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Neue Arbeitswelt? Fehlanzeige!

Ich bin weiß Gott keine ausgewiesene Digitalexpertin, trotzdem möchte ich an dieser Stelle behaupten, dass die Digitalisierung uns Dinge beschert, die man mit einem weinenden und einem lachenden Auge betrachten kann. Mag sein, dass es Ihnen anders ergeht: mir aber schwirrt der Kopf vor ständig neuen Buzzwords, angefangen bei Arbeit 1.0 bis Arbeit 4.0, über New Work, Open Space und Scrum bis hin zu Lean Startup, Holocracy und Design Thinking. Wenn selbst der Hausmeister empowert werden soll, wird es höchste Zeit, einige Dinge zu klären.

Keine Frage: die digitale Transformation ist eine der größten technischen Umwälzungen für unsere Arbeitswelt, für Unternehmen, Chefs und ihre Mitarbeiter und alles andere als eine Randerscheinung des 21. Jahrhunderts. Doch wenn man ehrlich ist, bewegen wir uns hier oftmals noch sehr unüberlegt in virtuellen Welten. Wir slacken hier ein bisschen in digitalen Messengern, suchen dort Rat in Büchern und Seminaren und haben am Ende dann doch noch nicht wirklich begriffen, was dieses New Work überhaupt ist, welche „digitalen Helfer” es gibt, wie sie funktionieren und welche davon wir überhaupt für unsere Organisation brauchen.

Teils sind diese „Trends” einfach noch nicht bekannt, teils können wir nichts damit anfangen und teils werden sie sogar als verrückter Hype abgetan – dabei ist das Konzept von New Work alles andere als neu. Es geht ursprünglich auf einen Ansatz des Sozialphilosophen Fridjof Bergmann zurück, der als „Vater“ der New-Work-Bewegung gilt und sich schon Anfang der achtziger Jahre damit beschäftigte. Und wenn man ehrlich ist, wird uns hier viel alter Wein in neuen Schläuchen verkauft.

„New Work ist nicht immer gleich neu”, bestätigt uns die Düsseldorfer Digital-Strategin Janine Kreienbrink, die unter anderem Unternehmen zum Thema Design Thinking berät. „Agil kann beispielsweise schon sein, wenn morgens ein 15-minütiger Austausch gemeinsam im Team im Stehen stattfindet. Jeder sagt, was er gestern getan hat, was er heute tun muss und ob er Hilfe braucht beziehungsweise wo er gerade nicht weiterkommt”, so Kreienbrink. Beklebt mit einem modernen Buzzword-Etikett könnten wir unsere tägliche Ressortkonferenz hier beim Handelsblatt also einfach auch als „Daily Standup im Scrum Prozess” bezeichnen.

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Ein anderes Beispiel sind flache statt steile Hierarchien – auch das ist New Work. Also das Gegenteil von Organisationen, in denen noch immer das sogenannte HIPPO-Syndrom vorherrscht, wonach die „Highest Paid Person Opinion” entscheidend ist und die Abteilungen klar voneinander abgegrenzt sind. So organisieren sich noch immer viele deutsche Unternehmen im 21. Jahrhundert und es erinnert mich tatsächlich hier und da an die Planwirtschaft in der DDR und der UDSSR. Oder Open-Space: nennen wir es einfach Großraumbüro ohne Gummibaum und Schwertfarn in der Ecke. Statt fester Büros gibt es mobile Schreibtische und die Mitarbeiter suchen sich morgens einen Platz aus, der an diesem Tag zu ihnen passt.


Firmen haben großen Aufholbedarf

Ist New Work mehr Schein als Sein? Damit hat sich gerade auch das Weiterbildungsunternehmen Haufe in einer Online-Umfrage beschäftigt und danach geschaut, ob und in welchem Umfang neue Arbeitsweisen und Strukturen in den Unternehmen schon zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse sind ernüchternd, bestätigen aber unsere Einschätzung: Neun von zehn Mitarbeitern arbeiten nach wie vor sehr klassisch, agile Methoden werden fast gar nicht genutzt. Etwas besser, wenngleich immer noch verhalten, sieht es bei den Führungskräften aus: In dieser Befragungsgruppe gaben drei von zehn Umfrageteilnehmern an, agile Methoden zu nutzen.

Diese Ergebnisse verwundern insofern nicht, als dass der Bekanntheitsgrad agiler Methoden insbesondere bei Mitarbeitern, aber auch bei Führungskräften, noch ausbaufähig ist: So haben nur 18 Prozent der befragten Mitarbeiter und 42 Prozent der Führungskräfte bereits von Scrum gehört. Gleiches Bild zeigt sich bei den anderen abgefragten Methoden Design Thinking, Swarming, Holacracy und Fluide Struktur.

„In unserer täglichen Arbeit sprechen wir zwar oft mit Unternehmen, die agile Arbeitsmethoden bereits kennen und durchaus auch einsetzen. Dazu benötigt es allerdings eine entsprechende Unternehmenskultur. Hier herrscht bei vielen Firmen offensichtlich noch Aufholbedarf“, ordnet Joachim Rotzinger, Geschäftsführer von Haufe, die Ergebnisse ein. Es herrscht also ein krasser Widerspruch zwischen Anspruch und Realität.

Sowohl die Mehrheit der Mitarbeiter (59 Prozent) als auch der Führungskräfte (70 Prozent) ist der Meinung, dass ihr Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerb überdurchschnittlich agil sei. Dies überrascht nicht nur vor dem Hintergrund der geringen Nutzung agiler Methoden sowohl auf Seiten der Mitarbeiter als auch der Führungskräfte. Jeder zweite Mitarbeiter gab zudem an, dass keine Maßnahmen zur Steigerung der Agilität in seinem Unternehmen umgesetzt werden.

Dabei scheitert der Einsatz agiler Methoden nicht an der Einstellung der Mitarbeiter und Führungskräfte zu Agilität, denn beide Befragungsgruppen sind von deren Nutzen überzeugt: Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer ist der Meinung, dass die Effizienz und Effektivität der Arbeit durch die Nutzung agiler Methoden und Strukturen verbessert wird. Zudem halten 47 Prozent der Mitarbeiter und 64 Prozent der Führungskräfte die Einführung bzw. Ausweitung von agilen Strukturen oder Methoden in ihrem Unternehmen für sinnvoll. Insbesondere schnellere Reaktionen auf veränderte Marktbedingungen, eine bessere Qualität der Ergebnisse sowie eine höhere Innovationskraft werden als Vorteile von Agilität genannt.


Wie Sie Bewusstsein für Agilität schärfen

Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass es bei vielen Unternehmen noch eine große Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit in Hinblick auf agiles Arbeiten gibt. Der Begriff Agilität wird noch recht weit ausgelegt. So ist zum Beispiel die am häufigsten genannte Maßnahme zur Steigerung der Agilität nach wie vor die individuelle Gestaltung von Arbeitszeit und -ort. „Agilität ist jedoch mehr als flexible Arbeitsmodelle. Unternehmen müssen das Bewusstsein für agile Methoden noch viel stärker schärfen, wenn sie die Transformation in die neue Arbeitswelt erfolgreich gestalten möchten. Dazu braucht es vor allem einen kulturellen Wandel“, erläutert Rotzinger die Dimension der Einführung von agilen Strukturen.

Ähnlich sieht es auch Digital-Strategin Janine Kreienbrink, die neben viel Geduld vor allem auch zu mehr Offenheit, Mut, Respekt und weniger Angst vor Umwegen rät. Und: „Zur Einführung agiler Methoden braucht es vor allem die richtige Haltung. Viel und ständige Kommunikation zwischen allen Hierarchiestufen”, so Kreienbrink. „Mitarbeiter auf 2-Tages-Methoden-Workshops zu schicken reicht nicht.”

New Work mit all ihren Methoden und Techniken einzuführen ist also kein Projekt mit Anfangs- und Enddatum, sondern ein ständiger Prozess. Ein Prozess allerdings, bei dem die richtigen Dinge richtig getan werden müssen. Janine Kreienbrink: „Für mich das wichtigste im New-Work-Umfeld: Kommunikation. Eigentlich ein No-Brainer, aber mir fällt leider immer wieder auf, dass wir zwar kommunizieren, aber eben besonders gerne mit Menschen aus unserem eigenen Umfeld, unserer eigenen Filterblase. Es gibt aber meines Erachtens keine Abkürzung zu angenehmeren Arbeitsformen, es geht nur über ein Miteinander und dazu gehört ein kommunikativer Austausch über den eigenen Tellerrand hinaus und über alle Hierarchiestufen hinweg.”

Über die Umfrage

Das Haufe-Agilitätsbarometer konzentriert sich auf Fragestellungen rund um agile Methoden, Prozesse und Führungsmodelle als zentrales Element der neuen Arbeitswelt. Die repräsentative Online-Umfrage führte Haufe zusammen mit Promerit und unter wissenschaftlicher Begleitung von Heiko Weckmüller, Professor an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management, in diesem Jahr zum zweiten Mal durch. Dabei wurden 1.000 Führungskräfte und 1.800 Angestellte deutscher, österreichischer und Schweizer Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern befragt. Die detaillierten Studienergebnisse finden Sie kostenlos unter diesem Link.


KONTEXT

Die größten Fehler beim Einsatz von Emails

Verlust von Arbeitszeit

Wenn Mitarbeiter E-Mails ohne Anleitung nutzen, verschwenden sie oft Arbeitszeit. Beratungsgesellschaften beziffern den Wert der verlorenen Arbeitszeit auf mehrere Milliarden Euro jährlich.

Gefahr der Selbstausbeutung

Gerade in Zeiten von iPhones und Blackberrys führt die dauernde Erreichbarkeit zum Hang, sich selbst auszubeuten oder ausbeuten zu lassen. Emails haben Suchtpotenzial. Auf lange Sicht leisten die Mitarbeiter so in der regulären Arbeitszeit weniger.

Mentale Ermüdung

Wer sich von Emails treiben lässt, ermüdet schneller, wie Studien belegen. Die ständigen Unterbrechungen durch Emails erhöhen das Bournout-Risiko.

Fehler und Missverständnisse

Jeder dürfte es schon mal erlebt haben, dass der Text einer Email falsch verstanden wird. Missverständnisse passieren einfach sehr viel häufiger als in direkten Gesprächen. Zudem treten auch fachliche Fehler leichter auf.

Prozesse werden umgangen

Hierarchien haben sich ja nicht aus Zufall gebildet. Wer berichtet was an wen - das umgeht die Email-Kommunikation viel häufiger, als es alle Beteiligten wahr haben wollen. Vielleicht geht der "kleine Dienstweg" per Email manchmal schneller, aber das geht zu Lasten von Zuverlässigkeit und Qualität.

Einzelfälle statt Organisation

Anstatt richtig in Prozessen organisiert zu sein, wird vieles immer wieder als Einzelfall betrachtet. Das ist nicht nur aufwendiger, sondern es passieren auch mehr Fehler.

Soziale Kompetenz nimmt ab

Soziologen und Psychologen sagen, dass jene Menschen, die vor allem elektronisch kommunizieren, die Fähigkeit und das Interesse verlieren, sich mit Menschen direkt auseinanderzusetzen.

Vieles dauert länger

Es gibt viele Themen, in den Emails einfach die uneffektivere Kommunikationsform sind (siehe Seite 2). Die Geschäftsvorfälle dauern länger als notwendig und erfordern mehr Aufwand. So manches Thema, das sich per Email über Wochen hinzieht, ist in einer Zehn-Minuten-Besprechung vom Tisch.

Prioritäten gehen verloren

Das dringende Kleine im Posteingang wird wichtiger als das wirklich wichtige Große. Auch das ist ein Nachteil der Email-Kommunikation. Umso wichtiger ist es, sich da gut zu organisieren.

Emailen ist nicht Arbeiten

Es kommt schnell zu einem Realitätsverlust: Mitarbeiter schicken Dutzende Emails durch die Gegen und glauben, sie hätten wirklich gearbeitet. Doch wie produktiv sind die meisten Emails wirklich? Hat man für das Unternehmen tatsächlich so viel bewegt, wie man in derselben Zeit hätte können?

Reagieren statt Agieren

Wer über weitere Strecken des Tages auf eingehende Emails reagiert, hat folglich weniger Zeit zum Agieren. Das frustriert den Einzelnen und bringt dem Unternehmen wenig.

Weiterschieben statt Erledigen

Jeder will Emails schnell vom Tisch haben. Also wo immer möglich gilt da die Devise: weiterleiten statt erledigen.

KONTEXT

Grundregeln für die Büro-Beziehung

Tratsch und Klatsch

Flirten Sie nicht ganz so ungehemmt wie sonst. Jede Firma hat ihren Tratsch und Klatsch und Ihrer beruflichen Reputation wird es nichts nützen, wenn Sie die Medaille für den "Flirt des Jahres" bekommen.

Zurückhaltung, bitte!

Wenn Sie gezielt auf der Suche nach kurzfristigen Affären sind, so suchen Sie sich lieber ein anderes Spielfeld dafür.

Keine Vorteile

Verschaffen Sie sich durch einen Flirt oder eine Beziehung keine Vorteile am Arbeitsplatz.

Bleiben Sie professionell

Bleiben Sie auch in einer Beziehung professionell und behandeln Sie den anderen im beruflichen Kontext als Kollegen, Einkäufer, Dienstleister oder was auch immer und nicht als Partner. Wenn Sie das nicht schaffen, weil Sie dann zum Beispiel nicht so hart verhandeln können, dann lassen Sie sich in diesen Situationen vertreten oder Sie lassen sich ganz versetzen.

Missverständnisse vermeiden

Lassen Sie besondere Vorsicht und Sorgfalt walten, wenn es sich um einen Flirt und vielleicht mehr mit einem Vorgesetzten oder Untergebenen kommt. Hier ist es besonders wichtig, von vornherein dafür zu sorgen, dass es keine Missverständnisse gibt und sich Dienstliches nicht mit Privatem vermischt.

Händchen halten

Achten Sie auch in einer besonders verliebten Phase auf Ihre Kommunikation und Ihr Verhalten vor Kollegen. Händchen haltenden Kollegen sind nicht unbedingt gerne gesehen.

Auf die Arbeit konzentrieren

Denken Sie daran, dass es Ihre bezahlte Arbeitszeit ist, die Sie im Unternehmen verbringen und dass Sie sich selbst große Probleme bereiten können, wenn Sie zu oft im Gespräch mit Ihrer neuen Liebe gesehen werden. Bedenken Sie auch, dass Ihre E-Mails gelesen werden könnten!

Zum richtigen Zeitpunkt öffentlich machen

Überlegen Sie gut, wann ein geeigneter Zeitpunkt ist, die Kollegen darüber zu informieren, dass Sie nun ein Paar sind. Warten Sie auf jeden Fall einige Zeit ab, bis Sie diesen Schritt tun. Sie beide sollten sich sicher sein, dass Sie nun in einer festen Beziehung sind. Dann ist es auch wichtig, sich dazu zu bekennen, um eventuelle Gerüchte nicht erst aufkochen zu lassen und auch vorzubeugen, dass man Ihnen Interessenskonflikte vorwerfen könnte.

Gefühle sind Privatsache

Sprechen Sie mit Kollegen nicht ausführlich über Ihre Beziehung und Ihre Gefühle - weder in einer frisch verliebten Phasen, noch wenn Sie sich doch trennen sollten. Bleiben Sie professionell, lächeln Sie und biegen Sie das Gespräch in eine andere Richtung, falls die Fragen zu hartnäckig sind.

Kommen und gehen

Achten Sie darauf, nicht zusammen zu kommen und zu gehen, wenn Sie noch kein offizielles Paar sind.

Arbeitsessen oder Date?

Sorgen Sie auch bei sich selbst dafür, dass Ihnen in einer Phase des Kennenlernens klar ist, ob Sie nun ein Arbeitsessen oder ein "Date" haben.

Betriebsfeste

Weihnachtsfeiern oder andere Betriebsfeste sind keine gute Möglichkeit, nach einigen Gläsern Wein all seinen Mut zusammen zu nehmen und vor der reizenden Kollegin aus der Buchhaltung auf die Knie zu sinken um ihr endlich zu sagen, wie wunderbar sie ist.

Die Zeit nach der Beziehung

Bedenken Sie bei einer Beziehung im beruflichen Umfeld immer deren mögliche Endlichkeit (auch wenn das nicht sehr romantisch ist), schließlich wird inzwischen rund jede zweite Ehe geschieden. Das Haltbarkeitsdatum für Beziehungen ist also zumindest im Durchschnitt noch kürzer. Bedenken Sie einfach die Konsequenzen, was das für Konsequenzen für Sie, Ihren Beruf und Ihre Karriere hat, wenn Sie Ihre Beziehung nun öffentlich machen und diese in sechs Monaten wieder zu Ende ist. Die Erfahrung lehrt, dass Frauen meist den Kürzeren ziehen und mit negativen Folgen rechnen müssen.

Quelle: Nandine Meyden, "Karrierekiller. Versteckte Fallen auf dem Weg nach oben", Berlin 2011, ISBN: 978-3-430-20118-6

KONTEXT

Sieben Unternehmen, die für eine gute Kultur stehen

Bosch

"Halt dei"˜ Gosch, ich schaff beim Bosch" - der Satz stammt nicht von ungefähr. Die Mitarbeiter des Unternehmens identifizieren sich stark mit ihrem Arbeitgeber. Das ist schon historisch bedingt: Robert Bosch führte bereits 1906 die Acht-Stunden-Woche sowie den freien Samstag ein und zahlte fast 20 Prozent mehr als der Rest der Branche.

Anfang des Jahrtausends knirschte es allerdings im Gefüge, die Strukturen bei Bosch galten als veraltet, der Führungsstil als zu patriarchisch, die Ausrichtung als zu wenig kundenorientiert. Aber der Konzern versuchte den Wandel, stellte Werte stärker in den Vordergrund und befragte seine Mitarbeiter nach ihren Ideen. Inzwischen können die den Chef zum Beispiel direkt mit Änderungswünschen ansprechen - das war vorher undenkbar. Auch ein firmeninternes Netzwerk steht den Beschäftigten zur Kommunikation zur Verfügung, dort können sie sich austauschen.

3M

Der US-Konzern setzt voll auf Innovationen. Das Abdeckklebeband für Zwei-Farben-Lackierungen ist nur eine Idee, die aus dem Konzern stammt. Berühmt ist er auch für seine Post-Its.

Solche Innovationen sind nicht planbar. 3M ist deshalb auf die guten Ideen seiner Mitarbeiter angewiesen. Statt ausschließlich starren Arbeitszeiten gibt der US-Konzern seinen Beschäftigten Freiräume, um ihre Ideen zu entwickeln. So können sie 15 Prozent ihrer Arbeitszeit dazu aufwenden, an einer Erfindung zu arbeiten - ohne dabei Rechenschaft bei der Unternehmensführung ablegen zu müssen. Und der Betrieb lässt die Mitarbeiter nicht nur entwickeln, er investiert auch in die Konzepte - auch, wenn nicht jede Idee aufgeht. Denn die Idee mit den Post-Its zeigt: Eine gute Innovation zahlt locker die investierte Arbeitszeit des Mitarbeiters - und seiner Kollegen.

Krohne

Familienunternehmen fallen den wenigsten ein, wenn es um flache Hierarchien geht, weil Inhaber oft mit patriarchischem Stil führen. Krohne versucht es mit horizontalen Ebenen. So wird der Chef ganz selbstverständlich mit dem Vornamen angesprochen.

Krohne steht beispielhaft für das, was viele Familienunternehmer ausmacht: Konstanz und Verbindlichkeit. Als die Weltwirtschaftskrise 2007 das Unternehmen traf, beschlossen die Eigentümer, keine Kurzarbeit einzuführen. Zwar musste die Familie dafür zurückstecken, doch das nahm sie in Kauf - für ihre Mitarbeiter. Die Mitarbeiter zeigten sich dafür flexibel, wenn sie in anderen Firmenbereichen aushelfen mussten. Dadurch identifizieren sich auch die Mitarbeiter mit dem Unternehmen.

Ernsting's family

Das Textilunternehmen hat sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Ein wichtiges Thema in einer Branche, die durch den Fabrikeinsturz von Bangladesch 2013 ordentlich unter Druck geraten ist. So lässt Ernsting's die Fabriken in seinen Herstellerländern - hauptsächlich China - regelmäßig überprüfen und auch der Geschäftsführer selbst fährt ein, zwei Mal im Jahr dorthin, um sich von den Begebenheiten vor Ort zu überprüfen.

Doch nicht nur das Produkt ist wichtig, auch der Mitarbeiter. Ernsting's Family bezieht seine Verkäuferinnen bewusst in Unternehmensprozesse mit ein, fragt sie nach ihrer Meinung zu Kollektionen und nimmt ihre Ideen in mit auf.

Otto

Bekannt ist Otto als Katalog-Versandhändler. Doch längst versucht sich der Konzern auch im Internet. Der Wandel funktioniert - zumindest teilweise -, weil das Unternehmen sich inzwischen von seinem Katalog fast komplett verabschiedet hat und stärker auf das Netz setzt.

Otto öffnet sich zunehmend neuen Ideen, besonders denen seiner Mitarbeiter. Eine Gruppe von drei Beschäftigten hat auf eigene Initiative zum Beispiel ein Portal namens "schlafwelt.de" erschaffen, das sich komplett auf den Verkauf von Matratzen und Bettzubehör konzentriert. Der Grund: Das Sortiment ging auf der Internetseite von Otto unter, das alleinstehende Portal konnte den Verkauf deutlich steigern. Auch die Mitarbeiter sind heute besser vernetzt als früher. Auf einer internen Social-Media-Plattform können sie sich austauschen.

Allianz

Die Versicherung will seine Kunden zufrieden stellen. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal. Die Art, wie die Allianz versucht, dieses Ziel zu erreichen, aber schon. Die Versicherung holt sich Feedback durch einen mathematisch ausgeklügelten Fragebogen, der die Zufriedenheit seiner Kunden mit dem Gewinn, der daraus gezogen werden kann, vergleicht.

Weil dieser Zusammenhang so signifikant ist, versucht die Allianz, den Kunden stärker in den Konzern zu holen. Das fängt bei den Mitarbeitern an: Früher wurden Fälle von einem Sachbearbeiter zum nächsten gereicht. Inzwischen bekommen die Mitarbeiter einen konkreten Fall zugeteilt, den sie bis zum Ende betreuen. Zudem können sich Mitarbeiter über das sogenannte "rote Telefon" direkt bei der Leitstelle melden, wenn besonders dringliche Fälle auftreten. Um den Mitarbeitern die Kundenorientierung besser zu vermitteln, reiste Allianz-Vorstand Bernd Heinemann durch die halbe Republik. Die Mitarbeiter wurden zudem zu Workshops und Feedbackrunden gebeten, in denen sie sich selbst einbringen konnten.

dm

Der dm-Gründer Götz Werner galt als Sozialromantiker, als er anfing, sein Unternehmen zu ent-hierarchisieren und den Mitarbeitern mehr Verantwortung übertrug. Doch an dem dm-Modell lässt sich zeigen, wie viel Unternehmenskultur ausmacht. Dass diese nicht selbstverständlich ist, zeigt die Schlecker-Pleite. Die insolventen Drogerieketten standen bis zum Schluss unter dem scharfen Auge des Patriarchen Anton Schlecker.

Statt Druck und starren Anweisungen setzte Werner auf freies Handeln seiner Filialleiter. Sie dürfen etwa eigene Entscheidungen auch gegen die Empfehlung einer höheren Führungsebene treffen. Das war am Anfang ein Risiko, hat sich aber ausgezahlt: Die Mitarbeiter kommunizieren mehr als früher, der Einzelkämpfer wurde abgeschafft. Dm nimmt man seinen Werbespruch "Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein" daher auch eher ab als vielen anderen Konzernen.

Quelle

Petra Blum, "Mitarbeiter motivieren und Kunden begeistern - Ein Blick hinter die Kulissen erfolgreicher Unternehmen", Haufe, 2014.