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Koalition will mehr Wagniskapital für Start-ups mobilisieren

Der neue Zukunftsfonds der Bundesregierung nimmt Gestalt an. Mit dem Milliardenpaket wollen Union und SPD Deutschland zu einem Topstandort für aufstrebende Firmen machen.

An hoffnungsvollen Start-ups herrscht in Deutschland kein Mangel. Viele Gründer tun sich aber schwer damit, nach vielversprechendem Start das Kapital für die schnelle Expansion ihrer Firmen einzusammeln. Sobald sie größere Finanzierungen von mehr als 20 oder 50 Millionen Euro benötigten, sei dies in neun von zehn Fällen nur mithilfe ausländischer Wagniskapitalgeber möglich, schreibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau in einer kürzlich veröffentlichten Studie. Die etwa von US-Fonds finanzierten Firmen wiesen somit „ein erhöhtes Abwanderungsrisiko auf“, warnen die Autoren.

Die vergleichsweise geringe Zahl von deutschen Start-ups mit einer Milliardenbewertung – sogenannten Einhörnern – alarmiert auch die Bundesregierung. Damit hierzulande eines Tages neue Tech-Unternehmen vom Schlage Googles oder Facebooks entstehen können, hatten Union und SPD bereits im vergangenen November vereinbart, einen rund zehn Milliarden Euro großen Zukunftsfonds einzurichten.

Die Verhandlungen zwischen den Häusern von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz liefen lange schleppend, auch wegen der Coronakrise. Inzwischen aber nimmt der neue Fonds Gestalt an: Die Gespräche seien „weit fortgeschritten“, sagte Thomas Jarzombek, der Beauftragte des Wirtschaftsministeriums für Digitale Wirtschaft und Start-ups, dem Handelsblatt. Bis Jahresende wollen die Koalitionspartner die verbliebenen Fragen klären, heißt es in der Bundesregierung, 2021 würden bereits die ersten Mittel zur Verfügung stehen.

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Mit den zehn Milliarden Euro an Steuergeldern will der Staat in private Fonds investieren und so laut Jarzombek bis 2030 „insgesamt 30 Milliarden Euro an Wagniskapital für Start-ups in Deutschland mobilisieren“. Damit stelle die Bundesregierung in Europa das mit Abstand größte Finanzierungspaket für junge Unternehmen auf die Beine, sagt der CDU-Politiker.

Die Gelder sollen laut den Plänen in neue und bereits existierende Fördertöpfe fließen. So wollen Union und SPD über den High-Tech Gründerfonds rund eine Milliarde Euro in junge Start-ups im sogenannten Deep-Tech-Bereich investieren, die lange Entwicklungszyklen haben.

Über KfW Capital, eine Tochter der staatseigenen Förderbank, sollen zwei Milliarden Euro in Start-ups fließen, die größere Summen benötigen. Mit weiteren drei Milliarden Euro soll sich der Europäische Investitionsfonds an schnell wachsenden Start-ups beteiligen, jeweils gemeinsam mit privaten Mitinvestoren.

Neuer Dachfonds geplant

Das neuartigste der insgesamt zehn Module ist ein Dachfonds, an dem sich der Staat und institutionelle Anleger wie Versicherungen, Stiftungen oder Versorgungswerke beteiligen sollen. Dieser Fonds wiederum investiert in verschiedene Venture-Capital-Fonds, die dann direkt Start-ups finanzieren. Wie bei einem Wasserfall fließen die Gelder so vom Dachfonds über Unterfonds zu Start-ups. Diese verschachtelte Konstruktion soll die Risiken möglichst breit streuen und damit minimieren.

Allerdings wird der neue Dachfonds zu Beginn voraussichtlich deutlich kleiner ausfallen als von vielen in der der Start-up-Szene erhofft: Eine Milliarde Euro soll der Fonds laut den Plänen zunächst umfassen, 600 Millionen davon an privatem Kapital.

Über die staatliche Absicherung will die Bundesregierung finanzstarke institutionelle Investoren dazu bewegen, langfristig mehr Mittel in heimische Wagniskapitalfonds zu investieren. Laut dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) summierte sich allein der Kapitalanlagebestand der deutschen Lebensversicherer 2019 auf knapp eine Billion Euro. Wegen der höheren Ausfallrisiken scheuen die Versicherungen aber bislang davor zurück, auch nur kleinere Summen als Wagniskapital zur Verfügung zu stellen.

Der neue Dachfonds will das ändern. Damit sei er an sich „das mit Abstand wichtigste Instrument“ des Zukunftsfonds, so David Hanf, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutsche Startups. Dass er nun aber nur eines von zehn Modulen sein werde, berge die Gefahr, „dass alles verschwimmt“, warnte Hanf bei einer Veranstaltung des Verbands vor wenigen Tagen.

Auch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hatte auf ein größeres Gewicht des neuen Instruments innerhalb des Zukunftsfonds gedrungen. Aber im Hause von Finanzminister Olaf Scholz gibt es Bedenken, die noch nicht vollständig ausgeräumt wurden. Das Ministerium warnt davor, der Staat dürfe bei Investitionen in Start-ups nicht zu hohe Risiken eingehen.

Denn: Bei dem angedachten Wasserfall-Modell würde zuerst der Staat einstehen, wenn die finanzierten Start-ups scheitern. Damit drohten mitunter hohe Verluste, heißt es im Bundesfinanzministerium (BMF), das müsse man sich klar vor Augen führen.

Allerdings würde der Staat auch stärker profitieren, wenn die Unternehmen erfolgreich sind und mit Gewinn verkauft werden oder an die Börse gehen. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Nadine Schön, verweist auf vergleichbare Dachfonds in den skandinavischen Ländern, die profitabel seien. Zudem fehlt aus Sicht des BMF bislang die klare Zusage der Versicherer, wirklich in größerem Stil in die Finanzierung von Start-Ups einzusteigen.

Man unterstütze zwar das politische Ansinnen, sagt Tim Ockenga, Leiter Kapitalanlagen beim GDV. Versicherer seien für Start-ups jedoch keine klassischen Ankerinvestoren: „Die Ausfallrisiken in diesem Segment sind hoch, und es gibt keine stabilen Cashflows.“ Doch gerade diese seien wichtig, um die Leistungsverpflichtungen der Versicherer gegenüber ihren Kunden finanzieren zu können.

Jarzombek aber will weiter Überzeugungsarbeit leisten: „Ich bin zuversichtlich, dass auch der darin enthaltene neue Dachfonds auf das Interesse privater Investoren stoßen wird, wenn sie die genaue Ausgestaltung sehen.“

Mehr: Warum es in Deutschland so wenige Tech-Börsengänge gibt.