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Madrid bekommt die Corona-Pandemie nicht in den Griff

In Teilen der spanischen Hauptstadt dürfen Bewohner ihr Viertel nicht verlassen. Um die Lage unter Kontrolle zu bekommen, ruft die Regionalregierung nun den Staat zur Hilfe.

Am Sonntagabend ertönten in der Madrider Oper Teatro Real laute Buhrufe. Die Zuschauer auf den oberen Rängen protestierten gegen den fehlenden Mindestabstand zu ihren Nachbarn – und zwar so vehement, dass die Vorstellung abgesagt werden musste.

Der Vorfall zeigt, wie gereizt die Stimmung in der spanischen Hauptstadt ist. Dort kriegen die Behörden die explodierenden Corona-Infektionen nicht in den Griff und schränken nun erneut die Bewegungsfreiheit der Bewohner ein: Seit Montag dürfen 850.000 der rund sechs Millionen Einwohner der Region ihre Wohnviertel möglichst nicht verlassen.

Was in Madrid bereits Realität ist, könnte dem Rest Europas diesen Winter drohen: Überall steigen die Fallzahlen, die Angst vor einer zweiten Welle ist groß. Die ist für die Bürger eine Gefahr und auch für die Wirtschaft. Die spanische Zentralbank hat ihre Konjunkturprognose bereits revidiert.

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Die Chefin der Madrider Regionalregierung, Isabel Díaz Ayuso, hat nun den Staat um Hilfe gerufen und sich am Montag mit dem spanischen Regierungschef Pedro Sánchez getroffen. Der versprach ihr Unterstützung von Militärs, Gesundheitsexperten und der nationalen Polizei. Letztere soll helfen, die neuen Restriktionen zu kontrollieren.

Diese beschränken sich bislang vor allem auf den ärmeren Süden der Hauptstadt. Die Infektionsrate dort lag in den vergangenen zwei Wochen bei mehr als 1000 Fällen pro 100.000 Einwohnern, während es in Madrid insgesamt 683 Fälle sind – mehr als in jeder anderen Regionen in Europa.

In Spanien liegt der Wert bei 268 – und auch das ist ein europäischer Rekord. In Frankreich – dem am zweitstärksten betroffenen Staat – liegt der Wert nach Angaben des Europäischen Zentrums für Seuchenprävention und -bekämpfung (ECDC) bei 186 Fällen, in Großbritannien sind es 69 und in Deutschland 26.

Mangelnde Vorbeugung der Politik

Zwar hat anders als im März rund die Hälfte der Infizierten keine Symptome. Aber die schiere Zahl der Fälle sorgt dafür, dass sich in Madrid Krankenhäuser und Intensivstationen wieder füllen. 22 Prozent aller Betten in Madrider Hospitälern belegen Covid-Patienten. „Das Virus ist weniger tödlich und weniger schnell, aber es bleibt sehr gefährlich“, sagte Sánchez nach seinem Treffen mit Ayuso.

Die hatte beschlossen, dass 850.000 Madrider ihre Viertel nur noch verlassen dürfen, um arbeiten, einkaufen, zum Arzt und zur Schule zu gehen oder sich um Pflegebedürftige zu kümmern. Bars und Restaurants müssen ab 22 Uhr schließen. „Wenn wir diese Maßnahmen einhalten, dann brauchen wir keine weiteren“, versprach Díaz Ayuso. „Die totale Ausgangssperre ist die letzte aller Maßnahmen.“

Ein Grund für die desaströse Lage ist die mangelnde Vorbeugung der Politik. Nach dem Ende des Alarmzustands Mitte Juni sind wieder die 17 Regionen für die Gesundheitspolitik zuständig. Die meisten haben nicht für genug Kontrolleure gesorgt, die die Kontakte von Infizierten zurückverfolgen. Sánchez hatte ihnen vor einigen Wochen dafür rund 2700 Militärs zur Verfügung gestellt, die sie abrufen können.

Madrid ist als wirtschaftliches Zentrum Spaniens eine Region mit besonders viel Reisenden, was sie anfälliger für das Virus mache, erklärte Ayuso. Experten gehen davon aus, dass die Regionalregierungschefin sich lange mit weitreichenden Einschnitten im Kampf gegen das Virus schwergetan hat, weil sie zuvor Sánchez immer wieder für die harte Ausgangssperre im März kritisiert hatte, die der Wirtschaft damals sehr zusetzte. Das Treffen der beiden beendet nun diese Konfrontation. Sie vereinbarten, eine „Gruppe Covid“ zu bilden, die wöchentlich tagt und nötige Maßnahmen zur Eindämmung des Virus berät.

Zahlreiche Reisewarnungen gegen Spanien

Für die spanische Wirtschaft ist die Wucht der zweiten Welle eine Katastrophe. Sie sorgte im August für zahlreiche Reisewarnungen gegen Spanien. Der Tourismus ist die größte Branche des Landes und macht zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung aus.

Wegen der vielen neuen Fälle hat die spanische Zentralbank in der vergangenen Woche ihre Konjunkturprognose gesenkt: Sie hält nun einen Einbruch von 10,5 bis 12,6 Prozent in diesem Jahr für möglich und erwartet eine schleppendere Erholung. Die soll 2021 bei 4,1 bis 7,3 Prozent liegen. Im Juni hatte die Zentralbank noch mit einem Einbruch von 11,6 Prozent und einem Wachstum von 9,1 Prozent im Jahr 2021 gerechnet.