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Nur wenige Unternehmen haben Interesse an 5G

Es war eine bewusste Entscheidung der Bundesnetzagentur: „Wichtig sind erst einmal lokale Anwendungen wie das Internet der Dinge“, erklärte der Behörden-Präsident Jochen Homann vergangenes Jahr, als er erstmals die Bedingungen für die Auktion der Funkfrequenzen für das Echtzeitmobilfunknetz 5G ankündigte „Das verlangen Industrie und Landwirtschaft von uns, und das liefern wir“, stellte Homann klar.

Ein Viertel (100 Megahertz) des gesamten zur Versteigerung stehenden Frequenzspektrums hatte die Netzagentur bewusst aus der bevorstehenden Versteigerung herausgenommen und reserviert. Die Bereiche von 3,7 bis 3,8 Gigahertz sollten interessierte Industrieunternehmen etwa direkt beantragen können. Die Mobilfunknetzbetreiber mussten auf die verbliebenen Frequenzen bieten.

Es war der Sommer 2018, in dem Politiker und Unternehmensverbände massiv auf die Bundesnetzagentur einwirkten, dass es ganz schnell gehen müsse mit dem Aufbau des 5G-Netzes, am besten flächendeckend „bis an jede Milchkanne„. Wer dies infrage stellte, wie Bundesbildungsforschungsministerin Anja Karliczek galt als weltfremd.

Nun aber zeigt sich: Womöglich ist das Interesse an den lokalen Frequenzen gar nicht so hoch. Zu dem Schluss kommt zumindest der Verband Bitkom, zu deren bedeutenden Mitgliedern allen voran die Deutsche Telekom gehört aber auch andere Netzbetreiber wie Vodafone und Telefónica.

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Der Verband hat 505 Unternehmen befragt. Demnach interessieren sich allenfalls sechs Prozent von ihnen dafür, lokale Frequenzen zu erwerben, um auf ihren Firmengeländen 5G-Netze aufzubauen. Nahezu alle befragten Unternehmen gehen zwar davon aus, dass 5G den Einsatz digitaler Technologien oder Robotik die Produktivität „deutscher Unternehmen massiv fördern“ wird. Allerdings halten vornehmlich große Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern 5G für ihr Unternehmen für wichtig, kleinere Unternehmen hingegen nicht.

Gerade die geringe Nachfrage nach eigenen Netzen überrasche ihn, erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg. „Damit liegen die Frequenzen ungenutzt brach“, klagte er. Die wenigen Unternehmen die planen oder diskutieren, eigene 5G-Netze aufzubauen, wollen damit ihre Produktionsanlagen vernetzen (54 Prozent), Echt-Zeit-Kommunikation zwischen Maschinen herstellen (49), Assistenzsysteme wie Augmented Reality und Virtual Reality nutzen (50) oder auch autonome Fahrzeuge und Transportsysteme (39) sowie mobile Roboter einsetzen (31).

Unklar indes bleibt, wer sich hinter den sechs Prozent der Unternehmen verbirgt und was es konkret bedeutet, wenn sie Frequenzen beantragen. Liegt dann ein Großteil der Frequenzen wirklich brach oder womöglich doch nicht? Darauf hat der Bitkom keine Antwort. Wohl aber fordert er, mit dem Ausbau des Netzes dort anzufangen, wo es industriepolitisch sinnvoll sei: bei den Unternehmen. Forderungen nach einem flächendeckenden Ausbau sei „recht viel Populismus“, sagte Berg.

In der Tat scheinen die Netzbetreiber Telekom, Vodafone, Telefonica und Drillisch, die derzeit auf die 5G-Frequenzen bieten, vor allem bei den lokalen Anwendungen Geld verdienen zu können, also dort, wo Frequenzen nicht versteigert, sondern direkt für die zahlenden Industrieunternehmen reserviert sind. Entlang von Verkehrswegen hingegen zeichnet sich bislang keine Geschäftsmodell ab, dass den Wechsel von LTE (4G) auf 5G rechtfertigt, geschweige denn flächendeckend.

So tobt etwa eine regelrechte Lobbyschlacht in Brüssel, ob in den nächsten Jahren die Kommunikation zwischen Autos via europäischen Wlan-Standard erfolgen soll oder über den asiatischen 5G-Standard. Volkswagen setzt mit Siemens Wlan, die Telekom, BMW, Audi und Daimler auf 5G. Die Entscheidung soll in Brüssel in diesem Monat fallen.

Vor allem Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern interessieren sich laut Bitkom dafür, eigene 5G-Netze aufzubauen. Im März hatten bereits Airbus, Audi, Siemens, Volkswagen, BASF und Bosch Interesse bekundet. Auch Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer-Institut wollen lokale Netze aufbauen und nutzen. Dazu kooperieren sie mit Netzausrüstern wie Ericsson, Nokia oder Huawei.

Entsprechend haben deren Branchenverbände VCI, VDA, VDMA und ZWEI frühzeitig darauf gedrängt, lokale Frequenzen „schnellstmöglich zu vergeben“. Die Unternehmen wollen unabhängig von den Netzbetreibern ihre Anwendungen aufbauen. „Deutschland ist das erste Land in der Welt, das ein Viertel des jetzt bei der 5G-Auktion versteigerten Frequenzspektrums für private Netze auf dem Werksgelände reserviert hat“, klagte Telekom-Chef Timotheus Höttges kürzlich.

Kein Wunder, dass die Mobilfunkbetreiber die lokale Vergabe an branchenfremde Unternehmen heftig kritisiert haben. Obendrein hat die Bundesnetzagentur mit der Entscheidung, ein Viertel der zur Versteigerung stehenden Frequenzen der Auktion zu entziehen, das Angebot künstlich verknappt, lautete die Kritik der Netzbetreiber, die nun auch der Bitkom erneuert hat. Aus dem Grunde dauere die Auktion auch bereits so lange und habe die Preise in die Höhe getrieben.

Bei fast sechs Milliarden Euro liegen die Gebote inzwischen, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte mit Einnahmen von vier bis fünf Milliarden Euro gerechnet. Experten erwarten ein Ende der Auktion frühestens Ende nächster Woche – wobei es dann noch einmal zu einem abschließenden Bietergefecht um einzelne Frequenzblöcke kommen könnte. Dies sei „Geld, dass für den Netzausbau fehlt“, kritisierte Berg.

Die lokalen Frequenzen sollen frühestens nach der Auktion und nicht vor Juli vergeben werden, hat die Netzagentur festgelegt. Im März hatte Homann die voraussichtlichen Vergabebedingungen für die inzwischen nur noch lokalen Anwendungen angekündigt. Wer nachweist, dass er in der Lage ist, die Frequenzen zu nutzen und ein Konzept hat und sie binnen zwölf Monaten auch nutzen wird, der bekommt auch welche. Die Gebühren werden sich im Rahmen halten: So will die Netzagentur ihre eigenen Verwaltungskosten auf die Zahl der Nutzer umlegen.

Die Frequenzen sollen zudem ausschließlich für „innerbetriebliche Anwendungen“ vergeben werden, also als Campus-Lösung auf Betriebsgeländen oder in Universitäten und anderen Einrichtungen, nicht mehr regional. Sie seien „keine Angebote für die Öffentlichkeit“, legte die Agentur fest. Sollten die Unternehmen aber in der Tat weniger Interesse als geplant an eigenen Netzen haben und auf die Angebote der Netzbetreiber zurückgreifen, so könnten womöglich doch noch die Stadtwerke zum Zuge kommen. Die zumindest stehen in den „Startlöchern“, wie Wolfgang Heer, Geschäftsführer beim Glasfaserverband Buglas erklärte.

Große Stadtwerke wie Wilhelm.tel (Norderstedt), Netcologne (Köln) und M-Net (München) arbeiteten an Nutzungskonzepten und wollten Frequenzen nutzen. „Wir müssen die Kommunen in die Lage versetzen, ihre digitale Zukunft allein in die Hand zu nehmen“, sagte Heer. Mit ihren Glasfasernetzen hätten die Stadtwerke bereits die Voraussetzungen für 5G-Netze geschaffen.

Die Netzagentur hat sich noch einen anderen Weg vorbehalten: Da die Nachfrage nach lokalen Frequenzen angesichts mangelnder Anwendungen und Geschäftsmodelle „derzeit nicht abschließend vorhersehbar sei“, heißt es in den Rahmenbedingungen, behält sich die Behörde vor, „nicht genutztes Spektrum“ den Netzbetreibern als „temporäre Zusatzkapazität“ zur Verfügung zu stellen.