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„Die nächste Subventionsruine“

Offshore-Windenergie - „Die nächste Subventionsruine“

Kaum eine Branche musste in den vergangenen Jahren so viel Spott und Hohn einstecken, wie die deutsche Offshore-Windkraftindustrie. Siemens versenkte fast eine Milliarde Euro im Meeresgrund, weil der Münchner Dax-Konzern die Anbindung der Hochseeanlagen ans Stromnetz sträflich unterschätzte. Beim Windparkprojekt Bard I der Unicredit-Bank explodierten die Kosten von eineinhalb auf gut drei Milliarden Euro. Und der Oldenburger Energieversorger EWE musste als Betreiber des Windparks Riffgat seine Mühlen über Wochen mit Dieselaggregaten in Schwung halten, um sie wegen fehlender Netze vor Rost zu schützen. Mittlerweile sind derlei Probleme aber passé. Die Industrie hat ihre Kinderkrankheiten überwunden. Und strebt jetzt nach Größerem.

„Wir haben noch ein gewaltiges Kostensenkungspotenzial“, prognostizierte Bastian Abicht vom Lobbyverband Stiftung Offshore-Windenergie am Donnerstag im Zuge der Branchenkonferenz Windforce in Bremen. Durch technologische Innovationen und Skaleneffekte könnten die Preise für Meerwindenergie binnen weniger Jahre um gut 40 Prozent reduziert werden, sagte Abicht. Turbinenhersteller wie , Vestas oder GE und Windparkbetreiber wie Eon oder RWE gehen sogar noch weiter. Erst Anfang der Woche veröffentlichten sie gemeinsam mit sechs weiteren führenden Unternehmen im Offshore-Windgeschäft eine Erklärung, in der sie versprachen, die Kosten auf das Niveau von Gas- oder Kohlestrom zu drücken.

Konkret wollen die Firmen die Preise für Offshore-Windenergie bis 2025 mehr als halbieren. Statt aktuell 168 Euro soll eine Megawattstunde Meerwindstrom in neun Jahren dann nur mehr 80 Euro kosten. Gelingen soll dieses Kunststück indem von der Turbine über die Umspannwerke bis hin zur Wartung und Logistik in allen Segmenten weiter drastisch gespart und optimiert wird. Ein voller Erfolg kann die Effizienzoffensive nach Auffassung der Industrie aber nur dann werden, wenn es eine breite Projektpipeline gibt. Die Politik müsse dafür sorgen, dass in ganz Europa jährlich Offshore-Windparks mit einer Leistung von zumindest 4.000 Megawatt neu gebaut werden dürfen.

Der Zeitpunkt für die Kostensenkungsankündigung wurde von der Branche bewusst gewählt. In Deutschland wird etwa gerade das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) überarbeitet. Und der am Mittwoch gefasste EEG-Kabinettsbeschluss bleibt weit hinter den Vorstellungen der Industrie zurück. Demnach soll der Ausbau von Windenergieanlagen in Nord- und Ostsee auf 730 Megawatt pro Jahr gedeckelt werden. Zudem ist geplant die Vergütung je Kilowattstunde Windstrom nicht mehr staatlich festzusetzen, sondern mittels einer Ausschreibung im Wettbewerb zu ermitteln. Dadurch sollen die Kosten für die Verbraucher eingedämmt werden – sie zahlen für die EEG-Ökostromförderung bereits 25 Milliarden Euro pro Jahr.

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Die Windenergie-Industrie ist alarmiert. Es gebe ein „ernsthaftes Fragezeichen“, welche Unterstützung die Branche angesichts der Planspiele in Berlin über 2020 hinaus noch genieße, schreiben die elf führenden Offshore-Firmen in ihrer gemeinsamen Erklärung. Viele Unternehmen schrecken wegen der ungewissen Rahmenbedingungen vor großen Investitionen zurück – wie etwa in Roboter zur automatisierten Produktion oder Baukasten –Plattformen für Gondeln, Turbinen und Rotorblättern. Doch nur mit solchen Optimierungsmaßnahmen würden sich die Kosten deutlich reduzieren lassen, hieß es unisono am Rande der Windforce-Konferenz.


Die teuerste Form der grünen Energiegewinnung

Während die Offshore-Windbranche den Zubau von deutlich mehr Anlagen auf hoher See einfordert, hält Niels Schnoor schon die aktuelle Zielsetzung für viel zu hoch. Denn selbst wenn sich die Kosten für Meerwindstrom tatsächlich halbieren ließen, kämen die dafür nötigen Anstrengungen „zu einem hohen Preis“, sagt der Energieexperte von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Schließlich müssten bis 2025 erst einmal jede Menge teure Anlagen gebaut werden, die die Stromkunden 20 Jahre lang bezahlen müssen“, so Schnoor. Es sei „inakzeptabel“, dass die Betreiber von Offshore-Windmühlen weiterhin „vollkommen überzogene Gewinne kassieren dürfen“.

Der Verbraucherschützer ist überzeugt: Mit einem stärkeren Fokus auf Solar- und Windenergie an Land wäre die Energiewende deutlich billiger.

Manuel Frondel sieht in Windmühlen auf hoher See gar „die nächste Subventionsruine“. Der Energieexperte am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung vertritt die Auffassung, dass die Anlagen, die oft höher als der Kölner Dom (157 Meter) aus dem Wasser ragen, keinem Steuerzahler wirklich dienen. „Das ist Strom, der mangels Nord-Süd-Leitungen, kaum jemanden erreicht“, klagt Frondel. Aufgrund der sehr hohen Einspeisevergütung – doppelt so hoch wie Windkraft an Land – berge der Ausbau von Offshore-Windkraft „extrem hohe volkswirtschaftliche Risiken“.

Diese Risiken könnten durch die geplanten Kostensenkungen der Industrie deutlich reduziert werden. Aber die dafür nötige Bedingung von 4.000 Megawatt Leistung an Offshore-Zubau pro Jahr in Europa, halten selbst Branchenvertreter für völlig illusorisch. „Wir wissen doch schon jetzt, dass das nicht eintreten wird“, sagt etwa Jens Assheuer. Der Geschäftsführer von WindMW, einer Firma, die für Investoren wie Blackstone Offshore-Windparks plant und betreibt, sieht Meerwindenergie zwar weiterhin boomen, aber mit geringeren Wachstumsraten als etwa im Rekordjahr 2015. Statt 4.000 Megawatt dürften in den kommenden Jahren eher 3.000 Megawatt pro Jahr in Europa zugebaut werden.

Für die Hersteller von Turbinen, Rotorblättern und riesigen Stahlfundamenten bleibt das Geschäft mit Meerwindenergie also attraktiv. Und die Branche wird nicht müden, die Vorteile von Offshore-Wind hervorzuheben. Weil der Wind über dem Wasser von Nord- und Ostsee stärker und stetiger weht als an Land, ist Offshore die verlässlichste Form unter den schwankenden erneuerbaren Energien. Aber es dürfte auch im kommenden Jahrzehnt die mit Abstand teuerste Form der grünen Stromgewinnung bleiben.

KONTEXT

Offshore: Projekte in Megadimensionen

Gewicht

Das Gesamtgewicht einer Anlage kann laut der Stiftung Offshore Windenergie schnell 1000 Tonnen übersteigen. Dabei stehen die Anlagen auf bis zu 900 Tonnen schweren Fundamenten. Allein die Gondel (Maschinenhaus) könne zwischen 300 und 400 Tonnen wiegen.

Gigantische Maße

Allein die im Testfeld Alpha Ventus installierten 5-Megawatt-Anlagen haben einen Rotordurchmesser von bis zu 125 Metern und eine Gesamthöhe von mehr als 170 Metern über dem Meeresgrund. Neuere Anlagen der Leistungsklasse von 6 Megawatt erreichen laut Stiftung Offshore Windenergie Rotordurchmesser um die 150 Meter.

Kosten

Der Bau eines Windparks auf hoher See ist um einiges komplexer als der einer Anlage auf dem Land. Entsprechend hoch sind auch die Kosten. Laut der Stiftung Offshore Windenergie beträgt das Investitionsvolumen für einen 300-400 Megawatt Offshore-Windpark deutlich über 1 Milliarde Euro.