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"Man kann nicht empfehlen, Air Berlin zu buchen"

Lufthansa und Easyjet werden sich wohl die größten Stücke vom Kuchen sichern. Doch bei der Verwertung von Air Berlin sind noch viele Fragen offen. Vor allem auch für die Beschäftigten.

Air Berlin informiert am Montagnachmittag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats über den Zwischenstand im Bieterverfahren. Bei den Verhandlungen über die Aufteilung der insolventen Fluggesellschaft soll dem Vernehmen nach der größte Teil an den deutschen Marktführer Lufthansa gehen. Air Berlin verhandelt außerdem mit dem britischen Billigflieger Easyjet. Daneben könnte auch noch auch die Fluggesellschaft Condor zum Zug kommen. Die Detail-Verhandlungen sollen noch bis zum 12. Oktober dauern.

Wie die „Rheinische Post“ (Samstag) berichtete, müsse unter anderem noch ein Streit zwischen Lufthansa und Easyjet um besonders begehrte Flugrechte in Düsseldorf beigelegt werden. Im Umfeld des Gläubigerausschusses heiße es, der britische Billigflieger wolle nicht nur seine Präsenz in Berlin erhöhen, sondern auch in der NRW-Landeshauptstadt relativ viele Start- und Landerechte übernehmen. Lufthansa wolle aber nicht auf alle diese Routen verzichten. Es gehe um wichtige Strecken, etwa nach München oder Hamburg.

Bei den Verhandlungen über die Aufteilung der insolventen Airline ist aus Sicht eines Branchenexperten ein zügiger Abschluss notwendig. „Ein „Grounding“ ist noch nicht vom Tisch“, sagte Gerald Wissel von der Beratungsgesellschaft Airborne der Deutschen Presse-Agentur. Beim „Grounding“ würden alle Flugzeuge am Boden bleiben, etwa wenn Air Berlin das Geld ausgeht. Dies hätte massive Auswirkungen für Passagiere.

Auch die Beschäftigten erwarten Antworten auf drängende Fragen: Wollen die Bieter nur die Flugzeuge samt Start- und Landerechten, oder auch die Besatzungen? Die Gewerkschaften dringen darauf, dass die neuen Eigentümer auch die Beschäftigten übernehmen. Laut „Bild“ und „B.Z.“ sind am Montag in Berlin und am Dienstag in Düsseldorf Betriebsversammlungen geplant.

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Sind IAG, Condor und Niki Lauda noch im Rennen?

Für den Kauf der Technik-Sparte der Air Berlin rechnet sich das Berliner Logistikunternehmen Zeitfracht gute Chancen aus. Hier gibt es eine längere Bieterfrist. Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin mit ihren mehr als 8000 Beschäftigten ist seit Mitte August insolvent.

Medienberichten zufolge könnten mit dem Verkauf bis zu 350 Millionen Euro erlöst werden, allein 200 Millionen sollen demnach von der Lufthansa kommen. Das dürfte den Steuerzahler freuen, denn so scheint die Rückzahlung des staatlichen Überbrückungskredits über 150 Millionen Euro gesichert. Das Geld hatte der Bund vorgestreckt, um Air Berlin während der Verhandlungen in der Luft zu halten.

Allerdings war in den vergangenen Tagen gemutmaßt worden, das Geld könne möglicherweise nicht reichen. Air Berlin macht weiter jeden Tag hohe Verluste, und der Abschluss des Verkaufs könnte sich durch die Prüfung der Wettbewerbsbehörden noch wochenlang hinziehen.

Das Problem sehen wohl auch die potenziellen Käufer. Laut „Bild am Sonntag“ will etwa die Lufthansa bis zu 100 Millionen Euro Betriebskosten in der Übergangszeit übernehmen. Für die Käufer ist Air Berlin nur interessant, solange der Flugbetrieb weitergeht. Sollten die Maschinen am Boden bleiben, gingen die lukrativen Start- und Landerechte verloren.

Wissel sagte, er sehe auch die British-Airways- und Iberia-Mutter IAG nach wie vor im Rennen. IAG sowie auch Condor und der Niki-Gründer Niki Lauda hätten seriöse und gute Konzepte eingereicht. „Die werden sich nicht so leicht abspeisen lassen.“

IAG selbst wird nach eigener Einschätzung im Buhlen um Teile der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin voraussichtlich den Kürzeren ziehen. IAG-Chef Willie Walsh bestätigte auf einer Branchenkonferenz am Montag in Barcelona erstmals offiziell das Interesse der Briten an der zweitgrößten deutschen Airline. „Wir haben ein bindendes Angebot für Teile von Air Berlin eingereicht, aber ich glaube, es ist keine Überraschung, dass die Lufthansa es bekommen wird“, sagte Walsh. Der Bieterprozess sei darauf ausgelegt gewesen, es dem deutschen Branchenprimus leicht zu machen, monierte er. „Aber wir müssen abwarten, wir haben bisher noch nichts offiziell gehört"“ wurde Walsh weiter auf der Internetseite der Konferenz zitiert. Eine IAG-Sprecherin bestätigte die Äußerungen.

Mit Blick auf Flugbuchungen bei Air Berlin betonte Wissel: „Alle Flugverbindungen, die heute bei Air Berlin für die kommenden Wochen gebucht werden, sind risikobehaftet. Es kann zu Umbuchungen und Stornierungen kommen. Das gilt für Kurz-, Mittel- und Langstrecken.“ Das sieht auch Felix Methmann, Reiserechtsexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband, so: „Man kann keinem Kunden empfehlen, derzeit einen Flug mit Air Berlin zu buchen.“

Die Gefahr allgemein steigender Ticketpreise sieht der Reiseexperte derzeit aber nicht. „Es sind weder ein Monopol noch steigende Preise für Kunden zu befürchten“, sagte Methmann der Nachrichtenagentur dpa. Die Marktanteile der Lufthansa im deutschen Markt würden Prognosen zufolge zwar auf knapp 50 Prozent steigen. Für den Fall, dass dies so kommen sollte, betonte Methmann: „Wichtig ist nur, dass auf allen innerdeutschen Strecken noch Wettbewerb herrscht.“


KONTEXT

Das ist Air Berlin

Boom der Billigflieger

Die 1978 gegründete Fluggesellschaft Air Berlin ist mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweigrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca. 2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm.

Zu viel gewollt

Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise. Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen. Im Jahr 2016 betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft.

Flug in die Insolvenz

Im August 2017 zieht Etihad die Reißleine: Der Hauptaktionär erklärt, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Air Berlin stellt daraufhin beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.