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Keine Börsenhochzeit? Kein Problem!

Der Traum von der europäischen Megabörse ist so gut wie ausgeträumt. LSE und Deutsche Börse werden wohl nicht fusionieren. Doch wer glaubt, dass heute ein schwarzer Tag für die Deutsche-Börse-Aktionäre ist, der irrt.

Als LSE und Deutsche Börse ihre Hochzeitspläne im Februar des vergangenen Jahres verkündeten, durften die Aktionäre noch träumen. Eine Megabörse, die New York Konkurrenz macht, sollte aus der Fusion der beiden Betreiber hervorgehen. Seit Sonntagabend steht fest: Die Traumhochzeit bleibt vorerst ein Traum. So teilte die London Stock Exchange (LSE) mit, dass sie die Fusion mit der Deutschen Börse für unwahrscheinlich halte. Man wolle die italienische Handelsplattform MTS nicht, wie von EU-Wettbewerbsaufsehern gefordert, verkaufen. Doch ohne den Verkauf wird die EU-Kommission wohl kaum grünes Licht für die Börsenhochzeit geben.

Diese Ansage aus London schickte den Aktienkurs der Deutschen Börse auf Talfahrt. Gegen Nachmittag notierten die Papiere gut vier Prozent tiefer bei 80,6 Euro und waren damit größter Verlierer im Dax. Die LSE-Anteilsscheine rutschten um bis zu 3,2 Prozent ab und zählten am Montag zu den unbeliebtesten Werten im britischen FTSE-Index.

Doch wer glaubt, dass heute ein schwarzer Tag für die Aktionäre der Deutschen Börse ist, der irrt. Analysten sind angesichts der voraussichtlich geplatzten Börsenhochzeit keineswegs beunruhigt – auch wenn das Scheitern der Fusion auf EU-Ebene einige Marktteilnehmer überrascht hat. „Die erhofften hohen Kosten- und Umsatzsynergien können damit natürlich nicht gehoben werden“, kommentiert DZ-Bank-Analyst Thorsten Wenzel. „Allerdings hätten aufgrund des vereinbarten Austauschverhältnisses nach unserer Einschätzung die Aktionäre der LSE hiervon ohnehin stärker profitiert, als die der Deutschen Börse.“ Wenzel geht davon aus, dass die Deutsche Börse auch ohne die Fusion Wachstumschancen hat und rät Anlegern dazu, die Aktie zu halten. Ähnlich sieht das auch Independent-Research-Analyst Markus Rießelmann: Sollte es nicht zu einer Fusion kommen, werde sich die Deutsche Börse zukünftig wieder auf das organische Wachstum und die Umsetzung der Strategie 'Accelerate' fokussieren, schreibt er in einem Kommentar. Das Unternehmen würde auch als eigenständiger Börsenbetreiber weiter wachsen.

Die Geschäftszahlen sprechen für diese Einschätzung: Am 16. Februar präsentierte Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter die jüngste Bilanz des Börsenbetreibers. So wuchsen die Nettoerlöse 2016 um acht Prozent auf rund 2,4 Milliarden Euro, unterm Strich blieben 722 Millionen Euro. Davon profitieren auch die Aktionäre: Die Dividende soll für das abgelaufene Geschäftsjahr auf 2,35 Euro pro Anteilsschein angehoben werden und steigt damit um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allerdings gerieten die guten Zahlen angesichts der Fusionspläne in den Hintergrund: Die Debatte um den Standort der neuen Börse und die Ermittlungen gegen Kengeter wegen Insiderhandels stahlen ihnen die Show.

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Reales Wachstum statt Kursfantasien

Nun, da die Fusion kurz vor dem Aus steht, könnte der Konzern die Chance bekommen, seine Anleger mit realen Werten statt mit Kursfantasien zu überzeugen. Von dem geplanten Zusammenschluss hätten die Kleinaktionäre ohnehin nicht allzu viel gehabt. Das wird deutlich, wenn man die Entwicklung des Kurses der Deutsche-Börse-Aktie (ISIN: DE0005810055) und der zum Umtausch eingereichten Aktien (ISIN: DE000A2AA253) des Börsenbetreibers vergleicht. Während letztere jenen Aktionären gehören, die im Juli dem Tausch ihrer Deutsche-Börse-Papiere gegen die Anteilsscheine der gemeinsam gegründeten Holding mit Sitz im London im Verhältnis 1:1 zustimmten, sind mit ersteren jene Anteilsscheine gemeint, die nicht zum Tausch freigegeben wurden.

Währen die Holding-Aktien nach Kursdaten von Reuters seit dem 1. Januar 8,2 Prozent gewannen, stiegen die nicht getauschten Anteilsscheine im gleichen Zeitraum um 6,8 Prozent – ein Unterschied von gerade einmal 1,4 Prozentpunkten. Am Montag konnten sich Anleger, die sich dem Aktientausch verweigerten, sogar über kleinere Verluste freuen – ihre Aktien rutschten nur 2,3 statt rund vier Prozent tiefer.

Wie es für die Holding-Aktie weitergeht, wird sich in den kommenden vier Wochen entscheiden. Die Investment-Relation-Abteilung der Deutschen Börse geht davon aus, dass die Aktien der Holding wieder in normale Deutsche-Börse-Anteilsscheine zurückgetauscht würden. Für die Aktionäre würden sich – wahrscheinlich – nur die Formalien ändern.

Für die LSE-Anleger dürfte es in den kommenden Wochen noch einmal spannend werden. Die Frage lautet hier, ob die Weigerung der LSE, die italienische Handelsplattform zu verkaufen, als kluger Schachzug im Brexit-Poker oder als taktischer Fehler gewertet wird. Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research glaubt, dass es ein Signal sei, „dass die LSE die Fusion nicht mehr will“. Diese Entscheidung passe zur Stimmung in Großbritannien. „Sie wollen sich von der EU nicht gängeln lassen.“ Längst ist die Börsenfusion ein Politikum. So hatten in der vergangenen Woche Abgeordnete in London Stimmung gegen den Deal gemacht. „Es geht um die Übernahme unserer Kronjuwelen“, wetterte Bill Cash, Abgeordneter der konservativen Partei von Premierministerin Theresa May. Viele Politiker dürften mit der LSE-Entscheidung zufrieden sein. Fraglich ist, ob die Märkte den Selbstbestimmungsdrang der Börse belohnen werden.

KONTEXT

Diese Fusionspläne der Deutschen Börsen sind gescheitert

17. Juli 2000

Die Deutsche Börse präsentiert einen Plan für die Gründung de iX international exchange zusammen mit der Londoner LSE. Die beiden Partner hoffen, mit der paneuropäischen Handelsplattform weitere Börsenbetreiber mit ins Boot zu holen. Das Projekt scheitert allerdings an mangelnder Unterstützung.

Sommer 2003

Der damalige Chef der Deutschen Börse, Werner Seifert, trifft sich mit Euronext-Chef Francois Theodore. Die Gespräche über eine Fusion werden allerdings beendet, nachdem sich beide Seiten nicht über die Bewertung ihrer Häuser einig werden.

Frühling 2004

Seifert und Theodore nehmen ein weiteres Mal Kontakt auf. Ein Zwist über die Besetzung der Führungspositionen lässt sie abermals ergebnislos auseinandergehen.

August 2004

Die Schweizer Börse SWX lehnt Pläne der Deutschen Börse für eine Fusion, faktisch eine Übernahme, ab.

13. Dezember 2004

Die Deutsche Börse veröffentlicht ein Übernahmeangebot für die LSE über knapp zwei Milliarden Euro, das 2005 am Widerstand des Hedgefonds und Deutsche-Börse-Aktionärs TCI scheitert.

21. Februar 2006

Der neue Börsenchef Reto Francioni legt ein vorläufiges Fusionsangebot für die Pariser Euronext vor und facht damit ein Konsolidierungsfieber in der Branche an.

19. Mai 2006

Die Deutsche Börse dient Euronext-Chef Theodore die Führung eines vereinten Unternehmens an, besteht allerdings auf Frankfurt als Hauptsitz. Auch der Großteil des Managements sollte am Main angesiedelt sein.

Juni 2006

Die Deutsche Börse unterbreitet der Euronext einen überarbeiteten Fusionsvorschlag. Die Frankfurter geben in der Hauptquartiersfrage nach, doch der Vorstoß kommt zu spät: Die Euronext schließt sich mit der NYSE zusammen.

Dezember 2008

Deutsche Börse und NYSE Euronext loten eine Fusion aus. Die Pläne werden vorzeitig bekannt und scheitern.

April 2011

Die Börse wagt einen weiteren Versuch, mit der Nyse Euronext als Partner eine neue Größenordnung zu erreichen. Die US-Börsen Nasdaq OMX und ICE wollen die Fusion mit einer Gegenofferte für die Nyse torpedieren.

Februar 2012

Der Traum Francionis platzt erneut. Die EU-Kommission untersagt die Milliardenfusion mit den Amerikanern aus schwerwiegenden wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Die EU fürchtet vor allem ein weltweites Monopol im Handel mit europäischen Finanzderivaten.