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Was die Nachfolge so schwierig macht

Bis zu 600.000 Mittelständler planen in den nächsten zweieinhalb Jahren, den Betrieb an einen Nachfolger zu übergeben. Doch häufig scheitern sie an der Finanzierung. Bürgschafts- und Förderbanken leisten wichtige Hilfe.

Mirko Munderloh ist seit Frühjahr 2016 sein eigener Chef. Er hat die auf BMW- und Mini-Fahrzeuge spezialisierte Kfz-Werkstatt in Hamburg-Blankenese übernommen. Vorgänger Olaf Streng hat den Betrieb aus Altersgründen abgegeben. Auf einem Immobilien-Portal wurde Munderloh auf die Werkstatt aufmerksam.

Doch bis der Kauf in trockenen Tüchern war, gingen Monate ins Land. Der erste Knackpunkt: Was ist der Betrieb überhaupt wert? Die Handwerkskammer Hamburg unterstützte Munderloh dabei, den fairen Kaufpreis zu ermitteln. „Dort hat man mich auch auf existierende Förderkonzepte aufmerksam gemacht“, berichtet Munderloh. Um die Finanzierung auf die Beine zu stellen, stellte der Kfz-Meister mehreren Geldhäusern in der Hansestadt sein Geschäftsmodell vor.

Resultat war ein Finanzierungs-Mix, in dem neben der Commerzbank als Darlehensgeber, die Investitions- und Förderbank (IFB) Hamburg und die Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg (BG) die Hauptrollen spielen. Über das Programm „Hamburg-Kredit Gründung und Nachfolge“ gewährt die IFB einen besonders zinsgünstigen Kredit, parallel bürgt die BG für 70 Prozent der vereinbarten Darlehenssumme. „Ohne diese beiden Förderinstitute hätte ich wohl von keiner Hausbank Kapital für die Unternehmensnachfolge bekommen“, ist Munderloh überzeugt. Damit nicht genug: „Statt über vier Prozent Zinsen ohne Engagement von IFB und BG zahle ich jetzt weniger als zwei Prozent.“

Bis zu 600.000 mittelständische Unternehmer mit mehr als vier Millionen Beschäftigten planen in den nächsten zweieinhalb Jahren, ihren Betrieb an einen Nachfolger zu übergeben, wie das Mittelstandspanel der KfW-Gruppe zeigt. „Diese Entwicklung ist in erster Linie eine demografische“, erläutert Anja Bukowski, Abteilungsdirektorin bei der staatlichen Förderbank. Sie rät Chefs, die ihre Firma übergeben wollen, „möglichst früh mit der Vorbereitung zu beginnen“.

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Jeder zweite Mittelständler zieht laut KfW die Übergabe an ein Familienmitglied in Betracht, jeder fünfte sieht den externen Verkauf als einzige Option. Bei der Finanzierung der Nachfolge durch die nächste Generation aus den eigenen Reihen oder von außen können Hausbanken nur bedingt helfen. Um ihre Risiken zu begrenzen, verlangen sie in fast jedem Fall, dass weitere Finanzierungspartner hinzugeholt werden. Am Tisch gern gesehen ist die KfW. Sie hat allein im vergangenen Jahr rund 3,7 Milliarden Euro für Gründer bewilligt.

Die Konditionen der Förderbank sind attraktiv: Bei einer Laufzeit von 15 Jahren zahlt der Kunde zu Beginn 0,4 Prozent Zinsen per annum, am Schluss drei Prozent. „Die Ausfallquote ist bei Unternehmern, die in einen bestehenden Betrieb eingestiegen sind, niedriger als bei Firmengründern. Dafür aber ist das Volumen bei Nachfolgefinanzierungen meist höher“, so Bukowski. Die KfW betreibt zusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium die Unternehmensbörse Nexxt-Change, auf der Firmenchef und Übernahmeinteressierte zusammenfinden.


Wiederanlageproblem

Neben der KfW existieren zwischen Kiel und Passau 16 Landesförderinstitute. In Bremen beispielsweise ist das die Aufbau-Bank, in Niedersachsen die NBank im Saarland die SIKB. Diese Institute unterstützen auch bei Nachfolgeregelungen. Als jüngste Bank im öffentlichen Auftrag ist vor vier Jahren die IFB Hamburg dazugekommen. Rund 50 Förderprogramme mit Beratung, Darlehen, Zuschüssen und Beteiligungskapital bietet sie an.

2016 hat die IFB Hamburg als Refinanzierer für knapp 300 Gründer und Nachfolger rund 29 Millionen Euro den Hausbanken der Jungunternehmer bereitgestellt. „2017 werden es wohl etwa zehn Prozent weniger sein“, erwartet Andreas Majonek, Firmenkundenberater Wirtschaft und Umwelt bei der Förderbank. „Das liegt daran, dass in konjunkturell guten Zeiten weniger Menschen in die Selbstständigkeit starten.“

Außerdem gibt es in jedem Bundesland eine Bürgschaftsbank, die Nachfolgen unterstützen. Im Westen der Republik wurden diese Banken ab 1950 aus der Taufe gehoben, im Osten nach der Vereinigung Deutschlands. Sie stehen auch bei Nachfolgefinanzierungen nicht miteinander im Wettbewerb, sondern sind ausschließlich für die mittelständische Wirtschaft in ihrem Bundesland tätig. Gleiches gilt für die auf die 16 Länder verteilten Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften.

Die regionalen Bürgschaftsgeber müssen aber nicht bei jedem Engagement mit der jeweiligen Investitions- und Förderbank zusammenarbeiten. So realisiert die BG Hamburg nicht selten eine Finanzierung auch nur mit der Hausbank. Ein Beispiel dafür: die Übernahme der Luna Apotheke in Wilhelmsburg. Der 15-Mitarbeiter-Betrieb stand zum Jahreswechsel zum Verkauf. Apothekerin Sabine Geissler interessierte sich für die Nachfolge. Für eine Finanzierung sprach sie bei der Hypo-Vereinsbank vor. Die Banker wollten nur dann ein Darlehen vergeben, wenn die BG Hamburg mit im Boot säße. Sabine Geissler legte auch dort noch einmal ihre Zahlen vor, erläuterte ihre Vision von der Zukunft der Apotheke. Nach fünf Wochen hatte sie die Zusage für eine 70-prozentige Ausfallbürgschaft.

„Für mich war das eine wichtige Bestätigung meines Vorhabens“, betont Sabine Geissler. Der Einstieg der BG habe ihr „unternehmerische Sicherheit“ gegeben. Dafür zahlt sie neben Zinsen und Tilgung für den Hypo-Vereinsbank-Kredit eine Provision von 1,25 Prozent für die Bürgschaft. Die Nachfolge-Unternehmerin: „Sind unsere Geschäftsergebnisse in den nächsten Jahren sehr gut, kann ich die Bürgschaft wieder rausnehmen.“

BG-Geschäftsführer Jörg Finnern betont, dass sein Haus als Finanzierungspartner jedes unternehmerische Projekt „ganzheitlich analysiert“. Es sei die Aufgabe, „Hilfestellung zu geben und dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Kreditmittel für sinnvolle Vorhaben zur Verfügung gestellt werden“.

Für die Übergabe von Unternehmen an die nächste Generation stehen Fördertöpfe und Berater zur Verfügung. Nicht helfen aber können die Institute bei einem Problem, das viele Alt-Eigentümer derzeit umtreibt: die Wiederanlage des Verkaufserlöses. „Was mache ich mit 150.000 Euro oder mit mehreren Millionen in der Niedrigzinsphase? Warum soll ich mein Unternehmen einem Nachfolger übergeben, wenn es gut läuft und die Erträge stimmen?“ Christoph Karbenk, Partner bei der Mittelstands-Beteiligungsgesellschaft Capiton, kennt eine Konsequenz: „Am Ende wird dann oft doch nicht verkauft.“