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Mehr Geld, mehr Lehrer – so unterstützt NRW Brennpunktschulen

Nordrhein-Westfalen will mit gezielter Förderung unterschiedliche Startbedingungen von Schülern ausgleichen – vor allem in Problemstadtteilen.

Nordrhein-Westfalen will Brennpunkt-Schulen besser fördern. Foto: dpa
Nordrhein-Westfalen will Brennpunkt-Schulen besser fördern. Foto: dpa

Noch immer hängt der Bildungserfolg maßgeblich von der sozialen Herkunft ab. Wachsen Kinder in bildungsfernen Elternhäusern auf, ist es weniger wahrscheinlich, dass sie Abitur machen oder studieren.

Auch wenn sich die Situation aus Sicht der Industrieländerorganisation OECD zuletzt etwas gebessert hat, bleibt Chancengerechtigkeit ein bestimmendes Thema der Bildungspolitik. Fast 70 Prozent der Kinder von Akademikern machen Abitur, bei Kindern von Eltern ohne Studienabschluss sind es nur knapp 30 Prozent.

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Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat deshalb zum Schuljahresbeginn ein neues Projekt gestartet, mit dem die unterschiedlichen Startbedingungen ausgeglichen werden sollen. „Mit dem Schulversuch Talentschulen wollen wir soziale Nachteile im Bildungsbereich überwinden und Kindern mit einer bildungsfernen Herkunft bessere Startmöglichkeiten geben“, erläutert Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) das Ziel.

Im Fokus stehen dabei Schulen in sozial herausfordernden Lagen – gerne auch „Brennpunkte“ genannt. 35 Schulen nehmen am Projekt teil, 25 weitere sollen im Schuljahr 2020/21 folgen. Die Landesregierung will vor allem Kapazitäten schaffen, damit die Pädagogen intensiver auf die Bedarfe der Schüler eingehen können.

Während des sechsjährigen Modellprojekts investiert das Land allein 22 Millionen Euro in 440 zusätzliche Lehrerstellen. Hinzu kommen weitere 2500 Euro pro Jahr und Schule für Fortbildungsmöglichkeiten, auch eine moderne Ausstattung verspricht das Land.

Und in Kombination mit weiteren Fördermaßnahmen wie dem Digitalpakt erhofft sich die Landesregierung einen Multiplikatoreffekt. „Ich finde dieses Programm des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen beispielhaft“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangenen Monat die Talentschulen gelobt.

Das Duisburger Mercator-Gymnasium ist eine der Schulen, die für den Modellversuch ausgewählt wurden. Dort zeigt man sich einige Monate nach dem Startschuss euphorisch. „Die Ernennung zur Talentschule war für uns ein Kick-off zur Start-up-Atmosphäre“, sagt Direktorin Dr. Wibke Harnischmacher. Die zusätzlichen Kapazitäten hätten bereits Impulse gesetzt.

Fördermaßnamen sollen in Problemstadtteilen greifen

Die Lage der Schule ist alles andere als einfach. Sie befindet sich an der Grenze zum Duisburger Stadtteil Hochfeld. Eine hohe Arbeitslosenquote, ein Ausländeranteil von knapp 59 Prozent, Clankriminalität: Hochfeld gilt als Problemstadtteil – also genau das Umfeld, in dem die schwarz-gelbe Landesregierung mit Fördermaßnahmen ansetzen möchte.

Die Schulen sollen mit dem Projekt ihre pädagogischen Konzepte ausbauen und mehr individuelle Unterstützung ins Schulleben integrieren, um die Probleme anzupacken, für die sonst die Kapazitäten fehlen. Im Zentrum steht dabei der Aufbau einer zusätzlichen Fördersäule. An den allgemeinbildenden Schulen ist das die sprachliche Förderung.

Strenge Vorgaben, wie die Talentschulen nun was zu fördern haben, gibt es nicht. So kann auch kulturelle Bildung eine weitere Fördersäule sein. Das Mercator-Gymnasium dagegen setzt seinen Fokus vor allem auf die naturwissenschaftlich-technischen Fächer (MINT), das Kernprofil der Schule mit etwa 700 Schülern.

An Harnischmachers Gymnasium profitieren vor allem die neu angelaufenen fünften Klassen von dem Projekt. Wöchentlich erhalten die Heranwachsenden nun bis zum Eintritt in die Oberstufe zwei zusätzliche Unterrichtsstunden, die in der Stundentafel eigentlich nicht vorgesehen sind: die Talentstunden. Wie die Schulen diese verteilen, ist ihnen überlassen.

Neben zusätzlichen Mathematikstunden steht bei den Schülern zum Beispiel informatorische Grundlagenbildung auf dem Stundenplan. Von den Ergebnissen ist die Schulleiterin begeistert und erzählt, dass die Kinder schon erste Programmiererfahrungen gemacht hätten.

Bessere Lehrerquote

Während andere Schulen unter dem Lehrermangel leiden, dreht das Land Nordrhein-Westfalen an den Talentschulen gezielt an der Personalschraube. Für die Umsetzung des Modellversuchs erhalten die Schulen einen Zuschlag in Höhe von 20 Prozent auf den Grundstellenbedarf als zusätzliche Ressource. Am Mercator-Gymnasium zum Beispiel haben in diesem Jahr sieben neue Lehrkräfte ihren Dienst aufgenommen – vor allem wegen der Zuschüsse für das Talentschulen-Projekt.

Das eröffnet Direktorin Harnischmacher neue Möglichkeiten in der Stundenplangestaltung. So unterrichten die Mathematiklehrer in den fünften Klassen beispielsweise in Doppelbesetzung, um sich gezielter um die Schüler kümmern zu können. Hinzu kommen sogenannte Systemstunden: Die Pädagogen bekommen Zeit eingeräumt, um ihre gemeinsame Unterrichtsplanung zu besprechen und Förderkonzepte auszuarbeiten.

Ziel des Modellprojekts ist es auch, dass Vernetzung zwischen Schule und Stadtteil stattfindet. Es soll kein bloßes Nebenher, sondern ein Miteinander geben. Lehrer sollen das lokale Leben besser und die Schüler auch privat kennen lernen. Mit der Brücke zum Privaten gelinge dann auch die schulische Interaktion besser, so die Idee dahinter.

Die Schulen haben erst seit Kurzem den Status Talentschule, valide Ergebnisse über den Ertrag gibt es also noch nicht. Das Schulministerium in Düsseldorf aber betont, dass der Schulversuch von Beginn an wissenschaftlich begleitet und evaluiert werde.

Ein ambitionierter Ansatz, denn: „Wie genau erfolgreiche Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozesse an Schulen in sozial herausfordernder Lage verlaufen, ist in Deutschland bislang kaum untersucht worden“, erklärt Isabell van Ackeren, Professorin für Bildungssystem- und Schulentwicklungsforschung an der Universität Duisburg-Essen. Doch werde es schwierig, weitere Schulen in ähnlicher Lage an den Erkenntnissen teilhaben zu lassen. Die Herausforderungen nämlich, vor denen die Talentschulen stehen, würden weit mehr Schulen als die geförderten betreffen, sagt die Bildungsforscherin.