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Alle wichtigen Institute heben Konjunktur-Prognose an: Darum sehen Ökonomen jetzt wieder Chancen für die deutsche Wirtschaft

Wo ist der Haken: Wirtschaftsminister Robert Habeck sah schon vor einem Monat einen Aufwärtstrend. Jetzt hoben auch wichtige Ökonomen ihre Prognosen für die Konjunktur in Deutschland leicht an.  - Copyright: Picture Alliance
Wo ist der Haken: Wirtschaftsminister Robert Habeck sah schon vor einem Monat einen Aufwärtstrend. Jetzt hoben auch wichtige Ökonomen ihre Prognosen für die Konjunktur in Deutschland leicht an. - Copyright: Picture Alliance

Manchmal können auch kleine Zahlen für große Veränderungen stehen. Stückchen für Stückchen drehen Ökonomen gerade ihre Prognosen für die deutsche Wirtschaft nach oben. Mit dem Ifo-Institut, dem DIW Berlin, RWI Essen, IfW Kiel und IW Halle hoben alle führende Konjunkturinstitute ihren Ausblick für das Wachstum an. Unter Ökonomen bildet sich die Erwartung heraus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit einer Rate zwischen 0,2 und 0,5 Prozent wachsen kann. Dabei nehme die Dynamik zu. Im nächsten Jahr seien durchaus 1,5 Prozent Wachstum drin.

Zunächst ist das immer noch nur ein Mini-Wachstum. Deutschland hinkt damit in Europa und im Kreis der Industrieländer hinterher. Zudem blieben die jüngsten Korrekturen der Prognosen mit plus 0,1 bis 0,3 Punkten verhalten. Und doch markieren sie einen wichtigen Umschwung: Viele Ökonomen sehen für Deutschland jetzt wieder mehr Chancen als Risiken. Und das zum ersten Mal seit Russlands Krieg gegen die Ukraine, der extremen Inflation und den Zweifeln, ob das Geschäftsmodell der Exportnation Deutschland überhaupt noch funktioniert.

Die neuen Chancen heißen: Steigende Kaufkraft der Einkommen, geringere Inflation, anziehende Exporte, ein steigender Handelsüberschuss und sinkende Zinsen. Die Bedingungen für mehr Konsum der Verbraucher und mehr Investitionen der Unternehmen werden besser.

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So schätzen die Konjunkturforscher diese zarten Hoffnungen ein.

Timo Wollmershäuser, Ifo: „Es entsteht gerade neue Hoffnung“

Das Ifo-Institut hob seine Prognose um 0,2 Punkte an traut der deutschen Wirtschaft dieses Jahr 0,4 Prozent Wachstum zu. 2025 werde sich das Wachstum auf 1,5 Prozent beschleunigen. Ifo setzte sich damit an die Spitze der Konjunktur-Institute, „Es entsteht gerade neue Hoffnung“, sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

„Das zweite Halbjahr 2024 dürfte deutlich besser ausfallen als das erste.“ Die Inflation flaue weiter ab, von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent in diesem und nur noch 1,7 Prozent im kommenden Jahr. Dies wäre sogar unter dem 2-Prozent-Ziel der Notenbank EZB.

Die „neue Hoffnung“, setzt auch Ifo zunächst in die Verbraucher. „Im Verlauf des Jahres dürfte die Kaufkraft der Haushalte weiter an Stärke gewinnen. Die gesamtwirtschaftliche Erholung dürfte dann im Zuge der Normalisierung der Konsumkonjunktur an Tempo gewinnen“, sagt Wollmershäuser. Weltweit sollten Handel und Produktion ab der zweiten Jahreshälfte zulegen. Es werde dann auch wieder mehr investiert, unterstützt von den Zinssenkungen in den Industrieländern. Ifo rechnet mit zwei weiteren Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank im laufenden Jahr. 

Moritz Schularick, IfW: „Licht am Ende des Tunnels“

„Es gibt Licht am Ende des Konjunkturtunnels. Die Zeichen mehren sich, dass sich die deutsche Wirtschaft aus der Rezession befreien kann". sagt IfW-Präsident Moritz Schularick zur neuen Prognose des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. „In Deutschland setzt eine moderate Konjunkturerholung ein“. Das IfW hob die Prognose von 0,1 auf 0,2 Prozent Wachstum in diesem Jahr an: „Getragen wird die Erholung vor allem von den anziehenden Exporten und dem Konsum“. Eine hohe konjunkturelle Dynamik zeichne sich gleichwohl nicht ab. Für 2025 rechnet das IfW Kiel mit 1,1 Prozent Wachstum.

„Eine wichtige Weichenstellung ist dabei die von der Europäischen Zentralbank eingeläutete Zinswende“, sagt Schularick. Er erwartet 2024 noch zwei weitere Zinssenkungen der EZB um je 0,25 Prozentpunkte.

„Das Konjunkturbild einer mühsamen Erholung“ gewinne an Kontur. Nach den Exporten dürfte bald auch der Konsum anspringen. Der einsetzende Aufschwung komme jedoch mit wenig Dynamik in Gang, „ähnlich wie ein Fußballteam, das sich nach einer langen Abwehrschlacht mühsam nach vorne kämpft“, sagt IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths.

Das Miniwachstum 2024 täusche gleichzeitig aber über die Expansionsdynamik hinweg. Die deutsche Wirtschaft wachse sogar oberhalb des Potenzialwachstums. Die Kapazitätsauslastung nehme also zu. Damit sei die Rezession überwunden, die Erholung beginne.

Die deutschen Exporte wachsen laut IfW 2024 um 0,6 Prozent und im Jahr 2025 sogar um 2,6 Prozent - nachdem sie 2023 noch gesunken waren. Das Gefälle im Wachstum der großen Volkswirtschaften werde kleiner. Während die Dynamik in den USA etwas nachlasse, belebe sich Europa spürbar, und auch China stabilisiere sich. In Europa kurbelten steigende Reallöhne den Konsum an. Die sinkenden Zinsen sollten 2025 spürbar werden. Es blieben aber geopolitische Risiken, besonders durch Handelskonflikte.

In Deutschland steigen die Reallöhne in diesem Jahr mit 3,4 Prozent „so kräftig wie seit über 30 Jahren nicht mehr“, rechnet das IfW. Die Arbeitslosisgkeit gehe wieder leicht zurück. Insgesamt nehmen also die Einkommen der Haushalte insgesamt deutlich zu.

Thorsten Schmidt, RWI: Wirtschaft auf Erholungskurs

„Die deutsche Wirtschaft ist auf Erholungskurs eingeschwenkt, die Risiken für die Konjunktur haben sich verringert", sagt RWI-Konjunkturchef Thorsten Schmidt. Das RWI ist noch optimistischer und erhöhte seine Wachstumsprognose 2024 von 0,3 auf 0,4 Prozent. Für das kommende Jahr erwartet das RWI jetzt 1,5 statt 1,2 Prozent.

„Seit Beginn des Jahres erholt sich die deutsche Wirtschaft“, schreibt das RWI. „Unterstützung bekommt sie von den Exporten“. Die konjunkturelle Erholung dürfte noch an Schwung gewinnen. Als Unsicherheiten nennt das RWI die Energiepreise und auch die Wirtschaftspolitik.

Viele Verbraucher würden ihre zusätzlichen Einkommen zwar noch nicht für Konsum ausgeben, sondern „deutlich mehr als üblich sparen". Dies sollte sich mit weiter zunehmenden Realeinkommen aber ändern. Die tatsächlichen Verdienste der Beschäftigten steigen laut RWI 2024 um 4,7 und 2025 um 2,7 Prozent. Auch das RWI erwartet, dass die Arbeitslosenquote wieder von 5,9 auf 5,7 Prozent sinkt.

Oliver Holtemöller, IWH: Wachstum im Osten doppelt so hoch

„Die Belebung wird wohl ab dem Herbst Fahrt aufnehmen“, sagt IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. Auch er baut auf steigende Einkommen und Exporte. Das IWH hob seine Wachstumsprognose für 2024 von 0,2 auf 0,3 Prozent an. In Ostdeutschland lege die Wirtschaft mit 0,6 Prozent sogar doppelt so stark zu.

In Deutschland führten weiter steigende Realeinkommen zur Ausweitung des Konsums. „Alles in allem wird die Produktion im Sommerhalbjahr wohl nur verhalten ausgeweitet. Daran ändert auch die Fußball-Europameisterschaft nichts“, sagte Holtemöller.

„Ein Risiko ist die Möglichkeit einer rasch zunehmenden Fragmentierung der Weltwirtschaft“, warnte Holtemöller. Etwa, wenn die Europäische Kommission Strafzölle auf subventionierte chinesische Produkte erhebe und China mit eigenen Zollerhöhungen antworte. Dies würde besonders Unternehmen der Automobilbranche treffen. „Unter solchen Bedingungen wären die Chancen für eine Expansion der deutschen Exporte schlecht“, warnt der Ökonom. „Es ist zweifelhaft, ob sich eine gesamtwirtschaftliche Erholung in Deutschland ohne außenwirtschaftliche Impulse einstellen könnte.“

Geraldine Dany-Kremnik (DIW): „Alle Signale Grün"

DIW rechnet für dieses Jahr jetzt mit einem Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent statt einer Stagnation. Für 2025 hob das DIW seine Prognose auf 1,3 Prozent an. Das zeige, dass die wachsende Dynamik. „Wir sehen jetzt alle Signale auf Grün“, sagte DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik.

Treiber des Wachstums werde derKonsum. Das DIW erwartet, dass die Haushalte künftig wieder mehr Geld ausgeben, statt es sicherheitshalber zu sparen. „Sie spüren jetzt mehr Einkommenssicherheit“, sagte Dany-Knedlik. Nach der einmaligen Inflationsprämie würden nun die Tariferhöhungen wirksam. Beschäftigte sehen damit Monat für Monat, dass sie mehr Geld zur Verfügung haben. Die Zinswende der EZB könne die Sparneigung zusätzlich bremsen.

DIW-Chef Marcel Fratzscher forderte von der Politik, die Erholung mit höheren Ausgaben zu stützen. „In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen die deutsche Volkswirtschaft deutlich unter ihrem Potenzial bleibt, wäre eine expansive Finanzpolitik notwendig“, sagte Fratzscher. Er foderte Entlastungen für Bürger und Unternehmen und mehr öffentliche Investitionen in die Infrastruktur. Der Haushalt 2024 bremse jedoch die Wirtschaft. „Die Schuldenbremse ist zu einem erheblichen wirtschaftlichen Problem für Deutschland geworden“, sagte Fratzscher.

Sebastian Dullien, IMK: Risiken nehmen ab

Auch das gewerkschaftsnahe Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) erwartet, dass sich die aktuelle Erholung im Herbst beschleunigt. Das Risiko einer erneuten Rezession sinke. Die Konjunktur-Ampel des IMK sprang erstmals seit einem Jahr von "rot" auf "gelb-rot". Das IMK bleibt mit einer Wachstumsprognose von 0,1 Prozent aber am unteren Rand der Erwartungen - und nahe einer Stagnation.

„Der Indikator deutet auf eine sich langsam kräftigende Erholung der Konjunktur ab der Jahresmitte“, sagte IMK-Konjunkturexperte Thomas Theobald. „Säule des Wachstums dürfte neben dem Export der private Verbrauch werden, der von dynamischem Lohnwachstum bei inzwischen abgeflachter Inflation angeregt wird.“

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