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Der große Umbruch – wie sich die Commerzbank verändern will

Vorstandschef Martin Zielke baut die Organisation der Commerzbank radikal um. Er will das Institut schneller und effizienter machen.

Wenn er über den digitalen Campus der Commerzbank spricht, gerät Martin Zielke ins Schwärmen. Er sei selbst sehr oft im Entwicklungszentrum, in dem das Geldhaus Digitalisierungsprojekte vorantreibt und neue Produkte entwickelt, sagte der Vorstandschef im Mai auf der Hauptversammlung. „Dort spüre ich, wie sich die Bank verändert.“

Im Gebäude an der Frankfurter Theodor-Heuss-Anlage gibt es weder lange Entscheidungswege noch Einzelbüros für Chefs. Stattdessen wird mit kleinen Teams und oft auch zusammen mit Kunden an neuen Produkten gearbeitet. Zielke ist von dem Ansatz begeistert. „Es ist hochspannend.“

Und deshalb will der Vorstandschef nach Informationen des Handelsblatts viele Strukturen, die sich im Campus bewährt haben, jetzt auch auf die Commerzbank-Zentrale am Kaiserplatz übertragen. Für die zweitgrößte deutsche Privatbank, die Mitarbeitern zufolge in manchen Bereichen noch tickt wie ein Beamtenladen, kommt das einer Revolution gleich. Im Rahmen des Projekts „Campus 2.0“ sollen Finanzkreisen zufolge Prozesse in der gesamten Bank gestrafft und Produkte schneller auf den Markt gebracht werden.

Doch Zielkes Maßnahmen kommen nicht überall gut an. Teile der Belegschaft sind verunsichert. Im Herbst 2016 hatte Zielke im Rahmen der Strategie „Commerzbank 4.0“ bereits den Abbau von 9600 Vollzeitstellen verkündet. Die Umsetzung dieser Maßnahmen beginnt vielerorts gerade erst.

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Dass der Vorstandschef nun schon mit der nächsten Strukturidee um die Ecke komme, habe viele irritiert, berichtet ein Mitarbeiter. „Viele Leute sind sehr nervös.“ Andere Beschäftigte kritisieren, auch die interne Kommunikation der neuen Maßnahmen sei mangelhaft gewesen.

Doch der Vorstand ist offenbar der Ansicht, dass die Bank mehr Tempo machen muss, wenn sie ihre für 2020 ausgegebenen Ziele erreichen will. Der Vorsteuergewinn fiel im ersten Quartal um zwölf Prozent auf 289 Millionen Euro, besonders wegen des schwachen Abschneidens des Firmenkundengeschäfts. Und bei vielen Analysten wachsen die Zweifel, ob die Commerzbank ihre Erträge bis 2020 wie angepeilt auf mehr als 9,8 Milliarden Euro steigern kann. Die Commerzbank-Aktie hat seit Jahresbeginn rund 25 Prozent an Wert verloren.

Neue Wege gehen und querdenken

„Um unser Ziel zu erreichen, müssen wir schneller, effizienter und einfacher werden“, erklärt Commerzbank-Manager Jörg Hessenmüller in einer internen Mitteilung zu „Campus 2.0“, die dem Handelsblatt vorliegt. Die Bank steuere bei der Digitalisierung in die richtige Richtung. Die vergangenen Monate hätten jedoch auch gezeigt, wo Stolpersteine lägen. Nun müsse das Institut aus den gemachten Erfahrungen lernen und den Mut haben, „neue Wege zu gehen und querzudenken“.

Hessenmüller hat als Bereichsleiter für Entwicklung und Strategie maßgeblich an der Ausarbeitung von „Commerzbank 4.0“ mitgewirkt. Ab 1. Juli wird der Manager der Mitteilung zufolge Chef des neu geschaffenen Konzernbereichs Digital Transformation – und berichtet in dieser Funktion direkt an Vorstandschef Zielke.

„Wir haben in den zurückliegenden 15 Monaten im Campus erlebt, was wir in kurzer Zeit alles schaffen können – nicht zuletzt aufgrund neuer Formen der Zusammenarbeit“, betont Hessenmüller im Intranet der Bank. „Diese Methoden wollen wir nun zum Nutzen unserer Kunden in die Bereiche der Zentrale tragen, die nah an der Produktentwicklung sind.“

Hierfür sollen Mitarbeiter aus verschiedenen Konzernsparten, die an einem Produkt oder Service beteiligt sind, in Teams zusammengefasst werden. Diese Teams heißen bei der Commerzbank Cluster und sollen Produkte von Anfang bis Ende entwickeln und an den Markt bringen.

„Die direkte und enge Zusammenarbeit wird Zeit sparen“, heißt es in der internen Mitteilung. „Neue Produkte und Services, aber auch deren Weiterentwicklung, können so zukünftig schneller realisiert werden.“ Einige Cluster haben bereits Mitte Mai ihre Arbeit aufgenommen, weitere sollen Anfang Juli starten.

Besonders große Veränderungen kommen dabei auf die IT-Experten der Commerzbank zu. Sie sollen unter dem Dach der neuen Digitalsparte künftig direkt mit den Produktentwicklern zusammenarbeiten. Auch die Deutsche Bank hat beschlossen, dass ihre IT-Experten stärker in den Geschäftssegmenten mitwirken sollen. Und nach dem Abgang von Kim Hammonds gibt es bei Deutschlands größtem Geldhaus niemanden mehr im Vorstand, der sich ausschließlich mit IT beschäftigt.

Die Commerzbank prüft Finanzkreisen zufolge auch weitergehende Umstrukturierungen. „Die Bank hinterfragt ihre gesamte Organisationsstruktur“, sagte eine Führungskraft dem Handelsblatt. „Campus 2.0“ sei dabei ein großes Puzzleteil. „Man denkt aber auch über Änderungen nach, die noch darüber hinausgehen.“ Vorstellbar ist Konzerninsidern zufolge etwa die Schaffung einer zentralen Einheit für das Kreditgeschäft und auf mittlere Sicht auch ein neuer Zuschnitt der Vorstandsressorts. Die Commerzbank äußerte sich dazu nicht.

Eine wichtige Rolle bei der Ausrichtung des Instituts spielt Stefan Schmittmann. Er war von 2008 bis 2015 Risikovorstand und löste im Mai den langjährigen Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller ab. Aktuell macht sich Schmittmann ein genaues Bild von der Lage des Geldhauses und spricht mit Experten innerhalb und außerhalb der Bank.

Kritische Fragen hat er dabei Finanzkreisen zufolge vor allem zur Aufstellung der Firmenkundensparte gestellt. „Und er klang nicht sehr begeistert von dem, was er bisher gehört hat“, sagt eine mit den Gesprächen vertraute Person. Ob Schmittmann Veränderungen anstrebt und wie diese aussehen könnten, habe er jedoch nicht durchblicken lassen.

Auch im Kerngeschäft läuft es mau

Eine gute Möglichkeit, über Anpassungen zu diskutieren und zu entscheiden, bietet sich im September. Dann treffen sich Vorstand und Aufsichtsrat der Commerzbank zu ihrer jährlichen Strategiesitzung. „Ich glaube, die nächsten Wochen wird einiges passieren“, sagt ein Konzerninsider.

Die Commerzbank hat im Herbst 2016 beschlossen, ihre Mittelstandsbank mit dem Segment Großkunden und Investmentbanking zusammenzulegen. Manche Mitarbeiter sehen den neuen Zuschnitt allerdings bis heute kritisch und fürchten, das Institut verliere dadurch die Bedürfnisse kleinerer Firmen aus dem Auge. Denn Vorstand des neuen Segments ist Michael Reuther, der zuvor für das Investmentbanking zuständig war.

Reuther musste im Rahmen des Umbaus viele unpopuläre Entscheidungen treffen und Stellen streichen. Zudem gab die Bank exotische Derivateprodukte auf und fuhr das Geschäft mit anderen Geldhäusern zurück – die Zahl der Korrespondenzbanken hat sich mehr als halbiert auf rund 2500. Alle diese Maßnahmen drückten auf die Erträge.

Allerdings läuft es auch im Kerngeschäft mau. Unter dem Strich fielen die Erträge im Firmenkundensegment im ersten Quartal um zwölf Prozent auf 966 Millionen Euro. Der Vorsteuergewinn brach sogar um 46 Prozent auf 145 Millionen Euro ein. Investoren und Analysten sprechen von einer enttäuschenden Entwicklung – zumal sich die Risikovorsorge wegen des guten konjunkturellen Umfelds auf sehr geringem Niveau bewegte.

Die Commerzbank leidet wie viel andere Geldhäuser unter dem harten Wettbewerb um Firmenkunden in der Bundesrepublik sowie der Geldpolitik der EZB. Andere deutsche Institute kommen mit dem Druck allerdings besser zurecht als die Commerzbank. Die BayernLB baute ihren Vorsteuergewinn im Firmenkunden- und Mittelstandsgeschäft im ersten Quartal beispielsweise um vier Prozent aus und rechnet im Gesamtjahr mit einem stabilen Geschäftsverlauf.

Commerzbank-Vorstand Reuther hat trotz der schwierigen Marktbedingungen eine Kreditoffensive ausgerufen. Bis 2020 soll das Kreditvolumen im Firmenkundengeschäft um gut zehn Prozent auf 85 Milliarden Euro steigen. Zweifel an der Aufstellung seines Segments hat der 59-Jährige bisher nicht erkennen lassen. „Ich glaube, wir haben große Fortschritte gemacht“, sagte Reuther kürzlich bei einer Investorenkonferenz.