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Immoaktien-Rally trifft auf Benko-Krise: Fünf Themen des Tages

(Bloomberg) -- Jan-Patrick Barnert über sektorale Sirenengesänge. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages täglich direkt in ihre Mailbox.

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Die Ausgebombten locken

Die seit zwei Jahren arg gebeutelten Immobilienaktien blicken seit Monaten sehnsüchtig auf ein mögliches Ende steigender Zinsen, und die jüngsten Töne der US-Notenbank sind Balsam für den angeschlagenen Sektor.

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Seit dem Tiefpunkt Ende Oktober hat der europäische Immobiliensektor um gut 12% zugelegt, mehr als das Dreifache des Stoxx 600. Die Branche hatte vergangene Woche ihr beste Wertentwicklung aller Zeiten, bleibt im Vergleich zu den letzten Jahren aber immer noch ein deutlicher Underperformer.

Sollte sich der Trend bei den Anleiherenditen fortsetzen, könnte der Auftrieb noch länger andauern. Laut S&P Global Market Intelligence ist der Sektor wahrscheinlich der mit den meisten Leerverkäufen in Europa. Zudem ist er günstig bewertet, und in der aktuelle Berichtssaison konnten 71% der Immobilienunternehmen die Umsatzerwartungen übertreffen, deutlich mehr als die 37% des Gesamtmarktes, laut einer Analyse von JPMorgan.

Bislang waren alle Erholungen des Sektors eher kurzlebig, denn die Liste der Sorgen bleibt grundsätzlich lang: Zinsen sind nach wie vor hoch, Refinanzierungsbedingungen bestenfalls mau, Baukosten explodieren, fragile Immobilienbewertungen und unter Inflationsdruck geratene Verbraucher lasten auf dem Ausblick sowohl von Wohn- als auch von Gewerbeobjekten. Zudem könnten die Probleme des österreichischen Immobilienmoguls René Benko und seiner Signa-Gruppe den Risikoappetit der europäischen Banken bei Immobilienengagements weiter dämpfen und sollte Signa zu Notverkäufen gezwungen sein, drohen womöglich Ansteckungs- und negative Bewertungseffekte für den gesamten Sektor.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Stephan Kahl, Alexander Kell, und Boris Groendahl: Dämpfer nötig, Schalter geschlossen, am Tropf des Auslands, wie voll ist das Glas?, und Wahlkampf eröffnet.

Dämpfer nötig

Was, wenn die Zinssenkungserwartungen der Realität enteilt sind? Anleiheinvestoren wetten zunehmend aggressiver auf Leitzinssenkungen, auch wenn Notenbanker wie EZB-Chefin Christine Lagarde nicht müde werden zu erklären, dass Zinssenkungsdebatten “völlig verfrüht” wären. Der Glaube an das Mantra der Notenbanker, dass die Zinsen auf absehbare Zukunft hoch bleiben werden, bröckelt offensichtlich. Die Märkte wetten inzwischen darauf, dass die Fed die US-Zinsen im Juni zum ersten Mal herabsetzt und bis Ende 2024 fast 100 Basispunkte an Senkungen vorgenommen haben wird. Ähnliches wird für die EZB erwartet, möglicherweise sogar schon ab April. Aggressive Positionierungen könnten indes nach hinten losgehen. Immer wieder in diesem Zyklus hat der Markt entweder ein Ende der Zinserhöhungen verfrüht vorhergesehen — oder hatte Straffungserwartungen, die sich schnell als überzogen erwiesen. Die Inflationserwartungen seien nach wie vor so hoch, dass sie jede Zentralbank von einer Lockerung der Geldpolitik abhalten müssten, schreibt Bloomberg-Kolumnist John Authers. In Deutschland zögen sie sogar rasch an.

Schalter geschlossen

Bei den deutschen Banken sinken die Mitarbeiterzahlen weiter. Allein bei den Spitzeninstituten des öffentlich-rechtlichen Bankensektors waren Ende Juni fast 300 Mitarbeiter weniger beschäftigt als noch sechs Monate zuvor. Auch wenn das zum Teil auf Sondereffekte wie den Verkauf einer Tochter bei der LBBW zurückzuführen ist, so zeigt sich doch, dass sich 2023 nahtlos an die Vorjahre anschließen dürfte und die Bankenbranche in Summe erneut weniger Mitarbeiter haben wird. Darauf deuten auch Nachrichten von den privaten Banken hin. So bestätigte Claudio de Sanctis, Privatkundenvorstand der Deutschen Bank, erst vor wenigen Tagen, dass dass die Ausdünnung des Postbank-Filialnetzes mit Jobverlusten einhergehen wird. Konkrete Ziele für den Stellenabbau nannte er nicht. Die HypoVereinsbank hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Die Zahl der Stellen sank dort zu Ende September um fast ein Zehntel auf 10.031, verglichen mit 11.050 ein Jahr zuvor.

Am Tropf des Auslands

Der Auftragseingang im deutschen verarbeitenden Gewerbe hat im September den pessimistischen Erwartungen getrotzt und mit einem Plus von 0,2% den zweiten monatlichen Anstieg in Folge hingelegt. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten einen Rückgang von 1,5% prognostiziert. Einem Anstieg der Auslandsaufträge stand ein Einbruch im Inland gegenüber, die Infusion für den “kranken Mann Europas” kommt also von jenseits der Grenze. Die endgültigen Einkaufsmanager-Zahlen lagen für Deutschland (vier Monate Kontraktion) wie auch die Eurozone (fünf Monate Kontraktion) fast oder ganz genau auf dem Niveau der vorläufig gemeldeten. Eines der Sorgenkinder der Konjunktur ist die Bauwirtschaft, die unter einer Stornierungswelle auf Rekordniveau und schrumpfenden Auftragsbüchern leidet. In einer Ifo-Umfrage gaben im Oktober 22,2% der Wohnungsbauunternehmen an, von Projektstornierungen betroffen zu sein — der höchste Wert seit Beginn der Statistik im Jahr 1991.

Wie voll ist das Glas?

Die Krise des Immobilenimperiums von René Benko hat die Ratingagentur Fitch veranlasst, die Signa Development Selection AG auf ‘CCC’ herabzustufen. Dabei verwiesen die Bonitätswächter auf die Liquiditätsprobleme, über die der Entwickler von Büro- und Wohnanlagen, Einzelhandelsobjekten und Hotels unlängst seine Gesellschafter informiert hatte, sowie die Finanzierungsprobleme anderer Firmen der Gruppe. Die FAZ indessen meldete, die Fondsgesellschaft Commerz Real wolle ein Hochhaus in Berlin nun in Eigenregie bauen und habe Signa kurz vor Baustart die Kündigung geschickt. Bei den Bemühungen zu retten, was zu retten ist, zeichnet sich unter den Benko-Investoren der Baumagnat Hans Peter Haselsteiner als treibende Kraft ab. In einem Zeitungsinterview erklärte er, überschuldet sei die Gruppe nicht. Die Benko-Probleme sind auch ein Thema für die europäische Bankenaufsicht. Denn Abschläge bei Notverkäufen könnten die Bewertung anderer Gewerbeimmobilien beeinträchtigen, mit der Folge zusätzlichen Vorsorgebedarfs bei damit besicherten Bankkrediten.

Wahlkampf eröffnet

Zur Halbzeit der Ampelkoalition ist der Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025 bereits entbrannt. Vor allem der grüne Vizekanzler Robert Habeck hat die Initiative im Rennen um die Kanzlerkandidatur ergriffen. Zunächst feuerte der Wirtschaftsminister gegen die harte Budgetlinie von Lieblings-Frenemy, Finanzminister Christian Lindner. In dieser Woche legte er mit einem Ausflug in die Außenpolitik auch innerparteilich nach, indem er zum Israel-Palästina-Konflikt Worte fand, die seiner grünen Parteirivalin und Außenministerin Annalena Baerbock nicht gelungen waren. Das zehnminütige Video wurde zur kommunikativen Meisterleistung, der sogar dem Erzfeind Bild-Zeitung Respekt abforderte. Ob die Binnen-Auseinandersetzung in Partei und Koalition auch der Ampel überdrüssige Wähler von AfD oder Union zurücklockt, wird sich freilich erst noch weisen müssen.

Was sonst noch passiert ist:

  • Homeoffice, sweet homeoffice

  • Keine Bank-Run-Bremse

  • Deutscher Baby-Tesla

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