkel (CDU) ist der Höhepunkt beim großen Branchentreffen der Sparkassen-Finanzgruppe in Hamburg an diesem Mittwoch und Donnerstag. Neben Vorständen der knapp 400 Sparkassen sind auch Unternehmen wie die Landesbanken dabei. Insgesamt kommt die Veranstaltung an beiden Tagen 2500 Teilnehmer.

Was die Kanzlerin an diesem Mittwoch sagte, dürften viele Sparkassenmanager mit Genugtuung aufnehmen. Denn die Kanzlerin betonte die wichtige Rolle der Sparkassen. Sie wolle noch einmal „ein deutliches Bekenntnis zum Drei-Säulen-Modell“ abgeben, sagte Merkel. Gemeint mit den drei Säulen der deutschen Kreditwirtschaft sind die privaten Banken, die genossenschaftlichen Banken und eben die Sparkassen. Die Sparkassen sind Merkel zufolge eine „wichtige Stütze“ des deutschen Finanzmarktes – auch dort, wo die Bevölkerungsdichte geringer ist.

Gleichwohl forderte sie die knapp 400 deutschen Sparkassen auf, nicht zu viele Filialen zu schließen. Die Sparkassen haben wie die Volksbanken und viele Privatbanken in den vergangenen Jahren bereits hunderte Filialen geschlossen. Auch wenn die Sparkassen 2018 ein gutes Ergebnis erwirtschaftet hätten, sei ihre Bitte: „Bleiben Sie der Fläche gewogen!“, sagte Merkel. „Die Sparkasse muss so etwas wie die gute Seele einer Region und eines Ortes bleiben.“

Die Sparkassen dürften sich neuen Entwicklungen nicht verschließen. Schlimmstenfalls könne das sonst zu weiteren Filialschließungen führen. Auch bei Zusammenschlüssen bremste Merkel. Die Erleichterungen bei der Regulierung für kleine Banken sind Merkel zufolge auch ein „Schutzschild“, kleine Sparkassen zu schützen.

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Im Zuge der digitalen Revolution änderten sich Geschäftsmodelle, sagte Merkel. Deshalb sei es umso wichtiger, dass Deutschland bei den neuen Fintechs eine Vorreiterrolle einnehme. Die Finanzmärkte seien in einem großen Wandel. Merkel plädierte dafür, Deutschland zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzen zu machen. Das sei wichtig, um die Stabilität der Finanzmärkte zu erhöhen.

Außerdem warnte sie vor Rückschritten bei der internationalen Regulierung der Finanzmärkte. Eigentlich zeige der G20-Prozess auf Chefebene, dass die internationale Gemeinschaft ihre Lektionen aus der Finanzkrise nach 2008 gelernt habe, sagte Merkel. „Aber es ist die Tendenz spürbar, dass die Lektion wieder vergessen wird“, warnte sie. Es sei schwierig, international gleiche Wettbewerbsbedingungen im Bankensektor durchzusetzen.

Zugleich forderte Merkel in der EU einen entschiedeneren Abbau von notleidenden Krediten bei Banken. Man habe sich eine Banken- und Kapitalmarktunion vorgenommen, was wegen der gemeinsamen Euro-Währung auch wichtig sei. Dazu müssten aber in verschiedenen Staaten die Risiken bei nationalen Banken weiter abgebaut werden.

Eröffnet hatte Sparkassenpräsident Helmut Schleweis die Veranstaltung und die Gäste willkommen geheißen. „Wir sind alle drei Jahren zusammen bei diesem großen Familientreffen“, sagte der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV).

Aus Versehen kam er auf das eine große Thema zu sprechen, das die Sparkassen-Finanzgruppe derzeit am meisten bewegt. Dafür reichten schon zwei Worte. Denn Schleweis unterlief bei seiner Eröffnungsrede, bei der die großen Namen persönlich begrüßte, ein kleiner Versprecher: Herbert Hans Grüntker, Vorstandschef der Frankfurter Helaba, sprach er als Chef der Stuttgarter LBBW an. An der Spitze der LBBW allerdings steht Rainer Neske.

Schleweis musste selbst lachen, hat er damit doch unfreiwillig auf seinen eigenen Vorstoß angespielt, eine einzigen Sparkassenzentralbank zu schaffen. Sollte es irgendwann dazu kommen, würden darin auch die LBBW und die Helaba aufgehen – und der Sitz einer solchen Super-Landesbank wäre vermutlich Frankfurt.

Das Motto des 26. Deutschen Sparkassentages lautet „Gemeinsam allem gewachsen“. „Wir wollen unseren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wertbeitrag deutlichen machen“, sagte Schleweis. „Wir wollen vor allem Mut für die Zukunft machen.“

Klingt pathetisch, ein wenig dick aufgetragen. Aber genau dafür ist der Sparkassentag auch da, das traditionelle Branchentreffen der Gruppe und der größte Finanzkongress Europas. Neben Merkel sprach auch und Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Der Besuch der Politprominenz hat Tradition. Schließlich diene der Sparkassentag auch dazu, „der Wirtschaft und der Politik deutlich zu machen, wofür die Sparkassen stehen“, sagt der Präsident eines Regionalverbandes.

Dabei ist keine andere Bankengruppe so eng mit der Politik verwoben wie die Sparkassen. Träger und quasi Eigentümer sind die Kommunen, auch Sparkassenpräsidenten kommen oft aus der Politik. Schleweis‘ Vorgänger war der frühere bayrische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU).

Die Sparkassen sind weiterhin klarer Marktführer im Geschäft sowohl mit Privat- als auch mit Firmenkunden und haben im vergangenen Jahr noch mehr Kredite vergeben als zuvor. Allein rund 35 Millionen private Girokonten führen sie. Doch der Slogan für den Sparkassentag verdeutlicht, dass es mit Selbstbestätigung allein nicht getan ist.

Die gesamte Finanzgruppe – auch die Landesbanken und Verbundunternehmen wie Bausparkassen und öffentliche Versicherer gehören dazu – steht vor großen Veränderungen. Das dominierende Thema der letzten Monate, das auch in Hamburg überall mitschwingen dürfte, hat Schleweis selbst vor einigen Monaten gesetzt: Ihm schwebt vor, dass sich alle Landesbanken zu einer „Sparkassenzentralbank“ zusammentun – möglichst ohne Beteiligung der Bundesländer.

Schleweis hatte im Herbst 2018 vorgeschlagen, dass sich auf dem Weg zu einer Sparkassenzentralbank in einem ersten Schritt zunächst die Landesbanken NordLB und Helaba zusammenschließen. Anschließend sollte das fusionierte Institut mit der Stuttgarter LBBW, dem Fondsdienstleister Deka und dem Immobilienfinanzierer BerlinHyp verschmelzen.

Allerdings scheiterten die als Katalysator gedachten Fusionsgespräche zwischen NordLB und Helaba kurz vor Weihnachten. Baden-Württemberg lehnt die Beteiligung der LBBW an einer roten Spitzenbank ohnehin ab. Vielmehr musste die Sparkassen-Finanzgruppe mehr als eine Milliarde Euro für die Stützung der durch Schiffskredite angeschlagenen NordLB bereitstellen. Noch immer sind viele Sparkassenmanager erleichtert, dass das Drama um die Hannoveraner Landesbank fürs Erste beendet ist und der Haftungsverbund der Gruppe Bestand hat.

Der Sparkassenpräsident bekräftigt seinen Plan gleichwohl bei jeder Gelegenheit. Nun sei die richtige Zeit, eine neue Struktur anzugehen – auch wenn es schwer werde, sie umzusetzen, sagte Schleweis am Dienstag. Die Gruppe würde leistungsfähiger, wenn sie eine Sparkassenzentralbank habe.

Filialnetz wird weiter schrumpfen

Es ändert sich vieles bei dem von Merkel angesprochenen Thema. Aktuell schließen die Sparkassen Filialen, und Schleweis geht davon aus, dass das Filialnetz weiter schrumpft. Trotzdem wolle man am „Angebot hochwertiger Arbeitsplätze in allen Teilen Deutschlands festhalten“, sagt der Sparkassenpräsident. Zwei Drittel der Geschäftsstellen lägen in ländlichen Regionen.

Ein Spagat: Denn der Negativ- und Nullzins der Europäischen Zentralbank macht den Geldhäusern zu schaffen, weil ihre wichtigste Einnahmequelle zurückgeht. 80 Prozent der Erträge stammen aus dem Geschäft mit Krediten und Einlagen, der Zinsüberschuss sinkt entsprechend. Zudem ringen besonders die kleineren Sparkassen mit der zunehmenden Regulierung. Beides sorgt für Kostendruck. Eine Folge sind Fusionen, wobei vor allem kleine Sparkasse verschwinden und in größeren aufgehen.

Zugleich müssen die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute Geld für die Digitalisierung und für Innovationen in die Hand nehmen, um mit der wachsenden Konkurrenz der Direktbanken mitzuhalten. So gewinnen derzeit Onlinebanken wie Comdirect, DKB und ING sowie die Smartphone-Bank N26 rasant Kunden.

Ein Grund, weshalb die Sparkassen-Finanzgruppe mit einer eigenen Onlinebank liebäugelt. Ausgangspunkt dafür könnte die DKB sein, die zur Bayerischen Landesbank (BayernLB) gehört. „Das ist eine der wichtigen strategischen Fragestellungen, mit der sich die Gruppe beschäftigen muss“, sagte Schleweis. Alle in der Gruppe müssten schauen, was die Digitalisierung für das Geschäftsmodell bedeutete, und darauf Antworten finden.

Sparkassen-Bundesobmann Walter Strohmaier – Schleweis‘ Nachfolger in diesem Amt – hatte sich kürzlich im Handelsblatt für eine eigene Onlinebank ausgesprochen. Strohmaier zufolge könnte die DKB, eine Tochter der BayernLB, zur gemeinsamen Onlinebank werden. „Wir sind zwar noch ganz am Anfang des Prozesses, aber ich kann mir die DKB auch als Onlinebank der Sparkassen vorstellen“, sagte er mit Blick auf die Überlegungen zur künftigen Ausrichtung der BayernLB.

Beste Banking-App Deutschlands

Immerhin: Von Beobachtern ernten die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute jetzt schon Lob. „Insgesamt sind die Sparkassen in Sachen Digitalisierung besser aufgestellt als häufig wahrgenommen wird“, sagt Ingo Garczorz von der Managementberatung Berg Lund & Company. Die Sparkassen-App gelte als die beste Banking-App in Deutschland.

Entwarnung gibt aber auch Garczorz nicht. Er erwartet weitere Zusammenschlüsse. Es seien selbst deutlich größere regionale Verschmelzungen denkbar – bis hin zu Sparkassen, deren Geschäftsgebiet sich auf ein ganzes Bundesland erstrecke. Sollte es soweit kommen, hätte das auch Konsequenzen für Traditionen wie den Sparkassentag. Dessen Dimension dürfte dann wohl einige Nummern kleiner ausfallen.