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Kohlegegner protestieren gegen RWE

Nach der Abspaltung der erneuerbaren Energien ist RWE – Deutschlands größter Kohleverstromer – noch mehr zum Feindbild der Umweltaktivisten geworden. Die nutzten das Aktionärstreffen für ihren Protest.

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz war auf die Störung vorbereitet. Vor einem Jahr saß er als Vizechef auf dem Podium der Hauptversammlung in der Essener Grugahalle – und musste erleben, wie die Rede seines Vorgängers Peter Terium immer wieder von Zwischenrufen der Kohlegegner unterbrochen wurde. Einzelnen Aktivisten gelang es sogar die Bühne zu stürmen.

Auch in diesem Jahr starteten die Kohlegegner während Schmitz' Rede ihre Attacke. „Kohle zerstört das Klima“, skandierten sie von mehreren Standorten im Versammlungssaal. Auf die Bühne gelangten sie aber nicht. RWE hatte vorsorglich im Abstand von fünf Metern Sicherheitspersonal postiert.

Schmitz musste seine Rede nur kurz unterbrechen – und verteidigte den umstrittenen Energieträger: „Die Braunkohle ist und bleibt ein wichtiger Faktor für bezahlbare und sichere Energie“, sagte Schmitz. Derzeit trage Braunkohle 25 Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland bei.

RWE ist spätestens seit der Abspaltung der erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr ins neue Unternehmen Innogy das Feindbild Nummer eins der Umweltaktivisten unter den deutschen Energiekonzernen. RWE ist operativ seit der Abspaltung nur noch für den Großhandel und die umstrittene konventionelle Stromerzeugung zuständig. Strom erzeugt der Essener Konzern also mit Atom, Gas und vor allem Kohle. So ist RWE Deutschlands größter Kohleverstromer, fördert Braunkohle im Rheinland selbst und ist Europas größter Emittent des klimaschädlichen Kohlendioxids.

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Während Terium, der nach dem Börsengang von Innogy im Oktober die Leitung des neuen Unternehmens übernahm, am vergangenen Montag eine ruhige Hauptversammlung erlebte, wurde Schmitz schon vor der Halle von Protesten empfangen. „Kohlestopp, Kohlestopp, Kohlestopp“, rief ein Umweltaktivist ins Megaphon und gut zwei Dutzend Lobbyisten stimmten im Sprechchor mit ein. Der Aktivist stand auf einem ausrangierten alten Feuerwehrauto, das auf einem Gehweg vor der Essener Grugahalle geparkt war.

Wie in jedem Jahr waren Vertreter unterschiedlicher Umweltlobbyisten gekommen – von Urgewald, Attac oder auch den Grünen. Auf dem Gehweg zur Grugahalle hatten die Aktivsten ein rund 80 Meter langes Band gezogen. Die Botschaft war klar: Die Braunkohlebagger von RWE stehen an der roten Linie. Sie darf nicht weiter überschritten werden. „Kohle stoppen – Klima retten“, „Wald statt Kohle” oder „irRWEg stoppen“ steht auf Transparenten. Und die Drohung mit Widerstand: „Respect Existance or Expect Resistance“.


Innogy-Abspaltung ein „voller Erfolg”

Für den Nachmittag hatten sich Aktivisten auch als Redner angekündigt. Sie wollten nicht nur gegen die deutsche Braunkohle protestieren, sondern auch gegen den Import von Steinkohle.

Schmitz räumte ein, dass auch die Braunkohle „zum Klimaschutz beitragen“ müsse. RWE habe dafür aber schon einen „klaren Fahrplan“, nehme alte Anlagen vom Netz und wolle bis Anfang der 2030er Jahre den Ausstoß von Kohlendioxid um 40 bis 50 Prozent verringern. „Wir wissen sehr wohl, wie wir mit einem kleiner werdenden Braunkohlegeschäft umgehen werden”, sagte Schmitz.

Er machte aber zugleich klar, dass er die konventionellen Kraftwerke zur Absicherung der Stromversorgung auch langfristig für wichtig hält und deshalb auch für RWE eine Zukunft sieht: „RWE leistet einen wichtigen Beitrag, um die steigende Volatilität im Stromnetz auszugleichen. ... Das macht uns zu einem verlässlichen Partner der Energiewende.“

Aber auch neben der Debatte über Braun- und Steinkohle, stand Schmitz kein leichter Gang bevor. Er konnte zwar die Abspaltung von Innogy als nach eigenen Worten „vollen Erfolg” verkaufen – die Aktien wurden zum Höchstpreis abgenommen und brachten beim Verkauf der ersten 23 Prozent 2,6 Milliarden Euro ein. RWE selbst schloss das Geschäftsjahr aber mit einem Rekordverlust von 5,7 Milliarden Euro ab. Der Konzern musste milliardenschwere Abschreibungen auf die Kohle- und Gaskraftwerke vornehmen, weil die zunehmend von den erneuerbaren Energien aus dem Markt gedrängt werden. Daran gebe es „nichts zu beschönigen“, sagte Schmitz.

Vor allem aber lässt RWE zum zweiten Mal in Folge die Dividendenzahlung an die Stammaktionäre ausfallen. „Ich weiß, dass wir Ihnen damit das zweite Jahr in Folge viel abverlangen“, räumte Schmitz ein, „aber die Zahlen und Belastungen im abgelaufenen Jahr sprechen eine klare Sprache.“

„Der Dividendenausfall ist sehr schmerzhaft“, sagte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, zeigte aber auch Verständnis: „Die Ergebnissituation gibt aber nicht mehr her.“ Selbst Vertreter der kommunalen Aktionäre, die rund 24 Prozent der Anteile halten und die Dividenden teilweise fest eingeplant hatte, hatten nach anfänglicher Kritik zuletzt Verständnis für den Schritt geäußert. Positiv nahmen die Aktionäre auf, dass Schmitz für das laufende Jahr schon eine Dividende von 50 Cent in Aussicht gestellt hat.

„Wir tragen auch in diesem Jahr wieder den Vorschlag des Vorstands, die Zahlung einer Dividende auszuschütten, mit“, sagte Wolfgang Schäfer, Geschäftsführer beim westfälischen Teil des Verbands der kommunalen RWE-Aktionäre (VKA). Er lobte ausdrücklich den Vorstand, der die Weichen richtig gestellt habe: „Mit der Neuaufstellung hat RWE wieder die Handlungsfähigkeit, Flexibilität und den Spielraum für unternehmerisches Handeln wiedererlangt.“

Ernst Gerlach, Geschäftsführer beim rheinischen Teil des VKA, betonte aber, dass den Kommunen das nicht leicht falle. Viele Kommunen hätten für 2015 und 2016 in ihren Haushalten mit einer Dividende kalkuliert. Für 2016 seien sie dabei auch von den Erwartungen namhafter Analysten bestärkt worden. Deshalb sei es „umso ärgerlicher“ gewesen, dass die Dividende trotzdem kurzfristig ausgesetzt worden sei. Die Dividendenpolitik sei zuletzt für die Kommunen „nicht kalkulierbar und nicht erwartbar“ gewesen. Er begrüßte deshalb ausdrücklich, dass der Vorstand für das laufende Jahr und die folgenden Jahre ein Dividendenzahlung versprochen habe. „Die letzten Jahre waren nicht leicht - für RWE und für uns.“

Die Aktionäre sorgen sich aber über die langfristige Zukunft von RWE, nachdem das Gewinn versprechende Geschäft mit der Energiewende abgespalten wurde. „RWE hat eine reiche Tochter und lebt selbst in Tristesse“, sagte Winfried Mathes von Deka Investment. Bei RWE sei die „Dividendensituation“ deshalb „angespannt“.

Und selbst bei den Investoren wird der hohe Anteil von Kohle im Energiemix von RWE zunehmend kritisch bewertet. Thomas Deser, Portfoliomanager bei Union Investment, bezeichnete den hohen Kohlendioxid-Ausstoß von RWE als „traurigen Negativrekord“. Die seien schließlich auch gleichbedeutend mit hohen Kosten, weil RWE die Emissionsrechte kaufen müsse: „RWE muss alles daran setzen, die Kohlendioxid-Emissionen und damit die Kosten für die Aktionäre zu reduzieren – denn niemand sonst zahlt die Zeche!“

KONTEXT

Die kommunalen RWE-Aktionäre

Tradition

Schon kurz nach der Gründung der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk AG im Jahr 1898 beteiligten sich die Städte Essen, Mülheim und Gelsenkirchen. Nach und nach kamen weitere Kommunen dazu.

Vorteil

RWE pflegte stets eine enge Partnerschaft mit den kommunalen Aktionären, die auch Geschäftspartner sind. RWE betreibt in vielen Städten die Netze und verkauft den Strom an die örtlichen Stadtwerke. Die kommunalen Aktionäre gelten auch als Schutz gegen Übernahmen.

Nachteil

Bei anderen Aktionären stößt das Engagement der Kommunen regelmäßig auf Kritik. Sie werfen den Vertretern der Kommunen vor, im Aufsichtsrat die eigenen Standortinteressen voran zu stellen. Regelmäßig gab es auch Streit um Umstrukturierungen.

Ausstieg

Nach und nach steigen kommunale Aktionäre bei RWE aus. Vor einigen Jahren nutzten Städte wie Düsseldorf die hohen Kurse, jetzt treibt die Dividendenpolitik die Kommunen aus dem Unternehmen.