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Wie sich der Pharmahändler Phoenix gegen Konkurrenten wie Amazon wappnet

Die Margen im Pharmahandel sind unter Druck. Die Phoenix-Gruppe will daher durch Zukäufe wachsen, sich digitalisieren und Angreifer Amazon abwehren.

Harter Wettbewerb in einigen Kernmärkten und vor allem eine Kürzung der Apothekenvergütung in Großbritannien machen den großen europäischen Pharmahändlern zu schaffen. Diese Entwicklung hat auch im Abschluss des Branchenzweiten, der Mannheimer Phoenix-Gruppe, Spuren hinterlassen.

Das Unternehmen, das sich zu 100 Prozent im Besitz der Ulmer Unternehmerfamilie Ludwig Merckle befindet, musste in dem im Januar beendeten Geschäftsjahr 2018/19 rund 280 Millionen Euro auf seine Aktivitäten in Großbritannien abschreiben. Das Betriebsergebnis des Konzerns sank daher kräftig von 319 auf 41 Millionen Euro.

Nach Finanzierungskosten und Steuern verblieb sogar ein Netto-Verlust von 112 Millionen Euro gegenüber einem Gewinn von rund 187 Millionen Euro im Vorjahr. Operativ konnte Phoenix dagegen seine Position mit einem Umsatzanstieg von 3,6 Prozent auf 25,8 Milliarden Euro weiter ausbauen.

„Der Wettbewerbsdruck in Europa ist gestiegen“, sagt Firmenchef Oliver Windholz. Zugleich spricht er mit Blick auf die operative Performance dennoch von einer erfolgreichen Entwicklung für Phoenix. Denn der Betriebsgewinn vor Abschreibungen (das Ebitda) konnte trotz schwieriger Marktbedingungen in Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Deutschland immerhin noch um ein Prozent auf 471 Millionen Euro gesteigert werden.

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Der operative Cashflow verbesserte sich um drei Viertel auf 360 Millionen, der Free-Cashflow von Null auf 186 Millionen Euro, und war damit mehr als ausreichend um mehrere Akquisitionen – darunter vor allem ein Großhändler und eine Apothekenkette in Rumänien, zu finanzieren.

Zudem hat die Eigentümerfamilie Merckle den Pharmahändler mit einer kräftigen Kapitalerhöhung von 335 Millionen Euro gestärkt. Die Eigenkapitalquote erhöht sich damit trotz Verlustabschluss um knapp zwei Punkte auf 33,5 Prozent, die Nettoverschuldung sank um ein Fünftel auf gut 1,4 Milliarden Euro.

Auch den kräftigen Anstieg der Gesamtleistung um 4,8 Prozent auf rund 33 Milliarden Euro wertet Windholz als wichtigen operativen Erfolg. Damit sei Phoenix im neunten Jahr in Folge schneller gewachsen als der Pharmamarkt. In die Gesamtleistung bezieht der Konzern auch den Warenumschlag mit ein, den er nicht auf eigene Rechnung sondern nur als Dienstleistung gegen Servicegebühren vollzieht.

Auch für das laufende Jahr stellt Windholz ein Wachstum in Aussicht, das den Gesamtmarkt übertrifft. „Aufgrund organischen und akquisitionsbedingten Wachstums sowie einer gesteigerten Effizienz erwarten wir ein Plus bei Umsatz und Ergebnis“, sagte Windholz. Für den europäischen Pharmamarkt rechnet der Mannheimer Konzern dabei mit einem Wachstum von etwa zwei Prozent.

Probleme in Großbritannien

Von den Marktproblemen in Großbritannien war der Phoenix nicht alleine betroffen. Der amerikanische Wettbewerber McKesson, der sich vor vier Jahren durch die Übernahme der Stuttgarter Celesio-Gruppe in den europäischen Pharmahandel einkaufte, musste 2018 mehr als eine Milliarde Euro auf seine Europa-Aktivitäten abschreiben. Auch Marktführer Walgreens verweist im jüngsten Zwischenbericht auf herausfordernde Bedingungen auf dem britischen Markt. Als unbefriedigend gelten darüber hinaus auch die Margen in Deutschland und vor allem in Frankreich.

Auch der längerfristige Trend deutet auf einen stetigen Verfall der Renditen im Pharmahandel. Bei der Phoenix-Gruppe etwa ist die Ebitda-Marge seit Anfang des Jahrzehnts von 2,6 Prozent auf zuletzt nur noch 1,8 Prozent gesunken. Dem wirkt der Konzern durch Expansion und stetige Rationalisierung entgegen. Auch in Großbritannien hat er jetzt ein Optimierungsprogramm gestartet.

Windholz sieht unterdessen für die kommenden Jahre weiteres Potenzial durch Übernahme kleinerer Großhändler und Apotheken, auch wenn die Top-3 der Branche inzwischen mehr als die Hälfte des Pharmahandels kontrollieren dürften. „Der europäische Markt wird sich weiter konsolidieren, und wir sehen in diesem Zuge große Chancen für uns“, so Windholz.

Im Prinzip setzt der Mannheimer Konzern damit eine Strategie fort, die der 2009 verstorbene Firmenpatriarch Adolf Merckle bereits beim Aufbau der Gruppe in den 80er und 90er Jahren vorgegeben hatte. Merckle übernahm damals eine Reihe kleinerer Pharmahändler in Deutschland, führte sie vor 25 Jahren in der Phoenix-Gruppe zusammen und baute dieses Geschäft dann Schritt für Schritt europaweit aus.

Heute ist der Konzern knapp hinter dem US-Konkurrenten Walgreens Boots Alliance (mit 26 Milliarden Euro Europa-Umsatz) und vor McKesson (23 Milliarden Euro) zweitgrößter Pharmahändler in Europa und verfügt hier durch die Präsenz in 27 Ländern über eine besonders breite Position. In 14 Ländern ist Phoenix dabei mit eigenen Apotheken vertreten.

Zweites Element der Phoenix-Strategie ist der Ausbau der Aktivitäten über den Handel und die reine Medikamenten-Logistik hinaus in Richtung eines „integrierten Gesundheitsdienstleisters“. In diesem Zuge bietet der Konzern heute bereits Warenwirtschaftssysteme für Apotheken an. In Finnland testet er ein Gerät, mit dem Medikamente individuell für einzelne Patienten verblistert werden können. Das Geschäft mit eigenen Gesundheitsprodukten unter der Marke Livsane soll deutlich ausgebaut werden.

Alles in allem dürften diese Aktivitäten außerhalb des Handels inzwischen ein Zehntel zum Ergebnis beitragen.

Darüber hinaus will Phoenix die eigenen Digitalaktivitäten deutlich verstärken. So soll im Sommer die neugegründete Phoenix Digital Health an den Start gehen und neue digitale Lösungen und Apps für Apotheken und deren Kunden entwickeln. In Großbritannien testet der Konzern ein Projekt, bei dem sich Apothekenkunden via Telemedizin von Ärzten beraten lassen können, etwa im Hinblick auf Reiseimpfungen.

Man glaube an die Zukunft der Individual-Apotheke, betonte Windholz. Sie bleibe weiter eine zentrale Anlaufstelle. „Aber wir wollen die Offline-Welt mit der Online-Welt möglichst gut verknüpfen.“

Bei der Initiative hat der Mannheimer Konzern, wie Windholz deutlich macht, auch neue potenzielle Wettbewerber aus der IT-Welt im Auge. Man schaue sich schon sehr genau an, was zum Beispiel Amazon in Amerika mache. „Wir versuchen, uns frühzeitig auf solche Themen einzustellen.“

Mehr: Krebsmittel und Impfstoffe bescheren Pharmakonzernen wachsende Umsätze. Das bestätigten jetzt jüngste Zahlen aus der US-Pharmabranche.