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Niedrigpreise und Online-Konkurrenz: Deutsche Modekonzerne kämpfen ums Überleben

Die Modekonzerne müssen 2019 hausgemachte Probleme lösen und den digitalen Umbruch in der Branche bewältigen. Das Ringen um die Zukunft wird härter.

Die Nachricht ist klar und provozierend: „Eine halbe Million Damen & Herren Pullover je 4,90 Euro“. Mit diesem Kampfpreis wirbt C & A in den Schaufenstern seiner großen Filiale in Düsseldorf. Es ist der Versuch, sich gegen die wachsende Macht von Billigketten wie Primark zu wehren, wo solche Tiefpreise zum normalen Geschäft gehören.

C & A steht wie viele in der deutschen Modebranche massiv unter Druck: Von oben nehmen höherpreisige Ketten wie Zara ihnen die Kunden weg. Von unten greifen Discounter von Aldi über Kik bis Primark die etablierten Modefilialisten an. Für manches Unternehmen steht die Existenz auf dem Spiel. So kämpfen Esprit, Gerry Weber und Tom Tailor längst ums Überleben. Für sie wird 2019 zum Schicksalsjahr.

Erschwerend kommt hinzu, dass der deutsche Modemarkt seit zehn Jahren stagniert. „Das wird auch im nächsten Jahr so bleiben“, sagt Achim Berg, Partner und Modeexperte von McKinsey. „Marken können hier nur über den Verdrängungswettbewerb wachsen.“

Das heißt: Sie müssen sich gegen internationale Modeketten besser durchsetzen als bisher. Sie müssen schneller auf aktuelle Trends reagieren, ihr Online-Geschäft massiv ausbauen und vor allem ihre Kosten senken, um wieder profitabel zu werden.

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„Viele Modefirmen verdienen nicht ihre Kapitalkosten“, weiß McKinsey-Experte Berg. So vereinigten im vergangenen Jahr die Top-20-Modeunternehmen weltweit 97 Prozent des ökonomischen Profits auf sich. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „State of Fashion 2019“ von McKinsey und von The Business of Fashion. Gemeint ist die Nettomarge der Konzerne abzüglich der Kapitalkosten.

Die Liste der Top-Konzerne wird angeführt von der spanischen Inditex-Gruppe („Zara“, „Massimo Dutti“), gefolgt vom US-Konzern Nike und der französischen Luxusmarkengruppe LVMH. Als einziger deutscher Konzern schafft es Adidas in die Rangliste.

Weder klassische deutsche Modekonzerne noch die größten Online-Modehäuser sind dort zu finden – obwohl der weltweite Modemarkt laut McKinsey 2017 um rund vier Prozent auf 2,5 Billionen US-Dollar gewachsen ist.

Viele Probleme sind hausgemacht. „Sie haben ihr Geschäftsmodell ausschließlich auf Wachstum angelegt, statt sich auf die Kunden, die Marke und die Produktqualität zu konzentrieren“, sagt Anita Tillmann, Chefin der Premium-Gruppe, welche die wichtigsten Messen der Fashion Week in Berlin veranstaltet. „Das fällt vielen jetzt auf die Füße.“

In der Wachstumseuphorie haben sich viele Modefirmen verhoben, vor allem im Filialgeschäft. Sie haben immer mehr eigene Läden eröffnet – viele an schlechten Standorten, wie sich heute herausstellt. So müssen die neuen Chefs von Esprit, Anders Kristiansen, sowie von Gerry Weber, Johannes Ehling, viele unprofitable Geschäfte schließen. Ehling macht bei Gerry Weber alleine 230 von insgesamt 820 Verkaufsflächen dicht – das ist fast jede dritte.

Wegen langlaufender Mietverträge geht das jedoch nicht immer so schnell, wie es angesichts der prekären Lage der Unternehmen notwendig wäre. Denn Ehling muss schon bis Ende Januar mit den Banken ein neues Finanzierungskonzept für die hohen Schulden von 218 Millionen Euro aushandeln. Und die Banken wollen vor allem wissen, wie Ehling konkret bei Gerry Weber die Kosten senken will. Wie zu hören ist, aber noch nicht offiziell bestätigt wurde, will er sich von 900 der 6.500 Mitarbeiter trennen.

Der gewaltige Umbruch in der Modebranche trifft auch bislang krisensichere Textilhändler. So musste das Management von Peek & Cloppenburg (P & C) in Düsseldorf vor kurzem einräumen, dass in seinen großen sogenannten Weltstadthäusern „die Umsatzentwicklungen hinter den Erwartungen zurückgeblieben“ sind.

Die Konsequenzen sind hart: Noch ist zwar offiziell keine Rede von Schließungen. Doch das Management spricht in einer Pressemitteilung von „Verkleinerungen“ und „Untervermietungen“. Diese Aussagen des verschwiegenen Familienunternehmens deuten an, wie ernst es um die großen Häuser von P & C steht.

Modemarken sind mit ihren Kunden gealtert

Der Düsseldorfer Konzern kämpft wie viele in der Branche gegen den Frequenzverlust in den Innenstädten und hat die Macht von Zalando & Co. unterschätzt. „Das Online-Geschäft haben viele klassische Modehändler verschlafen“, sagt McKinsey-Experte Berg. „Bei ihnen war der finanzielle Druck nach erfolgreichen Jahren nicht hoch genug“, erklärt er die Trägheit bei einigen klassischen Modehändlern.

Stattdessen bestellen immer mehr Kunden ihre Jacken, T-Shirts und Sneakers beim US-Konzern Amazon oder bei Zalando. Alleine das Berliner Online-Modehaus konnte seinen Umsatz in Deutschland und im Ausland in den ersten neun Monaten 2018 um 18 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro steigern. Bis 2020 wird der Anteil des Online-Geschäfts in der Modebranche, so die Unternehmensberatung BCG, von heute 20 auf dann 25 Prozent wachsen.

Das bedeutet für die Modefirmen weitere Investitionen in ihre Logistik und IT. Aber gleichzeitig dürfen sie Investitionen in ihre Kollektionen nicht vernachlässigen. Denn viele Modemarken sind mit ihren Kunden gealtert.

„Wir haben heute die Probleme, weil in unseren Läden immer noch klassische Kombinationsmode wie vor 15 Jahren hängt“, musste Gerry-Weber-Chef Ehling vor kurzem im Interview mit dem Handelsblatt einräumen. Er verspricht, in den nächsten Monaten eine jüngere Kollektion in die Läden zu bringen. Doch es wird schwer werden, die Kundinnen, die längst flottere Mode bei anderen Marken kaufen, wieder zurück zu gewinnen.

Das liegt auch daran, dass viele Marken in der Masse des Marktes untergehen, weil sie sich kaum noch von ihren Konkurrenten unterscheiden. Das hat auch Mark Langer erkannt. Der Vorstandschef von Hugo Boss hat das Wirrwarr mit vielen Untermarken beendet. Er konzentriert das Geschäft nur noch auf die höherpreisige Marke Boss für Businesskunden und die preiswertere Linie Hugo für jüngere Mode. Doch die klare Trennung der zwei Marken führt erst einmal zu Reibungsverlusten, weil er Hugo aus den Boss-Läden verbannt hat und erst einmal mehr eigene Filialen für Hugo aufbauen muss.

Aber immerhin kann er auf ein klares Markenprofil für Boss aufbauen. So weit ist der neue Esprit-Chef Kristiansen noch lange nicht. Er kritisierte bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Sommer bei Esprit „eine fehlende klare Markenidentität“ sowie „Produkte, die nicht den Erwartungen unserer Kunden entsprechen“ – ein schlechteres Zeugnis kann man einem Modekonzern nicht ausstellen.

Die hausgemachten Probleme und der große Umbruch in der Modebranche durch die Digitalisierung des Geschäfts bringt manchen Konzernchef derzeit ins Grübeln. „Die meisten CEOs glauben, ein Teil der Lösung zu sein. Wir sind aber ein Teil des Problems“, sagte C & A-Europachef Alain Caparros im November auf einem Kongress der Textilwirtschaft. Alle Vorstandsetagen in der Modebranche seien im Moment mit der Komplexität des Geschäfts „überfordert“.