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Nur zu, Amerika, her mit den Subventionsmilliarden: Chris Bryant

(Bloomberg) -- Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein europäisches Unternehmen düster andeutet, dass es das nächste Werk im Ausland bauen wird, wenn es nicht Milliarden Euro an Steuergeldern erhält, um in der Heimat zu bleiben.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

Die längst überfälligen Anstrengungen der USA, den Klimawandel zu bekämpfen und die Herstellung von Batterien und Halbleitern wieder ins Inland zu verlagern, haben einen transatlantischen Subventionswettlauf ausgelöst. Die Unternehmen spielen die Regierungen ganz unverblümt gegeneinander aus, um mehr Geld zu bekommen. Das ist wohl logisch, aber es ist auch ziemlich ärgerlich.

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Statt zu versuchen, mit den 369 Milliarden Dollar des US Inflation Reduction Act für Subventionen im Bereich der sauberen Technologien gleichzuziehen, sollte Europa Maß halten, seine eigenen Genehmigungsverfahren beschleunigen und aus der Freigiebigkeit der USA seinen Nutzen ziehen.

Eine industrielle Renaissance in den USA würde nicht automatisch einen Niedergang in Europa bedeuten, auch wenn dieses Menetekel von den Unternehmen gerne an die Wand gemalt wird. Nachdem Volkswagen ausgerechnet hatte, dass eine neue Batteriefabrik in den USA ihr rund 9,5 Milliarden Euro an staatlichen Zuschüssen verschaffen würde, hat sie flugs ein ähnliches Projekt in Osteuropa auf Eis gelegt, bis die europäische Reaktion auf das IRA bekannt ist.

Der schwedische Batteriehersteller Northvolt und der Lkw-Hersteller Volvo haben ähnliche versteckte Drohungen ausgesprochen. Jaguar Land Rover will von London 500 Millionen Pfund an Beihilfen für eine Batteriefabrik, sonst werde man nach Spanien gehen. Und die US-Chipschmiede Intel lässt sich ebenfalls nicht lumpen und drängt in Berlin auf eine Erhöhung der im letzten Jahr vereinbarten Beihilfen in Höhe von 6,8 Milliarden Euro für einen neuen Fertigungskomplex um etwa zwei Drittel, wobei sie höhere Baukosten geltend macht.

Daher überrascht es nicht, dass die Europäische Kommission eine Lockerung der EU-Beihilferegeln ankündigte, damit die Mitgliedstaaten unter bestimmten Umständen mit den US-Subventionen gleichziehen können. Die Einzelheiten des Net Zero Industry Act, ihrer Antwort auf das IRA, sollen im Laufe dieser Woche bekannt gegeben werden.

Subventionen können natürlich die Einführung neuer Technologien beschleunigen und Unternehmen für den Bau von Fabriken an politisch erwünschten, aber teureren Standorten entschädigen (der Bau einer Halbleiterfabrik in den USA ist nach einer Schätzung bis zu fünfmal teurer als in Taiwan).

Es ist jedoch nicht ohne Risiko, wenn Europa den USA folgt und zu einem wahren Sozialstaat für Unternehmen mutiert. Zum einen ist das irre teuer. Die Produktionssteuergutschriften des IRA sind nicht gedeckelt, so dass die endgültigen Kosten für die US-Steuerzahler wahrscheinlich ein Vielfaches der vom Congressional Budget Office geschätzten 31 Milliarden Dollar betragen werden. Und obwohl die Vorteile für das Klima überzeugend sind, kann man hinterfragen, wie weise es ist, einem hochprofitablen Unternehmen wie VW einen Scheck über 10 Milliarden Dollar auszustellen. (VW entschied sich diese Woche für Kanada als Standort für sein erstes Batteriewerk außerhalb Europas, ohne die erhaltenen Subventionen im Einzelnen zu nennen. Die Wolfsburger kündigten außerdem Investitionen in Höhe von 180 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre an — können also jede Unterstützung gut gebrauchen.)

Natürlich müssen Unternehmen alles mitnehmen, was der Staat ihnen anbietet, um im Wettbewerb nicht zurückzubleiben. Aber sie haben auch ein Interesse, den Subventionswettlauf anzufachen. Das Risiko besteht darin, dass Unternehmen für Dekarbonisierungsinvestitionen belohnt werden, die sie ohnehin tätigen müssten. Und wenn Deutschland und Frankreich versuchen, mit den US-Subventionen Dollar für Dollar gleichzuziehen, wird der EU-Binnenmarkt zerbrechen und die ärmeren Staaten zurücklassen.

Das bringt Europa in eine schwierige Lage, und das Vereinigte Königreich nach dem Brexit noch mehr, weil es weder über die Finanzkraft der EU noch über einheimische Produktionsführer verfügt.

Den Unternehmen dürfte das egal sein. Schon vor der jüngsten Initiative der Regierung Biden haben Hersteller von US-Bundesstaaten milliardenschwere Zuwendungen für die Ansiedlung von Fabriken erhalten — in einigen Fällen Hunderttausende Dollar für jeden Arbeitsplatz, den sie zu schaffen versprachen.

Die Beträge, die durch die Steuergutschriften des IRA zustande kommen, sind um eine Größenordnung höher. Bei Batteriewerken werden den Herstellern bis zu 45 Dollar pro Kilowattstunde Produktionsleistung angeboten, was etwa 30% der derzeitigen Batteriekosten entspricht. Eine Fabrik wie die von Tesla und Panasonic in Nevada dürfte demnach jedes Jahr mehr als 1 Milliarde Dollar Bundesgelder erhalten, und ein Vielfaches davon, sobald eine kürzlich angekündigte Erweiterung abgeschlossen ist.

Das norwegische Start-up Freyr Battery teilte seinen Investoren letzten Monat mit, dass die US-Steuergutschriften die Kosten von 1,7 Milliarden Dollar für den Bau eines Werks in Georgia deutloich übersteigen werden. Ein ähnliches Projekt in Norwegen werde in einem “gemäßigteren Tempo” weiter betrieben, während man die Reaktion auf den IRA abwarte. Haben Sie das notiert, Oslo?

Die Flut von Ankündigungen neuer Elektroauto- und Batteriewerke hat die EU aufgeschreckt, aber sie ist zum Teil nur eine Frage des Timings: Die US-Steuergutschriften für die Produktion werden ab 2030 gesenkt und laufen zwei Jahre danach aus, so dass die Unternehmen unbedingt bald mit dem Bau von Anlagen in den USA beginnen müssen, um den größtmöglichen Betrag zu erhalten.

Auch ist das ganze kein Nullsummenspiel, bei dem jeder von den USA ausgegebene Dollar für Europa verloren ist. Die Autohersteller werden ihre Kapazitäten weiterhin über den ganzen Globus verteilen müssen, um den Absatz ihrer Fahrzeuge in etwa widerzuspiegeln. Wenn die europäischen Hersteller ihren Heimatmarkt aufgeben und stattdessen nur noch aus den USA importieren würden, würde die EU sicherlich höhere Zölle erheben.

Schließlich sollte man den Kollateralnutzen für Europa bedenken: Dank des kostenlosen Geldes von Uncle Sam hätten die europäischen Betriebe mehr Reserven für Investitionen im eigenen Land. Das gilt auch für Windturbinenhersteller wie Vestas und Siemens Gamesa. Langfristig könnten die US-Investitionen dazu beitragen, die Kosten für saubere Technologien zu senken, was dem grünen Wandel in Europa zugute kommen wird.

Das heißt freilich nicht, dass Europa die Hände in den Schoß legen kann. Europa hat bei der Einführung von CO2-Preisen die Nase vorn, und es gibt keinen Mangel an Fördermitteln. Aber der Zugang zu diesen Geldern und die Erteilung von Baugenehmigungen müssen weniger bürokratisch werden. Die Senkung der Energiekosten ist auch entscheidend, um Europa für Investitionen attraktiver zu machen. Und es gibt noch etwas, was Europa tun kann: Unternehmen an den Pranger stellen, die einen globalen Subventionswettlauf anheizen.

Überschrift des Artikels im Original:The Corporate Subsidy Race Is Getting Ridiculous: Chris Bryant

©2023 Bloomberg L.P.