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Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine überschattet das Champions-League-Finale

Russland und die Ukraine sind sich so fremd wie nie zuvor. Beim Champions-League-Finale in Kiew, das Real Madrid gewann, war der russische Sponsor Gazprom unerwünscht.

Kiew hatte sich herausgeputzt. Der sonst viel befahrene Prachtboulevard Chreschatik war autofrei, zwischen den herrschaftlichen Stalinbauten waren Zelte zur Fanmeile aufgebaut, es dröhnte Musik. Wer die ukrainische Hauptstadt, in der am Samstagabend Real Madrid mit einem 3:1-Sieg über Liverpool den Titel in der Champions League gewann, noch vom Endspiel der Fußball-EM 2012 kennt, reibt sich die Augen.

Nach der Revolution der Würde, an dessen Ende der damals noch herrschende Kleptokrat Viktor Janukowitsch durch Massendemonstrationen auf eben diesem Prachtboulevard abgesetzt wurde, sprossen kleine Läden und Cafés wie Kiews sprichwörtliche Kastanien aus dem Boden.

Bunte Plakate eines holländischen Bierproduzenten, eines Kreditkartenanbieters, einer Chipsmarke und anderer Sponsoren der Uefa, Europas Fußballverband, hängen über der Straße, auf der Vitali Klitschko, Kiews Oberbürgermeister, an vielen Tagen auf dem Mountainbike zur Arbeit ins Rathaus am Chreschatik radelt.

Nur die blaue Flamme, das Symbol von Gazprom, ist nirgends groß zu sehen. Denn der Kremlkonzern, der weltgrößte Gasproduzent, ist zwar Uefa-Topsponsor – aber in der Ukraine unerwünscht. Er hat dem Land den Gashahn abgedreht. Nun importiert die Ukraine Erdgas – auch russisches – aus Europa.

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Gazprom schuldet nach einem Urteil des Stockholmer Internationalen Schiedsgerichts dem ukrainischen Staatskonzern Naftogaz Milliarden. Russland und die Ukraine sind sich so fremd wie nie zuvor. Aber das tat der Feierlaune in Kiew keinen Abbruch.

Die Ukraine heute ist eine andere als vor sechs Jahren. Politisch, wirtschaftlich, moralisch. Politisch, weil das Land inzwischen mit der EU assoziiert ist und mit Russlands Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 sowie dem Krieg mit dem großen Nachbarn im Osten der Ukraine einen hohen Preis zahlen musste. Denn wirtschaftlich ging es danach bergab.

Das Aus des Handels mit dem übermächtigen Nachbarn grub sich tief in die Bilanzen der ukrainischen Unternehmen. Doch inzwischen haben sie sich wieder etwas gefangen. Erstmals seit dem Krieg stand mit 3,1 Prozent Wirtschaftswachstum wieder eine drei vor der Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im ersten Quartal, was gleichbedeutend mit einem Plus von 0,9 Prozent gegenüber den letzten drei Monaten 2017 war.

Die Ukraine könnte wieder zur Kornkammer der Welt werden

SP Advisors, ein auf Osteuropa spezialisiertes Investmenthaus, rechnet mit 3,1 Prozent Wachstum für das gesamte Jahr – so viel wie seit 2011 nicht mehr. Der Einzelhandelsumsatz legte um sieben Prozent zu, die Industrieproduktion im April um drei Prozent.

Deutsche Autozulieferer haben das große Land gleich hinter der EU-Außengrenze immer stärker als Produktionsstandort entdeckt. Kabelbäume, Plastikteile und handgenähte Ledersitzbezüge made in Ukraine stecken inzwischen in vielen deutschen Autos.

BMW hat einen großen Showroom an der achtspurigen Chaussee, die vom Flughafen in die Hauptstadt führt. Dort dreht sich auch groß das Bayer-Kreuz, BASF grüßt mit riesigem Plakat gleich in der Ankunftshalle. Denn vor allem die Landwirtschaft bietet enormes Potenzial. Die Ukraine ist auf dem Weg, wieder zur Kornkammer der Welt zu werden.

Doch es könnte alles noch besser sein, wenn die Politik mitspielen würde. Wenn in der Werchowna Rada, dem Landesparlament, endlich das Gesetz zur Schaffung eines Anti-Korruptions-Gerichtshofs verabschiedet würde, könnte der zugesagte Standby-Kredit des Internationalen Währungsfonds ausgezahlt werden und die Ukraine aus dem sich zu drehen beginnenden Strudel befreien.

Wegen der Turbulenzen in der Türkei und Argentinien droht der Ukraine der Todeskuss aus rasant fallender Währung, Schwierigkeiten, die ausstehenden Milliarden-Kredite bedienen zu können, Hyperinflation und drohendem Staatsbankrott.

Eine weitere Folge des Krieges im Osten der Ukraine ist, dass Vereine wie Sorja Luhansk oder der vielmalige Uefa-Teilnehmer Schachtar Donezk, den die von Russland unterstützten Separatisten in ihre sogenannte Volksrepublik eingemeinden wollten, aus ihren angestammten Städten flohen. Sie tragen ihre Heimspiele nun in Kiew oder Saporischja im Süden oder Lemberg (Lwiw) im Westen des größten Flächenstaats Europas aus.

Die Korruption hat das Land weiter fest im Griff

Wie beim großen Nachbarn Russland, das in drei Wochen der Gastgeber der Fußball-WM sein wird, stecken auch hier hinter den großen Fußballklubs mächtige Oligarchen. Bei Schachtar ist dies Rinat Achmetow, der Kohle-, Stahl- und Telekom-Mogul, der aus Donezk fliehen musste. Die Korruption in der Ukraine ist so endemisch wie in Russland.

Auch deshalb kommt es in Kiew immer wieder zu Demonstrationen. Mit aufgebrachten Fußball-Fans und Hooligans oftmals in erster Reihe.

Russland steht aber kurz vor der Weltmeisterschaft der Ballkünstler wieder massiv in der Kritik, seit die Ermittler in den Niederlanden am Donnerstag den Kreml faktisch eines Kriegsverbrechens bezichtigten: Es sei eindeutig eine aus Russland in die Ostukraine gebrachte Buk (Buche) Rakete gewesen, mit der die von Russland gelenkten Separatisten das malaysische Flugzeug mit der Flugnummer MH17 über der Ostukraine abschossen.

An Bord der Boeing-777 der Malaysia Airways von Amsterdam nach Kuala Lumpur kamen am 17. Juli 2014 alle 298 Insassen, darunter 80 Kinder und 15 Besatzungsmitglieder, ums Leben.

Seit der Bekanntgabe der holländischen Ermittler, dass eindeutig Russland für den Abschuss der Zivilmaschine verantwortlich ist – was Moskau lange Zeit der ukrainischen Armee in die Schuhe schieben wollte – mehren sich die Stimmen die ein Boykott der WM in Russland fordern.