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Leerlaufkräne, Baulöcher, verärgerte Käufer: Adler unter Druck

(Bloomberg) -- “Im Himmel Überlin” prangt auf dem Werbeplakat im Berliner Stadtteil Steglitz, wo das Gerippe eines ehemaligen Büroturms in den grauen Herbsthimmel ragt.

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Schon im kommenden Jahr, so jedenfalls steht es im Verkaufsprospekt, sollen die ersten Besitzer ihre Luxuswohnungen in dem neuen Turm beziehen. “Ein Lebensgefühl wie in Manhattan” wird versprochen, eine “atemberaubende Aussicht hin zum Grunewald und den vielen Seen im Umland”, das ganze “in bester Wald- und Landluft”.

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Doch der Zeitplan mutet zunehmend unrealistisch an. Der 120-Meter-Monolith ist seit Jahren ein Skelett und in ein Baugerüst verpackt. Ein Kran zieht einsam seine Runde durch den Himmel, ohne dass es erkennbare Arbeit oder Fortschritt gibt.

Nicht viel anders sieht es im Stadtteil Mitte aus, wo unweit des Adlon Hotels und der britischen Botschaft eine Baugrube klafft. Nach dem Abriss von DDR-Plattenbauten sollte hier das so genannte Wilhelm entstehen, ein Block für anspruchsvollen Einzelhandel und Wohnungen. Doch auch hier ist von Fortschritt keine Spur außer einem klaffenden Loch im märkischen Sand.

Die beiden Projekte sowie ein Dutzend anderer, an denen es keinen nennenswerten Fortschritt gibt, gehören der Adler Group SA, dem unter Beschuss geratenen Immobilienkonzern, dem von Investoren – insbesondere Leerverkäufern wie Fraser Perrings Viceroy Research – vorgeworfen wird, auf Betrug aufgebaut zu sein. Adler bestreitet die Vorwürfe.

Adler ist am deutschen Wohnungsmarkt eine nennenswerte Nummer, befindet sich jedoch seit einiger Zeit auf radikaler Schrumpfkur. In den letzten Monaten hat das Unternehmen gut 40% seines Portfolios zum Kauf angeboten, um seine Bilanz aufzubessern. Laut Adler haben die Käufer mehr als den Marktpreis geboten, allerdings gibt es bisher nur Absichtserklärungen, in trockenen Tüchern sind die Deals noch nicht.

Das Überlin sollte eigentlich einem ganzen Stadtteil zu neuem Glanz verhelfen. Das ehemalige Rathaus in Steglitz stand lange leer, eine dunkle, asbestverseuchte Fehlplanung aus vergangener Zeit. Mit viel Glas und Metall sollte auch der darunterliegende, heruntergekommene Steglitzer Kreisel wieder auferstehen. Aber das Verkaufsbüro ist seit Monaten geschlossen, die Bauaufsicht ist abgeriegelt, auf die Türklingel reagiert an diesem Mittwoch Ende Oktober niemand.

“Man bekommt als Investor keine Information, das ist schon unüblich, gerade bei solchen Prestigeprojekten”, sagt Andre Gaufer, der sich bereits 2018 eine Wohnung im 19. Stock des Überlin gesichert hatte und sich seitdem fragt, wie es weitergeht. Die letzte Auskunft gab Adler vergangenes Jahr im März, als coronabedingt von einem Baustopp die Rede war. Seitdem korrespondiert Gaufer nurmehr mit Adlers Anwälten.

Adler, hinter dem die Familie des österreichischen Finanziers Cevdet Caner steht, besitzt 70.000 Wohnungen, davon 20.000 in Berlin. Caner gab sich in einem Interview vor kurzem noch optimistisch. Man könne opportunistisch an Objektverkäufe denken, auch im Entwicklungsgeschäft, wie etwa beim Überlin.

“Es gibt so viel Nachfrage nach solchen Assets derzeit, der Markt ist heiß”, so Caner damals. Zum schleppenden Fortschritt an den Baustellen wollte sich Adler allerdings nicht weiter äußern.

An der Berliner Bundesallee findet sich ein Projekt, das von der Consus Real Estate AG betreut wird, einer Tochter von Adler. Und auch hier hinkt man seit dem Start 2016 weit dem Zeitplan hinterher. Am UpperNord Quarter der Consus in Düsseldorf ist wenig zu sehen außer ein paar Kränen, die einsam in der Baugrube stehen.

Die geplanten Veräußerungen haben den Aktienkurs von Adler nicht stabilisieren können. Im laufenden Jahr sind die Papiere um 58% gefallen. Zudem haben die Verkäufe das Portfolio weiter in Richtung Entwicklungsprojekte wie Überlin und Wilhelm verschoben, was mehr Risiko birgt als die steten Einnahmen im Mietbereich.

Seit Wochen kämpft Adler mit Negativschlagzeilen. Perrings Viceroy Research bezeichnet in einem vielzitierten Bericht Adler als “eine Brutstätte des Betrugs, der Täuschung und der finanziellen Falschdarstellung, die darauf abzielt, ihre wahre Finanzlage zu verschleiern, die düster ist”.

Adler weist die Vorwürfe zurück und gibt an, der Wert seines Immobilienportfolios sei von unabhängigen Gutachtern attestiert worden. Die Bauprobleme stammten noch au seiner Zeit vor dem Zusammenschluss mit zwei anderen Firmen im letzten Jahr, und das neue Unternehmen sei mit der Bereinigung dieser Altlasten beschäftigt.

“Bei der Bewertung des Entwicklungsportfolios gibt viel mehr Raum für Subjektivität”, sagt David Shnaps, Senior Analyst bei Creditsights Ltd. und verweist auf Adlers “zweifelhafte Vorgeschichte” bei solchen Objekten. “Das vergrößert den Spielraum für Unsicherheit.”

In der Tat unterliegt Adlers Portfoliowert einer intensiven Beobachtung. Savills Plc in London sollte vor dem Zusammenschluss der Adler-Gruppe im vergangenen Jahr eine Bewertung vornehmen, war aber zunehmend besorgt über Druck von Seiten der Firmenleitung, die Werte nach oben zu schrauben, berichten mit der Situation vertraute Personen. Ein robuster Dialog sei zwar nicht außergewöhnlich in der Branche, jedoch sei Adler über das übliche Maß hinausgegangen.

Die Adler-Saga spielt sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines Wohnungsmarktes ab, der sich möglicherweise gerade einem Wendepunkt nähert. In den letzten zehn Jahren sind Mieten und Preise nur nach oben gegangen, zunächst unterstützt durch einen attraktiven Aufschlag auf die Anleiherenditen, der Private-Equity-Firmen dazu verleitete, Wohnungen vom Staat zu kaufen.

Ein plötzlicher Bevölkerungsanstieg, gepaart mit einem nur mäßigen Entwicklungsvolumen, trug zum Wachstum des Sektors bei; es entstanden riesige börsennotierte Vermieter. Prognosen zeigen jedoch, dass sich das Bevölkerungswachstum abschwächt. Auch die Politik scheint angesichts verbreiteten Unmuts in der Wählerschaft aufgewacht zu sein und will die Bautätigkeit drastisch erhöhen.

Zudem sorgt die steigende Inflation dafür, dass die Zinsen bald wieder steigen dürften. Da Mietverträge in Deutschland üblicherweise nicht an die Inflation angepasst werden, könnte sich dies negativ auf Bewertungen auswirken.

Auch für den Überlin-Käufer Andre Gaufer sieht die Zukunft ungewiss aus. In den Anwaltsschreiben von Adler wurde ihm nahegelegt, vom Kauf zurückzutreten oder Änderungen zuzustimmen, die den Wert seiner Immobilie deutlich schmälern würden, sagt er. Er hat vor Gericht auf die Einhaltung des Vertrages geklagt.

“Das ziehe ich jetzt durch”, sagt Gaufer. “Ich sehe nicht ein, warum ich kuschen sollte. Das Recht ist für alle gleich.”

Überschrift des Artikels im Original:Idle Cranes, Empty Holes and Angry Buyers Pile Pressure on Adler

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