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Kampf zwischen Bullen und Bären: Der Dax steht vor turbulenten Zeiten

Die gute Nachricht ist: Der Dax dürfte sein Tief gesehen haben. Dennoch müssen Anleger in den kommenden Wochen mit zwischenzeitlichen Rückschlägen rechnen.

Es fühlte sich ein wenig nach dem Aufflammen einer neuen Krise an den Börsen an. In der vergangenen Woche verlor der deutsche Leitindex Dax bis zu 4,8 Prozent. Das war der größte Wochenverlust seit dem herben Börseneinbruch Ende März.

Am Freitag versuchten aber die Bullen einen Gegenangriff. Der Dax stieg im frühen Handel um bis zu zwei Prozent. Die Gewinne bröckelten aber wieder ab, sodass am Schluss nur noch ein Tagesplus von 1,2 Prozent blieb. Die Wall Street dagegen hatte am Donnerstag nach drei Tagen mit Verlusten ins Plus gedreht, verlor am Freitag zunächst, schloss dann aber doch mit Aufschlägen.

Die vergangene Woche dürfte exemplarisch für das sein, was auf Anleger in den kommenden Wochen und Monaten zukommt: Der Kampf zwischen Bullen und Bären wird die Aktienmärkte noch lange prägen – nicht nur in Deutschland.

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Formal befinden sich der Dax und viele andere Börsen schon wieder in einem Bullenmarkt, also einem Umfeld tendenziell steigender Kurse. Seit seinem Sechseinhalbjahrestief Mitte März hat Deutschlands Leitindex in der Spitze bis Ende April wieder mehr als 30 Prozent dazugewonnen. Der US-Leitindex S & P 500 legte seither sogar bis zu 35 Prozent zu.

Von Bullenmärkten sprechen Börsianer, wenn ein Index mehr als 20 Prozent über seinem jüngsten Tief liegt. Die Gewinne seit Mitte März markieren die schnellste Erholung aller Zeiten, ebenso wie zuvor der Absturz nahezu beispiellos rasant war. Als sich die Coronakrise zur weltweiten Pandemie ausweitete, verlor der Dax binnen weniger Wochen bis zu 40 Prozent, beim S & P 500 waren es 35 Prozent.

Erneute Tiefstände sind unwahrscheinlich

Bärenmärkte bedeuten, dass Indizes 20 Prozent unter ihren jüngsten Hochs liegen. Doch auch in diesen gibt es oft zwischenzeitliche Erholungen, auf die dann heftige Rückschläge folgen. „Bärenmarktrallys“ nennen Analysten diese Entwicklung, bei der sich ein vermeintlicher Bullenmarkt als sehr kurzlebig erweist und die Aktienmärkte anschließend auf neue Tiefs fallen.

Die gute Nachricht ist: So tief wie im März werden die Börsen zumindest aus heutiger Sicht nicht mehr fallen. Selbst tendenziell für die Märkte pessimistische Investoren wie Sheema Shah, Chefstrategin des US-Asset-Managers Principal Global Investors, betonen: „Es ist unwahrscheinlich, dass die von den Zentralbanken gestützten Märkte ihre Tiefstände erneut testen werden.“

Auch Christian Kahler, Aktienstratege bei der DZ Bank, sagt: „Einen erneuten Test der Tiefstände aus dem März erwarten wir nicht.“ Dafür gibt es indes eine wichtige Voraussetzung: Die Pandemie darf nicht im Herbst erneut ausbrechen.

Rückschläge zu erwarten

Unabhängig davon sind die Börsen aber noch nicht über den Berg. Den Anlegern stehen vor einem endgültigen Aufschwung noch viele Rückschläge bevor, gerade weil die Erholung seit Mitte März so schnell ging und die Aktienmärkte jetzt eine sehr positive Entwicklung vorwegnehmen.

Konkret spiegeln die Börsen eine V-förmige Erholung der Wirtschaft wider. Das bedeutet, dass der Konjunktureinbruch als Folge des wochenlangen wirtschaftlichen Stillstands zwar heftig wird, die Wirtschaft sich danach aber wieder rasch erholt. Die Börse setzt dabei auf die billionenschweren Hilfspakete der Notenbanken und Regierungen weltweit, die Nachrichten über das Zurückdrängen der Pandemie und die schrittweisen Aufhebungen der Pandemie-Beschränkungen.

Tatsächlich können Unternehmen ihre derzeit erheblich eingeschränkten Kapazitäten wieder hochfahren. Der Dienstleistungssektor inklusive Gastronomie und Touristik kommt langsam wieder in die Gänge.

Nicht nur Ökonomen, auch Anlagestrategen zweifeln dennoch an einer schnellen Erholung der Wirtschaft. So warnt David Lafferty, Chefstratege beim französischen Vermögensverwalter Natixis Asset Management: „Dass Unternehmen wieder in Kürze die Produktionsniveaus von vor der Krise erreichen, ist so gut wie ausgeschlossen.“ Außerdem werde der Konsum in Zeiten der Unsicherheit wie dieser „keine Purzelbäume schlagen“.

Arbeitslosigkeit macht Sorgen

Shah von Principal Global Investors macht vor allem die steigende Arbeitslosigkeit Sorgen, gerade in den USA. In den vergangenen sieben Wochen haben mehr als 36 Millionen Amerikaner Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gestellt. Die US-Wirtschaft hat so viele Arbeitsplätze verloren wie seit der Weltwirtschaftskrise nicht mehr. Shah zweifelt daran, dass genügend Unternehmen stark genug sind, um bald wieder Mitarbeiter einzustellen und so eine reibungslose wirtschaftliche Erholung zu ermöglichen.

Allerdings nimmt die wöchentliche Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe seit Anfang Mai wieder ab. Für die am Donnerstag anstehenden Daten rechnen Ökonomen mit einem erneuten Rückgang auf 2,5 Millionen. Auch die wirtschaftlichen Stimmungsindikatoren dürften sich nach dem Einbruch ein wenig stabilisieren.

Das am Mittwoch anstehende Verbrauchervertrauen für die Euro-Zone wird laut Ökonomen nur leicht unter dem Wert des Vormonats liegen, der am Donnerstag veröffentlichte Geschäftsklimaindex für den Großraum Philadelphia dürfte mit minus 40 Punkten nicht mehr ganz so verheerend schlecht ausfallen wie im April mit minus 56 Zählern, und auch die Einkaufsmanagerindizes für die Euro-Zone dürften zwar immer noch eine Rezession signalisieren, aber etwas über den Niveaus des Vormonats liegen.

Dennoch warnt Jeremy Cunningham, Investmentdirektor beim US-Vermögensverwalter Capital Group: „Die jetzige Krise wird kein kurzes Kapitel sein, sondern – bildlich gesprochen – ein ganzes Buch füllen.“ Der Anstieg der Aktienmärkte seit Mitte März könne ein „trügerisches Gefühl der Sicherheit“ hervorgerufen haben.

Trügerische Sicherheit

Diese trügerische Sicherheit zeigt sich ganz deutlich beim Blick auf die Gewinnerwartungen und die Bewertungen an den Aktienmärkten. Analysten haben zwar in den vergangenen Wochen ihre Gewinnprognosen drastisch gesenkt. Aber immer noch rechnen sie damit, dass die Gewinne der Unternehmen im Dax im Schnitt nur um 13 Prozent einbrechen werden. Für die Konzerne aus dem amerikanischen S & P 500 wird ein Gewinnrückgang von gut 17 Prozent erwartet.

Die Gewinnschätzungen erscheinen Strategen wie Kahler von der DZ Bank „viel zu hoch“. Im ersten Quartal sind die Gewinne aller Dax-Konzerne im Schnitt um 40 Prozent eingebrochen. US-Unternehmen hielten sich mit minus 13 Prozent wesentlich besser.

Die Gewinnschätzungen der Analysten berechnen sich aus den Erwartungen der Branchenanalysten für die Unternehmen, die sie regelmäßig covern. Für „ihre“ Unternehmen sind die Branchenanalysten in der Regel optimistischer als Strategen und Investoren, die die Märkte aus der Makroperspektive beobachten und so von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung auf die Gewinne der Unternehmen schließen.

Gewinnerwartungen zu hoch

Die Gewinnerwartungen sind ein entscheidendes Kriterium für die Bewertungen. Die Kurse der Dax-Unternehmen liegen derzeit beim 17-Fachen der für das laufende Jahr erwarteten Gewinne. Im S & P 500 liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) mit 22,4 noch höher. Seit Anfang des Jahres sind die Bewertungen gestiegen, Aktien sind also teurer als im Januar.

Günstig waren Aktien nur im März nach dem Absturz. Anfang März lag das KGV im Dax bei 9,5 und damit laut Kahler auf Rezessionsniveau. Mit den gestiegenen Kursen und gleichzeitig gesunkenen Gewinnschätzungen haben sich die KGVs erhöht. Steigende Kurse bei sinkenden Gewinnschätzungen sind aber kein gutes Signal für die Börse – vor allem wenn man davon ausgehen muss, dass auch die Branchenanalysten ihre Gewinnschätzungen noch senken werden.

Vorsichtig stimmt auch der Blick auf andere Anlageklassen. Obwohl sich die Aktien seit Mitte März wieder so deutlich erholt haben, sind sichere Anlagehäfen wie Gold und auch Staatsanleihen gefragt.

Goldpreis signalisiert Krisenstimmung

Besonders deutlich zeigt sich das beim Goldpreis. In Euro gerechnet stieg der Preis je Feinunze am Freitag auf ein Allzeithoch von gut 1623 Euro. In Dollar – der Standardwährung für Gold – lag der Preis mit in der Spitze 1745 Dollar auf dem höchsten Stand seit siebeneinhalb Jahren. Seit Mitte März hat der Goldpreis in beiden Währungen gerechnet mehr als 18 Prozent zugelegt.

Auch an den Anleihemärkten findet sich der Optimismus der Aktienbörsen nicht wieder. Die Kurse von deutschen Staatsanleihen sind zwar seit Mitte März leicht gefallen. Die sich gegenläufig zu den Kursen entwickelnden Renditen liegen aber immer noch deutlich im Minus. Die zehnjährige Bundesanleihe – Maßstab für die langfristigen Kapitalmarktzinsen im Euro-Raum – rentiert mit minus 0,5 Prozent. Ihr Allzeittief hatte die Rendite im März mit minus 0,9 Prozent markiert.

In den USA liegt die Rendite für zehnjährige Anleihen mit plus 0,6 Prozent noch sehr viel näher an ihrem ebenfalls im März markierten Allzeittief. Das liegt daran, dass Investoren inzwischen darauf spekulieren, dass die US-Notenbank Fed die Leitzinsen in den negativen Bereich drückt.

Schon jetzt pumpt die Fed zudem viel mehr Geld in die Märkte als die Europäische Zentralbank (EZB). Das zusätzliche Anleihekaufprogramm der EZB liegt bei 746 Milliarden Euro – die Fed plant Geldspritzen von 2,5 Billionen Dollar.
Die Ankaufprogramme sind mit ein Grund dafür, dass die Anleiherenditen so niedrig sind. Das wiederum hilft den Aktienmärkten. Im Umfeld von Minus- und Minizinsen kommen Investoren langfristig um Aktien nicht herum.

Dennoch meinen Strategen wie Kahler: „Bis die alten Höchststände an den Aktienmärkten erreicht werden, sollte es noch Jahre dauern.“ Bis dahin werden sich die Bullen und Bären wohl gerade in den kommenden Wochen und Monaten noch manchen Kampf an der Börse liefern.