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Großbritannien entzieht chinesischem TV-Sender Lizenz – und verschärft so Konflikt mit Peking

Es ist ein Rückschlag für Chinas Einfluss: Der Entzug der Sendelizenz bremst die globalen Ambitionen des Staatssenders. Peking reagiert wütend.

Das Vorgehen der britischen Rundfunkaufsicht gegen den chinesischen Auslandssender CGTN (China Global Television News) schlägt hohe Wellen. Das Sendeverbot heizt den politischen Konflikt zwischen London und Peking an – und stellt die Expansionspläne des Unternehmens infrage.

Das chinesische Außenministerium kritisierte die Entscheidung am Freitag scharf. „Wir fordern Großbritannien nachdrücklich dazu auf, seine politischen Manöver sofort einzustellen und seine Fehler zu korrigieren“, sagte ein Sprecher in Peking. „China behält sich das Recht vor, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen der chinesischen Medien zu schützen.“

Die britische Behörde Ofcom hatte dem CGTN-Betreiber Star China Media Limited (SCML) am Donnerstag die Sendelizenz entzogen. Als Begründung führte sie an, SCML stelle keine Inhalte her, sondern verteile sie nur. Redaktionelle Entscheidungen würden vom chinesischen Staatssender CCTV getroffen, der wiederum von der Kommunistischen Partei in Peking gelenkt werde. Laut dem britischen Rundfunkrecht muss ein Lizenzinhaber Kontrolle über die gesendeten Inhalte haben.

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Auch den Antrag von CGTN, die Lizenz von SCML auf die Firma CGTNC zu übertragen, lehnte Ofcom ab. Der Sender habe nicht nachgewiesen, dass CGTNC organisatorisch von der chinesischen Regierung getrennt sei, erklärten die Aufseher. Politische Institutionen erhalten in Großbritannien grundsätzlich keine Sendelizenz.

CGTN soll chinesische Soft Power verbreiten

Der Beschluss ist ein schwerer Rückschlag für die globalen Ambitionen des englischsprachigen Senders. CGTN war 2016 aus dem Nachrichtensender CCTV News hervorgegangen.

Das Unternehmen investierte massiv in die drei ausländischen Hubs Washington, Nairobi und London und stellte englische Muttersprachler ein, um die chinesische Soft Power in der Welt auszubauen. Zum Start von CGTN forderte Staats- und Parteichef Xi Jinping die Mitarbeiter persönlich auf: „Erzählt eine gute China-Geschichte und verbreitet die Stimme Chinas!“ Der Sender müsse darauf hinarbeiten, Chinas Rolle als Schaffer des „Weltfriedens“ global zu verankern.

Nun steht diese Expansion infrage. Es ist unklar, wie es mit der Europazentrale im Westlondoner Stadtteil Chiswick weitergeht. Der Sender äußerte sich auf Handelsblatt-Anfrage zunächst nicht dazu. Ursprünglich sollte von dort rund eine Stunde Sendezeit zum 24-stündigen englischsprachigen Programm beigesteuert werden. Das restliche Programm wurde aus Peking, Washington und Nairobi geliefert.

Die britischen TV-Anbieter Sky und Freesat haben CGTN bereits aus ihrem Angebot entfernt. Der Lizenzentzug betrifft jedoch nur die TV-Kanäle. Das Programm kann über das Internet überall in Europa weiter empfangen werden.

Erzwungener Teil-Abzug aus Washington

Auch das Büro in Washington musste bereits geschrumpft werden, nachdem das US-Außenministerium im vergangenen Jahr die Zahl der Akkreditierungen für die fünf großen chinesischen Staatsmedien auf 100 beschränkt hatte. Vorher hatte es insgesamt 160 Mitarbeiter in den USA gegeben.

In den USA ist CGTN inzwischen verpflichtet, seine Eigentümerstruktur sowie Zahlungen aus dem Ausland offenzulegen. Aus den eingereichten Unterlagen geht hervor, dass CGTN dem chinesischen Staat unterstellt ist und allein zwischen Dezember 2018 und Januar 2019 Zahlungen aus China in Höhe von mehr als 24 Millionen Dollar erhalten hat. Auf CGTN wird zwar auch Werbung geschaltet, allerdings in einem vergleichsweise geringen Umfang.

Das Gesamtbudget von CGTN ist nicht bekannt, der Sender legt keine Zahlen offen. Professor David Shambaugh von der George-Washington-Universität schätzt, dass Peking jedes Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar ausgibt, um international Einfluss auszuüben, wobei Medien davon nur ein Teil sind.

CGTN wettert gegen „chinafeindliche Kräfte“

CGTN wird immer wieder für seine Berichterstattung kritisiert. Zuletzt hatte eine Journalistin des Senders behauptet, der von der deutschen Firma Biontech entwickelte Impfstoff gegen das Coronavirus könnte den Tod mehrerer Patienten verursacht haben. Die Quellen, die sie dafür geteilt hatte, hatten sich als Falschinformationen herausgestellt. Zudem hatte der Sender die prodemokratischen Proteste in Hongkong als Terrorismus bezeichnet.

Den Entzug der britischen Sendelizenz quittierte CGTN in einer offiziellen Stellungnahme mit „Enttäuschung“ und „starker Ablehnung“. Schließlich habe man eine „18-jährige gute Bilanz“ in Großbritannien. Die Entscheidung sei „unter dem Einfluss rechtsextremer Organisationen und chinafeindlicher Kräfte“ erfolgt, erklärte der Sender, ohne diese Behauptung zu belegen.

Die Gefahr besteht, dass Peking mit Vergeltungsmaßnahmen gegen britische Medien reagiert. Im vergangenen Jahr hatte China mindestens 16 Korrespondenten von US-Medien ausgewiesen – als Reaktion auf die Verringerung der US-Akkreditierungen für chinesische Staatsmedien.

Nun könnte die BBC in den Fokus geraten, fürchten Beobachter. Das Außenministerium in Peking forderte am Donnerstag bereits eine öffentliche Entschuldigung von dem britischen Sender für angebliche Falschberichte über die Corona-Pandemie.

Vergeltung gegen BBC befürchtet

Die BBC steht auch wegen der Berichterstattung zu den Menschenrechtsvergehen an der muslimischen Minderheit der Uiguren in der westchinesischen Region Xinjiang unter heftigem Beschuss. Erst diese Woche hatte der Sender einen Bericht darüber veröffentlicht, wie in Internierungslagern in Xinjiang Uiguren nicht nur unter Zwang festgehalten und indoktriniert, sondern auch systematisch vergewaltigt werden.

Die BBC habe viele exklusive Berichte über Xinjiang und Hongkong veröffentlicht, die alle falsch seien, schrieb Hu Xijin, Chefredakteur der nationalistischen Staatszeitung „Global Times“ auf Twitter. „Ich habe den starken Verdacht, dass die BBC eng von den Geheimdiensten der USA und Großbritanniens angestiftet wurde.“

Dass Peking zu wirtschaftlichen Sanktionen gegen Großbritannien greift wie im Streit mit Australien, ist zunächst unwahrscheinlich. Allerdings verschlechtern sich die Beziehungen zwischen London und Peking immer weiter. Grund ist unter anderem das Vorgehen der chinesischen Regierung in Hongkong. Im vergangenen Jahr hatte die britische Regierung zudem das chinesische Tech-Unternehmen Huawei vom Aufbau seines 5G-Netzes ausgeschlossen.

Die Ofcom-Entscheidung wird nun als nächster unfreundlicher Akt angesehen. „Es ist wahrscheinlich, dass China darauf harsch reagieren wird“, sagte Peter Dahlin, Mitgründer der Nichtregierungsorganisation Safeguard Defenders, die die Beschwerde bei Ofcom eingereicht hatte.

„Es kann nicht genug betont werden, wie wichtig CGTN in der geplanten Expansion der Kommunistischen Partei Chinas für Soft Power und Einfluss in Europa ist, was mit der Verschlechterung der Beziehungen zu den USA nur noch wichtiger geworden ist.“