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Schaeffler-Chef Rosenfeld: Ein Seiteneinsteiger im Härtetest

Der Autozulieferer schlägt sich in der Krise der Branche wacker. Der Vorstandschef muss demnächst die weiterentwickelte Strategie präsentieren.

„Unsere Prognose ist bewusst vorsichtig.“ Foto: dpa
„Unsere Prognose ist bewusst vorsichtig.“ Foto: dpa

In unsicheren Zeiten braucht man manchmal Momente der Kontemplation. Mitten in der Vorbereitung auf die Präsentation der Jahreszahlen trat Klaus Rosenfeld vergangene Woche in einer kleinen Kirche in Herzogenaurach auf. Er ist hier Vorsitzender des Orgelbauvereins und trug auf der Geige Stücke unter anderem von Johann Sebastian Bach vor.

Es war nur ein kurzes Durchschnaufen für den Chef des Autozulieferers Schaeffler. Die schwächelnden Automärkte vor allem in China und der Wandel zur Elektromobilität haben der Branche schon im vergangenen Jahr Sorgen bereitet. Nun kam auch noch das Coronavirus mit all seinen unkalkulierbaren Folgen hinzu. „Es ist ein Risiko, das wir bisher so nicht kannten“, sagte Rosenfeld, als er am Dienstag die Geschäftszahlen vorlegte.

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Im vergangenen Jahr schlug sich Schaeffler unter Rosenfelds Führung noch vergleichsweise wacker. Der Umsatz stagnierte bei 14,4 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern brach auch wegen der Kosten für den geplanten Stellenabbau von knapp 1,4 Milliarden Euro auf 790 Millionen Euro ein. Bereinigt um Sondereffekte lag die Umsatzrendite aber noch bei 8,1 Prozent nach 9,7 Prozent im Vorjahr.

Damit erreichte Schaeffler zumindest die im vergangenen Sommer gesenkte Prognose. Dem Schwesterunternehmen Continental, an dem die Familie Schaeffler mit 46 Prozent beteiligt ist, war es ärger ergangen. Der Dax-Konzern machte im vergangenen Jahr vor allem wegen Abschreibungen einen Nettoverlust von 1,2 Milliarden Euro.

Es ist eine ungewöhnliche Karriere, die Rosenfeld dahin gebracht hat, wo er heute ist. Der gelernte Bankkaufmann kam 2009 von der Dresdner Bank als Finanzvorstand zu Schaeffler. Seine klare Aufgabe: die überbordende Schuldenlast nach der Continental-Übernahme in den Griff zu bekommen. Ihm gelang die Restrukturierung der Verbindlichkeiten, später verkleinerte er den Schuldenberg. Die Familie Schaeffler ist ihm bis heute dankbar dafür.

Das Ungewöhnliche ist nun, dass der Finanzvorstand nach einem Machtkampf gegen den designierten Vorstandsvorsitzenden Klaus Deller – der den Posten dann gar nicht erst antrat – auch die operative Führung des ingenieurgetriebenen Unternehmens übernahm. Zunächst führte er Schaeffler kommissarisch, schließlich wurde er dauerhaft Vorstandschef.

Gemischte Bilanz für den Manager

Manche waren skeptisch, ob man sich ohne Benzin im Blut in der Autobranche behaupten kann. Doch hat Rosenfeld, der als Workaholic gilt, Spaß gefunden am operativen Geschäft, heißt es in seinem Umfeld. Gerade arbeitet er mit dem Rest der Führung an einer Aktualisierung der Strategie. Ende März soll sie in Herzogenaurach vorgestellt werden.

Die Elektromobilität soll darin natürlich eine Rolle spielen. Der Wälzlagerspezialist, der noch stark vom Verbrennungsmotor abhängig ist, verzeichnet in den neuen Geschäftsfeldern derzeit eine gute Auftragslage. Doch auch das Industriegeschäft, früher ein Sorgenkind, bleibt wichtiges Standbein. Schließlich stabilisierte die Sparte im vergangenen Jahr angesichts der Probleme im Autogeschäft den Gesamtkonzern.

Die Bilanz des sportlichen Managers, der gelegentlich an Triathlons teilnimmt, ist bislang gemischt, Seit dem Börsengang vor viereinhalb Jahren musste Schaeffler die Gewinnerwartungen mehrmals nach unten korrigieren. Zudem liegt der Aktienkurs mit derzeit gut sieben Euro deutlich unter dem damaligen Ausgabepreis von 12,50 Euro. Den Finanzexperten Rosenfeld dürfte das ärgern.

Doch wurden Spekulationen, er könne wackeln, im Umfeld der Schaefflers immer entschieden zurückgewiesen. Die Familie sei überzeugt, dass Rosenfeld der richtige Mann sei und die Transformation ins Elektromobilitätszeitalter auf gutem Weg. Er arbeite eng mit Aufsichtsratschef und Mehrheitseigentümer Georg Schaeffler zusammen. Zuletzt waren die beiden gemeinsam in den USA unterwegs.

Zuletzt sah es zumindest so aus, als ob die verschiedenen Effizienzprogramme, die Rosenfeld aufgelegt hat, greifen. Die Zahl der Beschäftigten sank im vergangenen Jahr weltweit deutlich von 92 478 auf 87 748 Mitarbeiter. Ende des vergangenen Jahres startete Schaeffler laut Rosenfeld ein weiteres Freiwilligenprogramm, mit dem bis zu 1 300 Stellen in Deutschland wegfallen könnten. Rosenfeld betonte, alle Programme seien bislang ohne betriebsbedingte Kündigungen ausgekommen.

Die Disziplin zeigte vor allem bei Free Cashflow Wirkung, der mit 473 Millionen Euro nicht nur über dem Vorjahr lag, sondern auch die jüngste Prognose von 350 bis 400 Millionen übertraf.

So wäre die Welt bei Schaeffler eigentlich ganz in Ordnung. Anderswo in der Branche gibt es derzeit größere Probleme. So machte etwa der Kabel- und Bordnetzspezialist Leoni 2019 vor Zinsen und Steuern einen Verlust von 384 Millionen Euro. Leoni steht mitten in der Sanierung, nachdem dem Unternehmen in den vergangenen Jahren die eigene Expansion über den Kopf gewachsen ist.

„Wir befinden uns weiterhin in einer Situation, in der wir konsequent daran arbeiten müssen, Leoni wieder auf Kurs zu bringen“, sagte Vorstandschef Aldo Kamper. Um die Umstrukturierung der Schulden zu ermöglichen, hat Leoni ein Sanierungsgutachten nach dem S6-Standard des Instituts für Wirtschaftsprüfer in Auftrag gegeben.

Chinawerke wieder in Betrieb

Nun kommt für die gesamte Branche auch noch die Herausforderung durch das Coronavirus hinzu. Schaeffler hatte als eines der ersten Unternehmen seinen Mitarbeitern schon im Januar Flüge nach China und zurück verboten.
Am wichtigsten sei es ihm gewesen, sagt Rosenfeld, die Lieferketten aufrechtzuerhalten. Als die Frachtschiffe nicht mehr in die Häfen einlaufen durften, habe man schnell auf die Bahn gewechselt. Inzwischen seien alle chinesischen Werke wieder in Betrieb mit einer Auslastung von 80 Prozent. Auch der Einbruch der Autoverkäufe im Februar in China könnte ein vorübergehendes Phänomen bleiben, hofft der Vorstandschef.
Doch nun breitet sich das Virus in Europa aus. Die Konsequenzen für Werke und Absatz sind kaum absehbar. Viel Zeit, Geige zu spielen, wird Rosenfeld in den nächsten Monaten wohl nicht haben.