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„In die Märkte ist wieder Leben eingekehrt“

Die Wirtschaftslage im Euro-Raum ist gut. Mario Draghi muss daher die Märkte heute langsam auf eine weniger expansive Geldpolitik vorbereiten. Doch gleichzeitig will der Notenbankchef starke Ausschläge vermeiden.

Wenn Mario Draghi an diesem Donnerstag vor die Presse tritt, wird er eines sehr genau im Hinterkopf haben: Seine Rede im portugiesischen Sintra Ende Juni – die ein kleines Beben an den Märkten auslöste. Draghi hatte sich optimistisch über die Wirtschaft im Euro-Raum geäußert und die weiter niedrige Inflation vor allem auf temporäre Faktoren zurückgeführt. Das interpretierten Investoren als Signal dafür, dass die Notenbank ihre Geldpolitik schneller straffen könnte.

Stimmen aus der Notenbank sprachen später von einem Missverständnis. Draghi habe lediglich zur Sprache gebracht, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, sagt Achim Stranz, Chefanlagestratege bei Axa Investment Managers. „Das derzeitige Anleihekaufprogramm der EZB ist nicht unendlich“, sagt er.

Dennoch haben die Märkte sehr sensibel reagiert. Das hängt damit zusammen, dass sich die EZB derzeit in der Phase des Umsteuerns in der Geldpolitik befindet. Das hat bisweilen zur Folge, dass selbst kleine Änderungen eine große Wirkung entfalten können, wenn sie die langfristigen Erwartungen beeinflussen. Auf der Ratssitzung der Notenbank an diesem Donnerstag könnten sich Mario Draghi und seine Kollegen wiederum ein kleines Stück in Richtung Ausstieg bewegen – doch in der jetzigen Phase ist jeder Schritt ein Balanceakt.

Es sei wieder Leben in die Geldmärkte des Euro-Raums zurückgekehrt, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer: „Das ist normal, wenn man bedenkt, dass die EZB bald ankündigen dürfte, ihre Anleihekäufe im kommenden Jahr schrittweise einzustellen.“ Viele Ökonomen rechnen damit, dass die Notenbank dies bei ihrer Sitzung im September verkündet. Bislang kauft die EZB für monatlich 60 Milliarden Euro Staatsanleihen der Euro-Länder. Damit will sie die Inflation im Währungsraum in Richtung des mittelfristigen Ziels von knapp unter zwei Prozent bringen.

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Von ihrem Inflationsziel ist die EZB aber noch weit entfernt. Zuletzt stieg die Teuerungsrate im Euro-Raum um nur 1,3 Prozent – und im Juni hatte die Notenbank ihre Inflationsprognosen für die nächsten Jahre gesenkt. Das hatte dazu geführt, dass zunächst die Anleihekurse stiegen und die Renditen sanken. Mit seiner rhetorischen Kehrtwende zur Inflation in Sintra erwischte Draghi dann die Investoren auf dem falschen Fuß, die auf noch länger laufende Anleihekäufe der EZB und somit auf steigende Anleihekurse gewettet hatten.

Der Chefvolkswirt der Berenberg-Bank, Holger Schmieding, erwartet, dass die EZB ihren Stimulus nur sehr gemächlich einschränkt. Dies werde sie wohl auch am Donnerstag klarmachen. Im Vorfeld der Ratssitzung haben sich führende Notenbanker unterschiedlich geäußert.


Chefvolkswirt Praet mahnt zur Vorsicht

Der französische Notenbankchef François Villeroy de Galhau verwies darauf, dass die EZB bereits begonnen habe, ihre Geldpolitik anzupassen. Es gebe Fortschritte beim Erreichen des Inflationsziels und bei der wirtschaftlichen Erholung. „In Zukunft, und das wird unsere Entscheidung im Herbst sein, werden wir damit weitermachen, die Intensität unserer Geldpolitik anzupassen“, sagte er.

Dagegen hob EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hervor, dass die EZB mit der derzeitigen Inflationsrate noch nicht zufrieden sein könne und weiter eine „lange Phase“ expansiver Geldpolitik nötig sei.

Experten erwarten, dass die EZB am Donnerstag ihr Eingangsstatement an einigen Stellen anpassen und Passagen weglassen könnte, die als überholt gelten. So könnte sie die zuletzt stets bekräftigte Option streichen, die Anleihekäufe nötigenfalls noch einmal aufzustocken. Dies wäre ein weiteres vorsichtiges Signal an die Finanzmärkte für eine etwas weniger expansive Geldpolitik.

Letztlich muss die EZB immer wieder abwägen: Klare Ansagen reduzieren die Unsicherheit der Märkte über die nächsten Schritte – andererseits schränken sie die Notenbank auch in ihrer Flexibilität ein. Ähnlich wie der Start und die Landung eines Flugzeugs häufig mit Turbulenzen verbunden sind, müssen sich die Märkte auch bei Beginn und Ende der Anleihekäufe auf Schwankungen einstellen. Für Mario Draghi bedeutet dies, dass er sich wohl noch vorsichtiger äußert als sonst.

KONTEXT

Zentralbanken und Negativzinsen

Japan

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): 0,0 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,1 Prozent

Schweiz

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): -0,75 Prozent (15.01.2016)

Einlagenzinssatz für Banken: gestaffelt -0,75 Prozent

Dänemark

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): 0,05 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,65 Prozent

Schweden

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): -0,5 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,5 Prozent

Euro-Zone

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): 0,0 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,4 Prozent

KONTEXT

Best of Mario Draghi

3.11.2011

"Wir werden von niemandem gedrängt. Wir sind unabhängig. Wir bilden uns unsere eigene Meinung. Das ist es."

(Draghi bei seiner ersten Pressekonferenz nach seinem Amtsantritt am 3.11.2011 in Frankfurt)

26.7.2012

"Die EZB ist bereit, im Rahmen ihres Mandats alles zu tun, was nötig ist, um den Euro zu retten. Und glauben Sie mir: Es wird genug sein."

(Draghi am 26.7.2012 in London)

3.4.2014

"Der EZB-Rat ist sich einig, dass die EZB gegebenenfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen ihres Mandats einsetzen wird, um die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflationsraten in den Griff zu bekommen."

(Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates am 3.4.2014 in Frankfurt)

26.5.2014

"Wir werden nicht zulassen, dass die Inflation zu lange auf zu niedrigem Niveau bleibt."

(Draghi am 26.5.2014 bei einer EZB-Konferenz im portugiesischen Sintra)

5.6.2014

"Das ist ein bedeutendes Maßnahmenpaket. Sind wir schon am Ende? Nein. Wir sind hiermit nicht am Ende, solange wir uns im Rahmen unseres Mandates bewegen."

(Draghi am 5.6.2014 in Frankfurt nachdem die Notenbank ein ganzes Bündel von Maßnahmen gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche im Euroraum beschlossen hat)

4.9.2014

"Wir mussten etwas tun, das ist unsere Pflicht."

(Draghi am 4.9.2014 in Frankfurt zum EZB-Beschluss, Kreditverbriefungen und Pfandbriefe zu kaufen)

22.1.2015

"Ich könnte ein paar Witze dazu erzählen. Aber ich lese einfach noch mal das Eingangsstatement vor. Denn das ist alles, was wir heute sagen können. Und ich vermeide Witze in dieser Sache lieber."

(Draghi am 22.1.2015 auf die Frage eines Journalisten: "War's das jetzt? War's das - oder können die Leute erwarten, dass die Geldpolitik demnächst noch verschärft wird?")

3.9.2015

"Wir haben den Willen und die Fähigkeit zu reagieren, falls dies notwendig ist."

(Draghi am 3.9.2015 zu einer möglichen Ausweitung des Anleihenkaufprogramms)

9.3.2017

"Unsere Geldpolitik war erfolgreich."

(Draghi am 9.3.2017 zum Anstieg der Inflation auf zwei Prozent)

9.3.2017

"Es gibt nicht mehr das Gefühl, dass das Risiko einer Deflation drängend ist."

(Draghi am 9.3.2017 zum Erfolg seiner expansiven Geldpolitik)