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Pleitebörse Mt.Gox wird zur Goldgrube

Ex-Kunden der einst weltgrößten Bitcoin-Börse fordern die Aufhebung des Konkursverfahrens. Der umstrittene Mt.Gox-Eigentümer würde sonst zum Milliardär. Der Streit zeigt, was der Hype um die Digitalwährung ausgelöst hat.

Mark Karpelès war schon vieles in der Bitcoin-Welt. Als Besitzer der einst führenden Bitcoin-Börse Mt.Gox war der Franzose einer der ersten Helden digitaler Währungen, bevor er zum Bitcoin-Banditen abgestempelt wurde. Denn sein in Tokio beheimateter Handelsplatz kollabierte nach Computerproblemen, Währungsraub und – so die Vermutung der japanischen Polizei – einem tiefen Griff in die Börsenkasse im Jahr 2013. Ein Jahr später folgte offiziell der Konkurs. Jetzt könnte der Boom der ersten globalen Kryptowährung den Bitcoin-Pleitier zum Dollar-Milliardär machen – wären da nicht seine alten Kunden und heutigen Gläubiger.

Diese nämlich forderten in einer neuen Volte im Gerichtsverfahren um Mt.Gox und Karpelès diese Woche die japanischen Richter auf, die Börse aus dem Konkursverfahren zu entlassen. Denn nach Meinung der Gläubiger übersteigt der Wert der verbliebenen Bitcoins in der Konkursmasse die Verbindlichkeiten inzwischen um ein Vielfaches. Damit wäre die Börse wieder liquide.

Das Motiv der Ex-Kunden ist klar: Es geht um die Verteilung des Milliardenschatzes von Mt.Gox. Und bei der sehen sie sich unfairerweise mit Krumen abgespeist, während ihr Feindbild Karpelès massiv von den Kursgewinnen der Währung seit 2014 profitieren könnte.

Als Mt.Gox 2014 Konkurs anmeldete, fehlten 850.000 Bitcoins in der Börsenbilanz. Karpelès beteuerte seine Unschuld, während die Polizei sich bisher recht erfolglos bemühte, ihn als Schuldigen für den Raub zu überführen. Doch richtig interessant wurde die Sichtung der verbliebenen Vermögenswerte, als die Konkursverwalter 202.000 Bitcoins auf einem digitalen Konto fanden.

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Dies weckte bei den Kunden die Hoffnung, wenigstens einen Teil ihres Geldes wiederzusehen. Allerdings würde ihnen nach japanischem Konkursrecht nur der damalige Wert ihrer digitalen Münzen in realer Währung erstattet. Nur ist der Kurs der Währung seit 2014 um etwa das 40-Fache auf mehr als 17.000 Dollar gestiegen – und damit der Wert des Schatzes auf rund drei Milliarden Euro.

Beim jetzigen Kurs müsste Mt.Gox daher nur rund 15 Prozent der gefundenen Bitcoins versilbern, um die Kunden auszuzahlen. Der Rest würde größtenteils Karpelès zufallen, der über seine Firma Tibanne 88 Prozent der Anteile an Mt.Gox besitzt. Sollte Mt.Gox allerdings wieder als liquide erklärt werden, könnten die ehemaligen Kunden der früheren Börse auf wertvolle Bitcoins statt reale Münzen hoffen.

Der rechtliche Streit um die Reichtümer dürfte daher interessant werden. Die Zeit allerdings drängt.


Warnungen aus Australien und Neuseeland

Denn die große Frage ist, wie lange der Bitcoin-Boom und damit der Reichtum der Bitcoin-Besitzer andauern können. Der jüngste Höhenflug „sieht bemerkenswert wie eine Blase aus“, warnte am Sonntag der kommissarische Chef der neuseeländischen Notenbank, Grand Spencer.

Zudem weckt der Höhenflug die Sorgen und den Regelungseifer der Regierungen besonders in Asien. Denn Asiaten sind besonders stark in Bitcoins engagiert. Australiens Notenbank warnte bereits davor, dass die Währungen Kapital aus der Unterwelt und der Schattenwirtschaft anziehen könnten, statt sich als Zahlungsmittel zu etablieren.

Die Experten richten dabei ihre Augen auf Südkorea, wo die Regierung am 15. Dezember über neue Regeln für die neuen Währungen diskutieren wird. Im Gespräch ist etwa eine Kapitalgewinnsteuer auf Kryptowährungen. Die Handlungen der dortigen Regierung seien damit wahrscheinlich ein wichtiger Indikator für die Richtung regulativer Antworten anderer Regierungen im asiatisch-pazifischen Raum, meint Rajiv Biswas, Chefvolkswirt von IHS Markit für die Region.

Mögliche Regulierungsansätze reichen derzeit von Verboten neuer Währungen bis hin zur stärkeren aufsichtsrechtlichen Steuerung. China steht für den erstgenannten Ansatz: Die dortige Regierung hat Anfang September den Start neuer Währungen gestoppt und Börsen geschlossen.

Japans Regierung hingegen ist – auch dank des Trubel um Mt.Gox – bereits weit fortgeschritten, Bitcoins als Zahlungsmittel zu regulieren. Denn die Regierung wittert eine Chance für Banken, dank technischer Innovationen in der neuen Währungswelt weit oben mitspielen zu können.

KONTEXT

Hackerangriffe auf Bitcoin & Co

Bereits knapp eine Million Bitcoin gestohlen

Börsen, an denen Bitcoin & Co. gehandelt werden, sind ein beliebtes Ziel von Hackern. Bei ihren Überfällen erbeuten sie manchmal Millionen und stürzen die Betreiber der Handelsplattformen oft in die Insolvenz. Bislang wurden insgesamt knapp eine Million Bitcoin gestohlen - zum aktuellen Kurs ist das eine Beute von 8,2 Milliarden Dollar.

Einer Studie von Tyler Moore zufolge, einem Professor für Cyber-Sicherheit an der Universität von Tulsa, wurden seit der Erfindung von Bitcoin 2009 ein Drittel aller Handelsplattformen für Krypto-Währungen gehackt. Nach Angaben der Datenschutz-Organisation Privacy Rights Clearinghouse lag die Quote bei US-Banken im gleichen Zeitraum bei einem Prozent.

Mt.Gox

Am bekanntesten ist die Attacke auf die damals weltgrößte Bitcoin-Börse Mt.Gox aus Japan. Etwa 25.000 Kunden verloren rund 650.000 Bitcoin - aktueller Wert: 5,3 Milliarden Dollar. Die Bitcoin-Börse über die seinerzeit 90 Prozent des weltweiten Handels abgewickelt wurde, schlitterte daraufhin Anfang 2014 in die Pleite. Der Insolvenz-Verwalter der Börse hat Ansprüche von Geschädigten im Volumen von 400 Millionen Dollar anerkannt.

Tether

Das jüngste Hacking-Opfer ist Tether. Das Startup teilte am 21. November 2017 mit, "externe Angreifer" hätten die gleichnamige Kryptowährung im Volumen von 31 Millionen Dollar gestohlen. Dem Branchendienst CoinMarketCap.com zufolge ist Tether mit einem Börsenwert von insgesamt 674 Millionen Dollar die Nummer 19 der insgesamt etwa 1300 Internet-Währungen.

Bitfinex

Im August 2016 erbeuteten Hacker bei einem Angriff auf die Hongkonger Handelsplattform Bitfinex 120.000 Bitcoins im damaligen Wert von etwa 70 Millionen Dollar. Gemessen am aktuellen Kurs beläuft sich der Schaden auf 982 Millionen Dollar.

Cryptsy

Im Juli 2017 wurde der Betreiber der kollabierten Börse Cryptsy dazu verurteilt, 8,2 Millionen Dollar an seine Kunden zu zahlen. Der Richter sah es als erwiesen an, dass 11.325 Bitcoin (heutiger Wert: rund 92 Millionen Dollar) gestohlen wurden. Allerdings blieb unklar, von wem.

Kraken

Am 7. Mai 2017 verloren Kunden der Handelsplattform Kraken einer Klageschrift zufolge fünf Millionen Dollar, weil sie während eines Hacker-Angriffs nicht auf ihre Konten zugreifen konnten. In dieser Zeit stürzte der Kurs der Internet-Währung Ether auf der Handelsplattform um 70 Prozent ab. Die Ether-Bestände derjenigen Anleger, die auf Pump spekuliert hatten, wurden daher zwangsverkauft.

Quelle: Reuters

KONTEXT

Die wichtigsten Fragen zu Bitcoins

Was sind Bitcoins?

Bitcoins (BTC) sind verschlüsselte Datenpakete aus Zahlen und Buchstaben.

Wer hat Bitcoins erfunden?

Als Erfinder gibt sich jemand aus, der auf einer Kryptografie-Mailingliste unter dem Namen Satoshi Nakamoto auftrat - vermutlich ein Pseudonym, möglicherweise steckt sogar eine Gruppe dahinter. Er umriss das Konzept 2008 in einem Grundsatzpapier und brachte 2009 eine Software zum Bitcoin-Austausch heraus. Mittlerweile kümmert sich eine kleine Community von Entwicklern darum - der Quellcode liegt offen.

Wozu sind Bitcoins gut?

Für die einen sollen Bitcoins ein anonymes Zahlungsmittel im Internet sein, das Systeme wie Paypal unnötig macht. Andere sehen Bitcoins als alternatives Wertaufbewahrungsmittel. Wieder andere glauben an eine mit dem Goldstandard vergleichbare Sicherheitsfunktion.

Als weltweit erste nennenswerte Transaktion gilt der Kauf zweier Pizzen für 10.000 BTC. Auch für illegale Zahlungen kommt die Währung zum Einsatz, etwa auf der inzwischen geschlossenen Online-Plattform Silk Road.

In Deutschland sind Bitcoins noch nicht sehr verbreitet. In Onlineshops wie Schuhwelt.com sowie in mehreren Berliner Kneipen kann man mit Bitcoins zahlen - allerdings tun Kunden das bislang nur in Einzelfällen.

Wie entstehen neue Bitcoins?

Neue Bitcoins müssen berechnet werden. Anfangs konnte jeder PC Bitcoins "schürfen". Inzwischen sind die Rechnungen so komplex geworden, dass sie nur noch Hochleistungscomputer bewältigen. Professionelle Bitcoin-Schürfer koppeln ihre Computer zusammen.

Wie viele Bitcoins gibt es?

Die Anzahl der Bitcoins ist mathematisch auf maximal 21 Millionen begrenzt. Je größer die umlaufende Menge ist, desto aufwendiger wird es, neue Einheiten zu berechnen. Professor Rainer Böhme von der Uni Münster geht davon aus, dass der letzte Bitcoin im Jahr 2140 erzeugt wird. Handelsplattformen beziffern die aktuelle Zahl an Bitcoins Mitte November 2017 bei 16,7 Millionen Münzen.

Wo werden Bitcoins gehandelt?

Im Internet gibt es etwa 60 Umschlagplätze für Bitcoins. Die mit Abstand größte Börse war lange Zeit Mt. Gox mit Sitz in Tokio. Doch die Japaner meldeten Insolvenz an. Weitere Tauschbörsen sind Coinbase, Kraken, BitStamp, Circle und BTC China. Die nach eigenen Angaben größte Bitcoin-Börse in Deutschland, Bitcoin.de, hat ihren Sitz in Herford bei Bielefeld.

Wie hat sich der Kurs entwickelt?

Seit dem Start 2009 haben Bitcoins stark zugelegt. Nach der Pleite der Handelsplattform Mt. Gox rutschte der Kurs Anfang 2014 in die Hunderter, es wurde still um die Kryptowährung. Doch 2017 explodierte der Kurs: Von 1000 Dollar im Januar ging es bis Mitte November rauf auf mehr als 8000 Dollar.

Ist der Handel mit Bitcoins legal?

In Deutschland können Nutzer laut Bafin ohne Erlaubnis mit der Cyber-Währung bezahlen. Auch das so genannte "Mining" - die Schöpfung von Bitcoins - ist erlaubt. Allerdings können beim Rücktausch in Euro Steuern fällig werden.

von Andreas Dörnfelder