Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern will die Waffengesetze ändern
Ein schwarzer Hijab mit goldenem Rand bedeckt das Haar von Jacinda Ardern. Jeder Zug im Gesicht der neuseeländischen Premierministerin zeugt von großer Konzentration: Die Augenbrauen sind in Sorge angewinkelt, feine Stirnfalten ziehen sich durch kalkweiße Haut. Der Mund ist geschlossen. Sie hört zu.
Das Foto, das am Samstag bei einem Treffen mit Überlebenden und Angehörigen der Opfer des rechtsextremen Terrorangriffs in Christchurch aufgenommen wurde, zeigt nicht nur den Schmerz im Gesicht der 38-Jährigen. Es ist zum Symbol geworden für die Trauer der Nation, für das Entsetzen, das dieser Massenmord ausgelöst hat. Am Freitag hatte ein Attentäter zwei Moscheen angegriffen und 50 Menschen, darunter mehrere Kinder, erschossen.
Die Regierungschefin bestätigte am Sonntag, dass neun Minuten vor Beginn der Angriffe eine E-Mail an ihr Büro gegangen sei. Darin seien aber keine Tatorte oder ähnliche Hinweise genannt worden, mit denen die Anschläge noch hätten verhindert werden können. Als Hauptverdächtiger gilt ein 28-jähriger Australier. Er wurde von zwei Polizeibeamten überwältigt, plante offenbar weitere Morde. „Er hatte absolut die Absicht, seine Attacke fortzuführen“, sagte Ardern.
Dass sie bei ihren Auftritten am Wochenende Kopftuch trug, war ein klares Symbol: Ihr seid nicht allein, ihr seid ein Teil von uns, so ihre Botschaft an Muslime. Mit etwa 50.000 Gläubigen – darunter viele Einwanderer aus Staaten wie Pakistan und Bangladesch – sind Muslime in Neuseeland eine Minderheit. „Neuseeland ist in Trauer vereint“, sagt Ardern.
Und in Entschlossenheit. Ardern sagt: „Unsere Waffengesetze werden sich ändern.“ Die Bewohner des Pazifikstaats dürfen bislang nach einer Überprüfung durch die Behörden schon mit 16 Jahren Waffen besitzen. Ein Waffenschein wird zwar benötigt, die Gewehre müssen aber nicht alle einzeln angemeldet werden.
Die studiere Politologin ist seit dem 26. Oktober 2017 Regierungschefin, seitdem beeindruckt die 40. Premierministerin Neuseelands selbst harte Konservative mit ihrer Mischung aus Menschlichkeit und Pragmatismus. Traditionelle Interessenpolitik ist ihr ein Gräuel, wie sie immer wieder beweist: So kippte sie neue Bewilligungen für die Suche nach Ölvorkommen in den Hoheitsgewässern von Neuseeland. Dass sich die Rohstoffindustrie darüber konsterniert zeigte, nahm sie in Kauf.
Ardern wuchs als Tochter eines Polizisten und einer Kantinenarbeiterin auf. Das prägte ihr soziales Gewissen. So verwundert nicht, dass die Zeitschrift „Vogue“ sie als „Anti-Trump“ bezeichnete.