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„Ein katastrophaler Fehler“: Trump erfährt scharfe Kritik aus den eigenen Reihen

Der Aufschrei ist groß: Selbst die Partei der Republikaner hat mit Entsetzen auf Trumps Entscheidung reagiert, US-Truppen aus Nordsyrien abzuziehen. Der US-Präsident verteidigt sich.

Der türkische Präsident Erdogan hat erneut eine Militäroffensive in Nordsyrien angekündigt - und diesmal geben die USA ihm freie Bahn. US-Truppen ziehen sich aus der syrisch-türkischen Grenzregion zurück. Foto: dpa
Der türkische Präsident Erdogan hat erneut eine Militäroffensive in Nordsyrien angekündigt - und diesmal geben die USA ihm freie Bahn. US-Truppen ziehen sich aus der syrisch-türkischen Grenzregion zurück. Foto: dpa

Mit dem überraschenden Abzug amerikanischer Soldaten aus Nordsyrien hat US-Präsident Donald Trump eine Welle der Empörung ausgelöst. Selbst Parteikollegen gehen den Präsidenten scharf an. Sie fürchten um das Leben der Kurdenmilizen - und um den Ruf Amerikas. Trump verteidigte dagegen seine Entscheidung: Er erfülle damit ein Wahlversprechen, sich aus dem „endlosen Krieg“ im Nahen Osten zurückzuziehen, sagte er am Montag.

Selbst Trumps überzeugtesten republikanischen Verbündeten im Kongress drückten ihr Entsetzen über den Abzug aus. „Ein katastrophaler Fehler“, sagte Liz Cheney, Abgeordnete aus Wyoming, die Nummer Drei der Republikaner im Repräsentantenhaus. Senator Lindsey Graham aus South Carolina sprach von einem „Schuss in den Arm“. Die frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, die Republikanerin Nikki Haley, schrieb am Montag (Ortszeit) auf Twitter: „Die Kurden waren maßgeblich an unserem erfolgreichen Kampf gegen den IS in Syrien beteiligt. Sie sterben zu lassen ist ein großer Fehler.“

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Die Vorsitzenden beider Kammern im US-Kongress übten ebenfalls Kritik. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, warnte vor der Gefahr eines „signifikanten Konflikts“ zwischen der Türkei und den Kurdenmilizen und rief Trump dringend dazu auf, amerikanische Führung zu zeigen und die internationale Koalition gegen den IS zusammenzuhalten.

Mit dieser raren Kritik am Präsidenten zeigte sich McConnell selten einmütig mit der demokratischen Vorsitzenden der anderen Kongresskammer, Nancy Pelosi, die Trumps Entscheidung ebenfalls kritisierte. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses warf Trump vor, die kurdischen Verbündeten der USA zu „verraten“.

Pelosi kritisierte mit Blick auf die Ankündigung des Republikaners Trump: „Diese Entscheidung stellt eine direkte Bedrohung für regionale Sicherheit und Stabilität dar und schickt eine gefährliche Nachricht sowohl an den Iran und Russland als auch an unsere Verbündeten, dass die Vereinigten Staaten kein zuverlässiger Partner mehr sind.“ Trump müsse diese Entscheidung zurücknehmen.

Marco Rubio: Traurig und lebensgefährlich

Der republikanische Senator Marco Rubio schrieb auf Twitter, die USA hätten die Kurden im Stich gelassen, ihnen drohe nun die Vernichtung durch das türkische Militär. Der einflussreiche republikanische Senator und Trump-Vertraute Lindsey Graham sprach in einer Serie aufgebrachter Tweets von einer impulsiven, traurigen und höchst gefährlichen Entscheidung Trumps. Die USA stünden als unverlässlicher Verbündeter da, und es drohe das Wiedererstarken des IS.

Graham kündigte eine parteiübergreifende Resolution im Senat an, um Sanktionen gegen die Türkei durchzusetzen im Fall einer türkischen „Invasion“ Nordsyriens. Sollten türkische Truppen kurdische Kräfte dort angreifen, werde man auch die Aussetzung der Nato-Mitgliedschaft der Türkei fordern. Er erwarte, dass eine Zweidrittelmehrheit im Kongress für eine solche Resolution zustande komme. Damit könnte auch ein etwaiges Veto von Trump überstimmt werden.

Die Nato wollte sich am Montagabend nicht zu Grahams Vorstoß äußern. Diplomaten verwiesen allerdings darauf, dass im Bündnisvertrag keine Klausel zum Ausschluss von unerwünschten Mitgliedern existiert. Die türkische Nato-Mitgliedschaft gegen den Willen der Regierung in Ankara auszusetzen oder zu beenden, wäre demnach ein ungeheuer komplexes Projekt, das zudem der Zustimmung aller anderen Nato-Partner der USA bedürfte. Dennoch ist Grahams Ausbruch politisch von Bedeutung, ebenso wie die vehemente Kritik anderer Republikaner.

Trump sagte, er verstehe die Kritik seiner Parteikollegen, sei aber anderer Meinung. Er könne auch Namen von Unterstützern nennen, sagte er, nannte aber keine. Er verteidigte die Entscheidung auch mit finanzieller Entschädigung. „Die Kurden haben mit uns gekämpft“, aber sie „bekamen große Mengen an Geld und Ausrüstung dafür“.

Vertreter des Pentagons und Außenministeriums gaben nicht nach bei der Möglichkeit, die Türkei noch zu überzeugen, von ihrer angekündigten Invasion abzusehen. Am späten Montagabend hatten sie keinen Hinweis darauf, dass die Türkei die Militäroperation begonnen habe.

Der US-Präsident erschien am Montagnachmittag weitgehend unbesorgt angesichts der Aussicht eines Angriffs türkischer Kräfte auf Kurden. Die Kurden seien zum Teil „natürliche Feinde“ der Türken, sagte er Reportern. „Aber ich habe der Türkei gesagt, dass wenn sie etwas machen außerhalb dessen, was wir als human ansehen, könnten sie unter dem Zorn einer extrem zerstörten Wirtschaft leiden.“ Trump warnte die Türkei ebenfalls davor, US-Mitarbeiter in Syrien zu verletzten. Sollte dies im Zuge der Vorbereitungen eines militärischen Einmarschierens der Türkei in Syrien passieren, gebe es „großen Ärger“, sagte Trump.

Trump hatte erklärt, US-Soldaten würden für eine erwartete türkische Offensive auf Kurden in Nordostsyrien beiseite treten. Gleichzeitig drohte Trump der Türkei, deren Wirtschaft zu zerstören, sollte sie zu weit gehen. Was genau er damit meinte, sagte er nicht. In Nordostsyrien kämpften die syrischen Kurden in den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) jahrelang gemeinsam mit den USA gegen die Terrormiliz IS. Die SDF warfen den USA vor, sie ließen ihren Verbündeten im siegreichen Kampf gegen den IS im Stich.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Samstag nach monatelangen Drohungen erklärt, türkische Truppen stünden bereit, „heute oder morgen“ gegen die kurdische Miliz YPG vorzugehen, die entscheidenden Anteil am von den USA unterstützten Kampf und Sieg gegen den IS hatte. Erdogan betrachtet die Miliz syrischer Kurden als Verbündete kurdischer Untergrundkämpfer in der Türkei und deswegen als terroristische Organisation, die von der türkischen Grenze ferngehalten werden müsse.

Nach Ansicht der syrischen Kurden riskieren die USA mit dem Schritt die erreichten Teilsiege im Kampf gegen den IS. Die kurdischen Kräfte gelobten, sich zu wehren, was die Gefahr eines weiteren Krieges in Syrien erhöhte. „Wir werden nicht für einen Moment zögern, unser Volk zu verteidigen“, hieß es in einer Mitteilung der SDF. Demzufolge haben sie 11 000 Kämpfer im Krieg gegen den IS in Syrien verloren. Ihnen droht nun auch der Verlust ihrer während des Kriegs errungenen Unabhängigkeit.

Bis zu 300 000 Menschen könnten unmittelbar aus ihren Häusern vertrieben werden, wenn die Türkei ihre Offensive beginnt, warnte die Hilfsorganisation International Rescue Committee.

Die Türkei hat seit längerem Bedenken wegen der Anwesenheit kurdischer Kämpfer. In den vergangenen Wochen hatten die USA und die Türkei aber scheinbar eine Übereinkunft errungen. Amerikanische und türkische Soldaten führten gemeinsame Patrouillen in einer Zone entlang der Grenze aus. Als Teil der Arbeit wurden Barrieren abgebaut, die die Kurden beschützen sollten. Gleichzeitig wurde versichert, dass die Türkei nicht angreifen werde.

Etwa 30 Soldaten wurden am Montag von zwei Außenposten abgezogen, die in der unmittelbaren Gegend einer türkischen Invasion stationiert waren. Unklar war, ob auch andere der geschätzten 1000 US-Soldaten in Nordostsyrien abgezogen werden sollten. Laut offiziellen Angaben gab es jedoch keinen Plan, Syrien komplett zu verlassen.

UN-Generalsekretär António Guterres rief zu „maximaler Zurückhaltung“ aller Parteien im Syrien-Konflikt auf. Guterres sei sehr besorgt, insbesondere wegen der Gefahr für Zivilisten für den Fall einer Eskalation der Kämpfe, teilte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Montag mit. Guterres betone, dass Zivilisten geschützt werden müssten und alle Parteien „sicheren humanitären Zugang zu bedürftigen Zivilisten“ garantieren müssten.