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Kommentar: Warum die Corona-Regeln auch für Gottesdienste gelten sollten

Religion schützt bekanntlich vor Dummheit nicht. Und vor einer Infektion mit dem Coronavirus erst recht nicht. Warum die Ausnahme für Gottesdienste schwer zu begreifen ist. Ein Kommentar von Moritz Piehler.

Guter Hinweis an einer US-amerikanischen Kirche: Auch der Gottesdienst feit nicht vor Ansteckung mit dem Covid-19 Virus. (Symbolbild: Getty)
Guter Hinweis an einer US-amerikanischen Kirche: Auch der Gottesdienst feit nicht vor Ansteckung mit dem Covid-19 Virus. (Symbolbild: Getty)

Eigentlich bereitete sich Deutschland gerade auf die ab heute geltenden “Lockdown-Light”-Einschränkungen vor. Doch viele Menschen nutzten das letzte Oktober-Wochenende noch einmal für einen Restaurant- oder Kino-Besuch. Oder sie gingen gleich demonstrieren, wie in München die sogenannten Querdenker. Doch diesmal benutzten die Teilnehmer dieser immer noch schwer zu durchschauenden Mischung aus Esoterikern, Verschwörungstheoretikern, Rechten und ernstlich Besorgten einen besonderen Kniff.

Sie setzten nicht nur auf das demokratisch verbriefte Demonstrationsrecht um protestieren zu dürfen. Sie nutzen eine Ausnahmeregel in den Corona-Vorgaben und deklarierten ihre Demonstration kurzerhand zum Gottesdienst. Das führte zu skurrilen Bildern mit betenden Corona-Gegnern und dem TV-Priester Jürgen Fliege auf der Theresienwiese.

Vor allem aber haben die Teilnehmer ihren größten Wunsch erfüllt bekommen. An einem Gottesdienst darf man ohne Maske teilnehmen, solange man sich nicht von seinem Platz bewegt. Was dort in München aufgeführt wurde, war wie ein absurdes Theaterstück, dass das ganze Dilemma der Corona-Verordnungen vor Augen führte.

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Feiern im Zeichen Gottes?

Denn wenn das so einfach ist, dann können wir ja ab sofort den Stadionbesuch zum religiösen Event erklären. Das ist er für viele sowieso schon, warum also nicht mit dem Label “Gottesdienst” versehen, der offenbar unansteckbar macht? Jede Privatparty könnte schlicht zu einer andächtigen Adventsfeier umdeklariert werden, um so wieder legal zu werden, jedes Fitnessstudio unter dem Vorwand, dem Körper als Tempel zu huldigen, wieder öffnen.

Was könnte nicht alles als Gottesdienst umgewidmet werden! Dem Einen das Gourmet-Restaurant, dem Anderen das Theater als kultureller Weihort... Neil Gaimans American Gods lässt grüßen. Doch gerade geht es darum, dass jeder auf Dinge verzichtet, die ihm lieb sind, vielleicht sogar schmerzhaft, doch zum langfristigen Wohle aller. Auch das ist Demokratie.

Besonders im zweiten Lockdown kommt es jetzt für die Politik aber darauf an, die Menschen mitzunehmen. Unter anderem indem Einschränkungen und Verbote transparent und nachvollziehbar sind. Das ist und war nicht in allen Fällen so und es macht es den Bürgern schwerer, die Einschnitte in die persönliche Freiheit hin zu nehmen. Dass es gerade die “Corona-Zweifler” sind, die sich eine dieser unverständlichen Ausnahmen zu Nutzen macht, grenzt schon fast an Hohn. In vielerlei Hinsicht ist die Corona-Pandemie so auch zu einer Belastungsprobe demokratischer Strukturen geworden.

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Das Dilemma der Verhältnismäßigkeit

Wenn also die Politiker vermeiden wollen, dass sich mehr und mehr Menschen bei den Skeptikern einreihen, dann sollte eine Farce wie in München in Zukunft tunlichst vermieden werden. Dass für manche Menschen Glaube ein Halt sein kann, ist in solch unsicheren Zeiten unbestritten. Dass Gemeinden in ihrer Funktion besonders für ältere Menschen sozial wichtig sind, ebenso.

Doch geht es nicht eigentlich um den Schutz genau dieser Menschen? Und sollten nicht gerade deshalb Regeln gelten, die ähnlich streng sind, wie Hygienevorschriften in Kinos oder Theatern, die trotz ihrer mühsam errungenen Konzepte nun wieder schließen müssen?

Auch nach acht Monaten Corona befindet sich die Politik offensichtlich noch in einem Lernprozess, was die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen angeht. Soll der zweite Lockdown nicht in einem großen Vertrauensverlust enden, sollten sie diesen beschleunigen und bei den Regeln - und deren Vermittlung- schleunigst verständlich und transparent nachbessern.

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