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Der japanische Aktienmarkt feiert ein fulminantes Comeback

Der Tokioter Leitindex Nikkei-225 ist erstmals seit 30 Jahren über 30.000 Punkte geklettert. Viele befürchten die Entstehung einer erneuten Blase.

Viele erinnert der Zustand an die Blasenwirtschaft aus den 1980er Jahren. Foto: dpa
Viele erinnert der Zustand an die Blasenwirtschaft aus den 1980er Jahren. Foto: dpa

Der japanische Aktienmarkt rückt aktuell bei Investoren verstärkt in den Blickpunkt. Der Leitindex Nikkei ist am Donnerstag erstmals seit 30 Jahren wieder über die Marke von 30.000 Zählern geschossen. Das wichtigste Börsenbarometer hat damit bereits Mitte Februar das Niveau erreicht, das Optimisten am Ende des vergangenen Jahres als Ziel für Ende 2021 ausgegeben hatten.

Beflügelt wurde der Handel zum einen von den robusten japanischen Konjunkturdaten. Nach vorläufigen Daten der Regierung in Tokio vom Montag legte die vor Deutschland drittgrößte Volkswirtschaft der Welt auf das Jahr hochgerechnet um 12,7 Prozent zu und setzte damit ihre Erholung im zweiten Quartal in Folge fort.

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Zum anderen fördert die globale Geldflut der Notenbanken die aktuelle Entwicklung. Die Kredithäuser wollen zwar vor allem die Folgen der Coronakrise abfangen. Das bereitgestellte Geld fließt aber auch in die Aktienmärkte und treibt die Kurse. Hinzu kommt, dass die Bank of Japan seit zehn Jahren als Mittel der Geldpolitik börsennotierte Aktienfonds (ETFs) kauft.

Kritiker werfen der Notenbank zwar vor, mit ihren Käufen den Markt zu verzerren und den Reformdruck auf Unternehmen zu senken. Immerhin hat die Notenbank voriges Jahr Japans Pensionsfonds als größten Aktionär der Japan AG abgelöst. Viele Anleger hingegen sehen in den ETF-Käufen der Bank lieber eine Versicherung gegen einen Börsenkollaps – und damit einen Grund für immer höhere Wetten.

Neben den geldpolitischen Faktoren sorgen zwei große traditionelle Katalysatoren ebenfalls für Antrieb: die Erholung der Weltwirtschaft und der Unternehmensgewinne. Die Experten der Credit Suisse hielten in der Wirtschaftszeitung „Nikkei“ fest, dass japanische Aktien zu den „konjunktursensibelsten am globalen Aktienmarkt gehören“.

Prognosen erhöht

Wenn sich in der Krise die Zeichen der Konjunkturwende mehren und die Risikobereitschaft der Anleger wächst, steigen Japans Aktienkurse daher zu Beginn der Erholung oft schneller an als in anderen Märkten. Dieses Mal stärken die Impfprogramme die Hoffnung auf eine Rückkehr der Welt auf einen Wachstumspfad.

Gleichzeitig haben viele Unternehmen zuletzt in ihren Quartalsbilanzen ihre Prognosen für das bis Ende März laufende Bilanzjahr erhöht. Yunosuke Ikeda von Nomura glaubt daher, „dass der Anstieg der japanischen Aktienkurse zeigt, dass die Phase des liquiditätsgetriebenen Marktes nun auch einige Aspekte eines gewinngetriebenen Marktes angenommen hat“.

„Technologische Innovationen wie Elektrofahrzeuge finden statt, und Unternehmen verändern ihre Geschäftsstrukturen“, urteilt Shigenobu Nagamori, Gründer des expandierenden Elektromotorenherstellers Nidec. „Insgesamt befindet sich die japanische Wirtschaft auf dem richtigen Weg.“

Ein Lockmittel für Anleger aus aller Welt sind für Archibald Ciganer, Portfolio Manager bei der Investmentgesellschaft T. Rowe Price, außerdem „relativ günstige Bewertungen“ und die jüngste Untergewichtung Japans in vielen Portfolios.

Japans Aktien werden mit einem ungefähr 20-fachen Kursgewinnverhältnis gehandelt. Die Pessimisten am Aktienmarkt warnen zwar, dass sie damit schon über dem langjährigen Mittel liegen, also überbewertet und losgelöst von der wirtschaftlichen Realität sind. Trotzdem wirken Japans Aktien damit noch immer preiswerter als amerikanische.

Viele erinnert der Zustand dennoch an die Blase aus den 1980er-Jahren. Nachdem Japan seine Währung gegenüber dem Dollar aufwerten musste, stiegen der Nikkei-Index auf fast 40.000 Punkte und die Immobilienpreise ebenfalls rasant. Dann kam der Einbruch. Zwischen 1990 und 2009 folgte der mehr als 80-prozentige Fall der japanischen Aktien- und Immobilienpreise.

Noch sind die Exzesse von damals, als Investoren Aktienpreise des Tokioter Markts auf das 60-Fache der Gewinnerwartungen trieben, nicht wieder erreicht. Aber die Chefanalystin des Onlinebrokers Monex, Nana Otsuki, warnt trotzdem vor einem Déjà-vu: „Als jemand, der den Kollaps der Blasenwirtschaft erlebt hat, bin ich etwas besorgt über die überwältigende Dominanz des bullishen Lagers.“ Sie rät mit einem japanischen Börsensprichwort zur Vorsicht, das das plötzliche Ende einer Kursjagd beschreibt. „,Noch immer‘ wird rasch ‚bereits‘.“ Oder auf Deutsch: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.

Ein bunter Firmenmix dominiert die Rangliste

Doch am Aktienmarkt hat sich die Lage seit damals geändert: Die Zusammensetzung der Top-Werte ist mittlerweile eine ganz andere. Damals dominierten Japans Großbanken die Rangliste der wertvollsten Unternehmen, nun ist es ein bunter Firmenmix: Toyota ist derzeit das wertvollste Unternehmen des Landes, gefolgt vom Technikinvestor Softbank und dem Unterhaltungs- und Elektronikkonzern Sony, der gerade für sein laufendes Geschäftsjahr 2020 einen Rekordgewinn angekündigt hat.

Weitere Firmen in Japans Top-10 sind der Hersteller elektronischer Bauteile Keyence, der Telekomriese NTT, die Mutter der Modemarke Uniqlo, Fast Retailing, die gerade Spaniens Inditex als wertvollsten Modehersteller der Welt abgelöst hat, der Elektromotorenriese Nidec, der Videospielprofi Nintendo, der Dienstleistungskonzern Recruit und der Pharmakonzern Chugai.

Zudem zahlt sich in der Krise für die Anleger aus, dass Japans Unternehmen während der fetten Jahre riesige Bargeldreserven angehäuft und nicht etwa gänzlich ausgezahlt haben. Trotz Gewinneinbrüchen halten laut einer Untersuchung von Nomura Asset Management zwei Drittel der Unternehmen ihre Dividenden stabil, während 15 Prozent sie sogar anheben.

Die Ausschüttungen an Aktionäre gelten dabei als Zeichen für die Kurspflege der Unternehmen. Anders als vor 30 Jahren werden Anleger nicht mehr mit geringen Auszahlungen abgespeist. Dies funktioniert nicht mehr in einem Markt, in dem Ausländer einheimische Investoren als die größte Anlegergruppe abgelöst haben.

Auf diese Aktien schauen Strategen

Auch das Interesse der Experten ist gestreut. Sean Darby, Chefstratege vom Investmenthaus Jefferies, mag japanische Technikunternehmen, die wie ihre asiatischen Rivalen vom Aufschwung in den USA profitieren. Doch Darby sieht die Japaner im Vorteil: „Verglichen mit ihren Rivalen, sehen Japans Tech-Aktien preiswert aus, solange die Broker sich noch überschüssiger Liquidität erfreuen.“

Nomuras Strategen raten derweil zum einen zu Aktien, die durch die Lockerung der pandemischen Einschränkungen profitieren können. Immobilienentwickler performten zuletzt stark in Japan. Zum anderen setzen sie auf konjunkturabhängige Sektoren, die voraussichtlich ein hohes, selbstgetriebenes Wachstum erzielen werden: Elektrogeräte & Präzisionsinstrumente, Maschinen, Automobile & Transportausrüstung sowie Finanzwerte – außer Banken versteht sich. Die sind in Japan zwar profitabel, leiden aber weiter unter der Nullzinspolitik.

Bleibt die Frage, wie lange die globale Hausse die Unternehmenswerte noch aufblasen kann. Als potenzielle Wendepunkte gelten eine mögliche Kurskorrektur der amerikanischen oder japanischen Notenbank, ein stärkerer Anstieg der Zinsen in den USA, die Verbreitung impfresistenter Corona-Mutationen und eine Eskalation des Streits zwischen den USA und China.

Die Strategen von Japans Investmentbank Nomura sind sich dennoch sicher, dass der Nikkei 2021 noch 32.000 Punkte erreichen könnte. Portfolio-Manager Ciganer teilt den Optimismus. John Vail, Chief Global Strategist bei Nikko Asset Management, sieht einen weiteren wichtigen Pluspunkt für Japan, sollten die genannten Wendepunkte nicht Realität werden: Er erwartet eine Wiederbelebung der Aktienkultur bei Einzelinvestoren, gerade den jüngeren Generationen. „Die Erinnerungen an die Blase der 1980er-Jahre verblassen“, so Vail.

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