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„Sánchez spielt mit dem Feuer“ – In Spanien brechen die politischen Gräben wieder auf

Spanien verlängert den nationalen Notstand. Die dafür nötigen Stimmen sichert sich Ministerpräsident Pedro Sánchez im Parlament erst nach intensiven Verhandlungen.

Spaniens Politik teilt sich in Freund und Feind – und dazwischen gibt es nichts. Selbst zum Höhepunkt der Coronakrise, als in Spanien täglich mehr als 900 Menschen an der Epidemie starben, warf Oppositionschef Pablo Casado dem sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez Inkompetenz und Lügen vor. Trotz der harten Rhetorik hat er allerdings dem Alarmzustand zugestimmt, der Sánchez weitreichende Rechte einräumt.

Doch das ist nun vorbei. Zeitgleich mit den ersten Lockerungen für Wirtschaft und Bevölkerung droht die politische Polarisierung in Spanien das Krisenmanagement der Regierung einzuholen. Nur nach intensiven Verhandlungen hinter verschlossenen Türen konnte sich die spanische Regierung an diesem Mittwoch im Parlament die nötigen Stimmen für eine weitere Verlängerung des Alarmzustands sichern. So stimmten unter anderem die liberalen Ciudadanos für die Verlängerung.

Aus dem Heer der Kleinparteien, die Sánchez' Minderheitsregierung ins Amt verholfen haben, scherte die katalanische ERC aus und stimmte dagegen. Ein zweiter Partner, die baskische PNV, hatte ebenfalls mit einem Nein gedroht, sich dann aber dadurch umstimmen lassen, dass Sánchez die schrittweise Aufhebung der Quarantäne nun enger mit den Regionen abstimmen will.

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„Sánchez spielt mit dem Feuer, indem er ERC und PNV irritiert“, titelte die einflussreiche Onlinezeitung „El Confidencial“ zuletzt. Denn es geht nicht nur um die aktuelle Verlängerung des Alarmzustands. Die Coronakrise, die in Spanien heftiger wütet als in den meisten anderen europäischen Ländern, macht ein wirtschaftliches Wiederaufbauprogramm nötig, für das Sánchez die nötigen Stimmen fehlen, wenn er seine Partner nachhaltig verärgert.

Wackelige Minderheitsregierung

Zudem steht spätestens im Herbst die Verabschiedung des Haushalts an – für den Sánchez bisher eine Mehrheit fehlt. Er ist erst seit Januar mit einer Koalition aus seinen Sozialisten und den Linkspopulisten von Unidas Podemos im Amt. „Unidas Podemos als Koalitionspartner macht es aber sehr unwahrscheinlich, dass eine Partei wie Ciudadanos sich mit der Regierung auf ein Wirtschaftsprogramm einigt“, sagt Antonio Barroso vom Beratungshaus Teneo. Deshalb könne Sánchez etwa beim Haushalt kaum mit der Hilfe der Liberalen rechnen.

„Spanien ist das Land, in dem die politische Debatte am stärksten polarisiert ist. Die Diskrepanzen und die Unsicherheit, die damit verbunden sind, treten jetzt wieder zutage, wo die Dramatik der Epidemie nachlässt.“

Der Zorn von Opposition, Partnern und von zahlreichen Regionalfürsten liegt aber nicht nur an den politischen Gräben. Vorgeworfen wird Sánchez auch, den Alarmzustand für eine autokratische Führung zu missbrauchen. „Die Ausnahmesituation rechtfertigt keine konstitutionelle Diktatur“, schimpfte Oppositionschef Casado am Mittwoch im Parlament.

Weitreichende Rechte im Alarmzustand

Der Alarmzustand gibt der Regierung die Entscheidungsgewalt über Themen, die sonst in der Zuständigkeit der 17 autonomen Regionen liegen, etwa die Gesundheits- oder die Bildungspolitik. Gerade in Regionen wie Katalonien oder dem Baskenland, in denen sich Teile der Bevölkerung ohnehin am liebsten vollkommen von Spanien trennen würden, kommt eine Konzentration der Kompetenzen in den Händen der Zentralregierung gar nicht gut an.

„Hinzu kommt die Arroganz der Regierung, die sich überhaupt nicht bemüht hat, die Opposition oder die Regionen in ihre Entscheidungen mit einzubeziehen“, sagt der Politologe Fernando Vallespín. „Dafür bekommt sie nun die Rechnung.“

Zwar hat Sánchez regelmäßig die politische Einheit beschworen und eine parteiübergreifende Basis für den Wiederaufbau gefordert. In der Praxis aber hat er Entscheidungen mit seinem Kabinett gefällt, ohne Opposition oder Landesfürsten vorher zu konsultieren.

Sánchez kontert, dass er jeden Sonntag mit den Regionalchefs konferiert habe. Die geplanten Maßnahmen aber verkündete er stets samstags im TV. Ciudadanos-Chefin Inés Arrimadas etwa klagte noch am Dienstag, dass Sánchez 18 Tage lang nicht mit ihr gesprochen habe.

Sie hat jetzt trotzdem für eine Verlängerung des Alarmzustands gestimmt, nachdem der Premier ihr im Gegenzug versprach, sich wöchentlich mit den Parteien zu treffen. Auch die Kurzarbeit und die Hilfen für Selbstständige und kleine wie mittelständische Unternehmen will Sánchez nicht mehr an den Alarmzustand binden. Nach den Verhandlungen mit der baskischen PNV werden nun auch die Regionen stärker mit einbezogen.

Sánchez hat Zugeständnisse gemacht und sich damit in der Abstimmung eine klare Mehrheit gesichert. Sein politischer Stil aber war dabei alles andere als hilfreich.