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Siemens-Chef Joe Kaeser rutscht im Rhetorik-Ranking überraschend ab

Joe Kaeser hat am Mittwoch als erster der 30 Dax-Chefs auf der Hauptversammlung seine Rede vor den Aktionären gehalten. In der Olympiahalle in München galt es für den Siemens-Chef, die Eigner bei Laune zu halten, obwohl die Gewinne unter Druck stehen.

Dabei machte der Spitzenmanager rhetorisch keine allzu gute Figur. Mit seinem Plädoyer für einen „inklusiven Kapitalismus“, der nicht auf Gewinnmaximierung zu jedem Preis ausgerichtet ist, hat der 61-Jährige zwar den Zeitgeist getroffen. Doch seine negativen Botschaften zu Stellenabbau sowie den Problemen in der Kraftwerkssparte und der wackeligen Fusion des Bahnbereichs verpackte der Spitzenmanager in komplexe Bandwurmsätze. Im Durchschnitt reihte er 13 Worte pro Satz aneinander.

„Da können Zuhörer auf Dauer nur schwer folgen“, sagt Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider von der Uni Hohenheim. Kaeser verfolgte laut Brettschneider auch nicht das oberste Prinzip verständlicher Reden, nämlich einen Gedanken pro Satz zu verwenden, sondern verschachtelt seine Infos. Unterm Strich reichte Kaesers Ansprache nur für unterdurchschnittliche 13,5 Punkte in Sachen Verständlichkeit.

Damit rutscht der Manager überraschend vom Mittelfeld des exklusiven Rhetorik-Ranking des Handelsblatts ins untere Drittel des Gesamtklassements ab. Wie konnte das passieren? „Taktische Unverständlichkeit“ vermutet Brettschneider dahinter. Kaesers Kalkül: Unangenehme Wahrheiten nicht direkt ins Bewusstsein seines Publikums rufen.

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Mit dem Auftritt des Siemens-Chefs ist nicht nur die diesjährige Hauptversammlungs-Saison, sondern auch der Redner-Wettstreit der Dax-Chefs eröffnet. Welcher Vorstandsvorsitzende von Deutschlands dreißig größten börsennotierten Unternehmen die beste Rede hält, nimmt das Handelsblatt inzwischen zum achten Mal unter die Lupe. Dem Gewinner winkt die Redner-Krone, die das Handelsblatt gemeinsam mit der Uni Hohenheim jedes Jahr für die verständlichste Rede eines Dax-Chefs auf der Hauptversammlung vergibt. Seit drei Jahren ist Telekom-Chef Timotheus Höttges mit zuletzt sensationellen 19,9 von maximal 20 Punkten unangefochtener Sieger im Rhetorik-Wettkampf.

Zum Vergleich: Ein Handelsblatt-Artikel erreicht zwischen 12 und 14 Punkten. Diese A-Note bewertet sozusagen die „Pflicht“. Ergänzend dazu hat Brettschneider eine Checkliste entwickelt, mit der der jeweilige Redestil bewertet wird. In diesem „Kür“-Teil können die Dax-Chefs in den zwei Teilbereichen „Relevanz und Aufbau“ sowie „Präsentationsform“ insgesamt 100 Punkte für ihre B-Note holen.

Gespannt sein darf das Publikum 2019 auf die rhetorische Leistung der insgesamt fünf Newcomer. Wird es einen Shooting-Star à la BMW-Chef Harald Krüger oder Stephan Sturm von Fresenius geben? Sie konnten bei ihren Rede-Premieren jeweils aus dem Stand in die Spitzengruppe der Vortragskünstler einsteigen.

Kann Telekom-Chef Höttges entthront werden?

Erstmals antreten wird gleich am 1. Februar in der Ruhr-Kongresshalle in Bochum Guido Kerkhoff. Der bisherige Finanzvorstand von Thyssen-Krupp ist vor einigen Monaten als Vorstandsvorsitzender beim gebeutelten Industriekonzern an der Spitze.

Der 51-Jährige muss den Imageschaden beheben, der durch die Querelen der Großinvestoren Elliott und Cevian um die Konzernstrategie entstanden war. Dabei muss Kerkhoff alle Eigner um Verständnis und Geduld bitten, dass sich die Gesundung des Traditionsunternehmens hinzieht.

Man wünscht ihm dabei mehr Überzeugungskraft als seinem rhetorisch schwachen Vorgänger Heinrich Hiesinger, der seine Zuhörer mit Wortmonstern wie „Transrapid-Linearmotor-Technologie“ und Schachtelsätzen wie zuletzt diesem überforderte: „Sie sehen an dieser Vereinbarung, dass wir die langfristige Wertsteigerung für unser Unternehmen mit der unternehmerischen Verantwortung verbinden, indem wir unseren Mitarbeitern und damit dem neuen Gemeinschaftsunternehmen eine gute Zukunftsperspektive geben.“ Noch dabei?

Ein weiterer Neueinsteiger 2019 ist Markus Steilemann. Der Spitzenmanager bei Werkstoffhersteller Covestro ist Nachfolger von Patrick Thomas, der seinen Posten vorzeitig nach nur einem Jahr im Dax geräumt hat. Auch Thomas gelang es nicht, rhetorisch zu überzeugen: 2018 reichte es für ihn gerade mal für Platz 27.

Auch interessant dürfte auch der allerletzte Rang werden. Der ging zuletzt an Aldo Belloni, der jedoch nach der Fusion von Linde und Praxair zu Linde Plc. das Zepter an den Amerikaner Steven Angel übergeben hat.

Premiere der besonderen Art

Für den neuen BASF-Chef Martin Brudermüller dürfte es schwierig werden, seinen Vorgänger Kurt Bock zu übertrumpfen: Mit seiner Abschiedsrede, für die er anhaltenden Applaus bekam, belegte Bock zuletzt Platz neun.

Und schließlich wartet noch Markus Braun auf seine Premiere: Seit 2002 ist der 50-jährige Österreicher Chef von Wirecard. Nach dem Dax-Abschied der Commerzbank hat er es mit seinem Technologie- und Finanzdienstleistungs-Unternehmen mit Sitz in Aschheim bei München frisch in die höchste Börsen-Liga geschafft. Wie groß sein Ehrgeiz ist, auch rhetorisch mit Vorstandsvorsitzenden wie Tim Höttges mitzuhalten, wird sich demnächst zeigen.

Ob nun Antrittsrede, frohe Botschaft oder Blut-Schweiß-und-Tränen-Ansprache – das Publikum darf auch in der Hauptversammlungssaison 2019 wieder gespannt sein, wer diesmal den Sieg davon trägt.