Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 2 Stunden 14 Minuten
  • Nikkei 225

    37.981,87
    +353,39 (+0,94%)
     
  • Dow Jones 30

    38.085,80
    -375,12 (-0,98%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.930,81
    -25,14 (-0,04%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.389,14
    +6,57 (+0,48%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.611,76
    -100,99 (-0,64%)
     
  • S&P 500

    5.048,42
    -23,21 (-0,46%)
     

Going Public - das Wagnis Börsengang

Soll man die Aktien eines Börsenneulings sofort kaufen oder erstmal abwarten? In Folge G wie Going Public klärt unser Anlegeralphabet auf über Marktkapitalisierung, Zeichnungsspannen und unseriöse Börsengänge.

In den bisherigen Folgen wurde noch nicht geklärt, wie Aktien überhaupt an die Börse kommen. Um die Börsennotierung aufzunehmen, muss das Unternehmen zunächst in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, damit das Eigenkapital in so kleine Häppchen zerteilt wird, dass sich möglichst viele Aktionäre beteiligen können. Dann kann der Gang auf das Börsenparkett beginnen.

Aus Sicht eines Unternehmens ist der Gang an die Börse ein bedeutender Meilenstein der Unternehmenshistorie. Aus Sicht der Anleger stellt sich die Frage, ob sie die Aktien des Börsenstarters schon vor der Erstnotiz direkt aus den Händen des Unternehmens und der Alteigentümer kaufen sollen oder das lieber später an der Börse nachholen.

Der Begriff Going Public betont, dass ein Börsengang ein gewagter Schritt in die Öffentlichkeit ist. Das Wagnis besteht für das Unternehmen und seine Manager darin, sich mit anderen bereits börsennotierten AGs auf der offenen Bühne des Kapitalmarkts messen zu müssen und auf diesem Weg aus dem bisher gemütlich geschlossenen Eigentümerkreis herauszutreten. Plötzlich kann jeder Eigentümer werden, der das will.

Ein Börsengang spült einerseits Geld in die Kassen des Unternehmens, was hoch willkommen ist. Andererseits muss das Management nun regelmäßig Geschäftszahlen offen legen und bekommt bei Fehlentscheidungen sofort die Quittung in Form fallender Kurse. Zudem können Großinvestoren wesentliche Anteile über die Börse einkaufen oder sogar das komplette Unternehmen schlucken.

WERBUNG

Börsengänge sind ein Wagnis

Börsengänge sind natürlich auch aus Sicht von Anlegern ein Wagnis, vor allem, wenn sie schon vor der Erstnotiz der Aktie während der Zeichnungsfrist Anteile kaufen. Denn die vorab festgelegte Preisspanne entspringt den Vorstellungen der alten Eigentümer und hat sich am Kapitalmarkt noch nicht bewährt. Die Preisspanne bezieht sich auf eine einzelne Aktie und nennt den Mindest- und Höchstpreis, zu dem Anleger vorab zeichnen können. Wer am unteren Ende der Spanne zeichnet, verringert das Risiko, zu viel zu zahlen, falls der Kurs hinterher unter den Ausgabepreis sinken sollte. Wer am oberen Ende zeichnet, glaubt an die Aktie und will ausschließen, dass andere Interessenten ihn überbieten. Bei aus Sicht der Investoren vielversprechenden Börsengängen werden regelmäßig mehr Aktien zur Zeichnung nachgefragt als Angebot da ist. Nur die Höchstbietenden bekommen Aktien zugeteilt, der Rest geht leer aus.

Eine viel zitierte Kennzahl bei Börsengängen ist die Bewertung, auch Marktkapitalisierung. Sie berechnet sich wie folgt: Gesamtzahl der Aktien des Unternehmens multipliziert mit dem Angebotspreis je Aktie. Diese Kennzahl bezieht sich auf den Gesamtwert des Unternehmens, nicht auf den Wert der dem Kapitalmarkt angebotenen Aktien. Letzterer ist meist deutlich niedriger, weil beim Börsengang nicht alle Firmenanteile den Besitzer wechseln. Stattdessen behalten die Alteigentümer in der Regel einen Teil der Aktien.

Anleger müssen sich im Klaren darüber sein, dass der Börsengang ein lukrativer Weg für die Alteigentümer sein kann, aus ihrem Investment auszusteigen. Dabei wechseln alte Aktien den Besitzer und das Risiko geht zu einem großen Teil auf die neuen Aktionäre über. Deshalb ist es für Anleger sehr wichtig, sich die Struktur des Initial Public Offerings (IPO), also des erstmaligen Kaufangebots, genau anzuschauen. In der Regel gehören zu diesem Angebot sowohl alte Aktien aus dem Bestand der bisherigen Eigentümer als auch neue Aktien, die das Unternehmen extra für den Börsengang herausgibt. Ein Teil des beim Börsengang eingesammelten Geldes fließt dadurch per Kapitalerhöhung an das Unternehmen, der andere in die Taschen der Altaktionäre.


So erkennt man unseriöse Börsenkandidaten

Unseriös sind oft solche Börsengänge, bei denen das Anlegergeld überwiegend bei den bisherigen Eigentümern landet. Denn dann fehlt dem Unternehmen Geld für wegweisende Zukunftsinvestitionen, während die Alteigner sich weitgehend aus dem Staub machen und nur noch kleine Anteilspakete behalten. Das kann das Angebot unglaubwürdig machen und ist besonders schade, weil die Alteigentümer dadurch dem Ruf ihres an sich soliden Unternehmens schaden können. Dagegen steigern Alteigentümer Vertrauen in den Börsenkandidaten, indem sie auch nach dem Börsengang einen gewichtigen Aktienbestand halten und vor dem Verkauf ihrer Restaktien verbindliche Mindesthaltedauern einhalten.

Auf diese Weise bleibt das finanzielle Schicksal der alten Eigentümer für einige Zeit mit dem der neuen Aktionäre verbunden, die das Unternehmen noch nicht so lange kennen. Wer sich als Privatanleger eine Meinung über ein an die Börse strebendes Unternehmen bilden will, kann aus der geplanten Verteilung des IPO-Erlöses mitunter mehr herauslesen als aus den oft rosigen Prognosen der Investmentbanken über die angeblichen Wachstumschancen eines Börsenkandidaten.

Manchmal sind es die Gründer oder deren Erben, die ein Unternehmen an die Börse bringen. Oft sind aber professionelle Finanzinvestoren am Ruder, die ihre Anteile nur einige Jahre gehalten haben. Die Bewertung der Leistung dieser Finanzinvestoren aus Sicht der Anleger kann unterschiedlich ausfallen. Im guten Fall haben sie dem Unternehmen zu Wachstum verholfen, sodass es eine für den Kapitalmarkt kritische Masse erreichen konnte und ein professionelles Management eingesetzt, das fit für die Börse ist. Im schlechten Fall haben sie dem Unternehmen hohe Schulden aufgebrummt und fleißig Gewinne abgeschöpft und wollen nun die ausgezehrte Substanz dem Kapitalmarkt unterjubeln.

Mit einem Börsengang gehen also viele Risiken einher. Ökonomisch gesprochen, stecken in einem Börsengang die perfekten Zutaten für „Moral Hazard“, also für verdeckte Handlungen zum Schaden anderer: Es handelt sich um ein komplexes Produkt, dessen Qualität kaum abschätzbar ist, dazu verfügen die Alteigentümer über einen gewaltigen Wissensvorsprung gegenüber den Neuaktionären und außerdem kann selbst der bestinformierte Investor die unsichere Zukunft nicht vorhersehen.

Risikoscheue Anleger sollten sich daher bei Börsengängen lieber zurückhalten. Wenn der Neuzugang sich am Markt bewährt hat, kann man die Aktie immer noch jederzeit kaufen. Dafür ist die Börse schließlich da.

Die bisherigen Folgen unseres Anlegeralphabets finden Sie hier.

KONTEXT

Begriffe zum Börsengang

IPO

IPO steht für "Initial Public Offering", was so viel wie "erstmaliges öffentliches Angebot". Im Angelsächsischen spricht man bei einem Börsengang auch von "going public". Es geht also um den Börsengang, der Anlegern erstmals öffentlich Teile des Unternehmens in Form vom Aktien anbietet. Die Aktien sind dabei ein - meist winziger - verbriefter Anteil am Eigenkapital eines Unternehmens.

Neuemission

Eine Neuemission ist ein Angebot neu geschaffener Wertpapiere. Das können Aktien, Anleihen, Zertifikate oder sonstige Wertpapiere sein. Kommen etwa bei einem Börsengang neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung auf den Markt, spricht man von einer Neuemission.

Zeichnungsfrist

Sie legt den Zeitraum fest, innerhalb dessen ein Anleger neu emittierte Wertpapiere zeichnen kann, also sich durch schriftliche Erklärung die Übernahme eines bestimmten Betrags zusichern kann. Nur wenn die Nachfrage schwach ist, wird eine Zeichnungsfrist auch mal verlängert.

Preisspanne

Vor Beginn der Zeichnungsfrist nennt das Unternehmen eine Preisspanne, zum Beispiel von 20 bis 25 Euro. Die Investoren teilen dann mit, wie viele Aktien sie zu übernehmen bereit sind und nennen dafür einen Preis innerhalb der Preisspanne. Kommen nicht genug Anfragen zusammen, kann das Unternehmen - der Emittent - die Preisspanne auch senken. Aus den Zeichnungsaufträgen ermittelt der Emittent dann den Ausgabepreis, zu dem es die Aktien den Investoren überlässt.

Greenshoe/ Mehrzuteilungsoption

Bei vielen Börsengängen können über das genannte Emissionsvolumen hinaus in den Tagen nach der Erstnotiz an der Börse weitere Aktien ausgegeben werden. Diese Mehrzuteilung wird auch Greenshoe genannt. Sie kommt bei hoher Nachfrage nach den Wertpapier zum Einsatz. Wie groß der Greenshoe ist, muss im Börsenprospekt stehen.

Erstnotiz/ erster Handelskurs

Nachdem die Aktien zum Ausgabepreis an die Anleger verteilt worden sind, wird es ernst: Die Aktien werden zum ersten Mal an der Börse gehandelt. Aus Kauf- und Verkaufsangebot wird der erste Kurs im Handel ermittelt - die Aktie notiert zum ersten mal an der Börse. Die Erstnotiz erfolgt zum angekündigten Datum, der erste Handelskurs sollte über dem Ausgabepreis liegen.

Regulierter Markt/ Marksegment

Wertpapiere, die an einer Börse gehandelt werden, unterliegen bestimmten Spielregeln. An einem regulierten Markt sind diese besonders umfassend und verlangen zum Beispiel Banken, die den Handel betreuen und Berichtspflichten, wie die Veröffentlichung von Quartalsberichten nach bestimmten Vorschriften. Am unregulierten Markt sind die Vorschriften lascher und die eine Überwachung des Handels - etwa bei der Kursbestimmung - greift nicht.

Platzierungsvolumen

Beim Börsengang kommt eine zuvor festgelegt Zahl an Aktien in den Börsenhandel. Der Wert all dieser Aktien zusammen entspricht dem Platzierungsvolumen. Dabei kann es sich um neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung (Neuemission) oder um Aktien der bisherigen Eigentümer und vorbörslichen Investoren handeln.

Marktkapitalisierung

Multipliziert man den Aktienkurs mit der Zahl aller frei handelbaren Aktien eines Unternehmens, erhält man den Börsenwert eines Unternehmens. Dieser entspricht der Marktkapitalisierung gleichgesetzt. Die Aktien, die nicht zum Handel an der Börse zugelassen sind, - also im Bestand des Unternehmens verbleiben - sind dabei unberücksichtigt.

Streubesitz

Unternehmen lassen selten alle Aktien an der Börse zum freien Handel zu, sondern lediglich einen Teil. Liegt etwa der Streubesitz bei 30 Prozent, sind auch nur 30 Prozent der Eigenkapitalanteile an der Börse handelbar. Je höher der Streubesitz, umso liquider ist der Handel und umso geringer die Kursschwankungen, die sich aus Kauf- und Verkaufsorders ergeben.

Lock up/ Haltefrist

In der Regel verbleibt bei einem Börsengang ein großer Teil der Aktien in Besitz von den bisherigen Eigentümern. Während der Haltefrist - auch Lock-up-Periode genannt - dürfen sie aus diesem Bestand keine Aktien verkaufen. Eine lange Haltefrist gilt als Bekenntnis zu einem Unternehmen.

Konsortialbanken

Die Konsortialbanken begleiten den Börsengang und anschließenden Aktienhandel für ein Unternehmen. Das lassen sich die Banken natürlich vom Unternehmen bezahlen. Eine besondere Aufgabe fällt den Konsortialbanken zu, die sich als Designated Sponsor engagieren. Sie sorgen dafür, dass der Handel liquide bleibt, auch wenn zum Beispiel Käufer keinen Verkäufer der Papiere finden. Dann übernehmen sie den Part des Verkäufers, damit immer ein Kurs gestellt werden kann.

Bookbuilding

Darunter versteht man das Verfahren, mit dem der Preis für neu an die Börse zu bringende Aktien festgelegt wird. Da vor der Emission von neuen Aktien kein Börsenhandel mit diesen Papieren stattfindet, kann dieser Preis nicht durch Angebot und Nachfrage an der Börse bestimmt werden. Beim angelsächsischen Auktionsverfahren geben die Banken, die das Unternehmen an die Börse bringen, eine Preisspanne vor. Innerhalb dieser können Investoren ihre Gebote abgeben. Auf Grund der vorliegenden Orderlage wird der tatsächliche Emissionskurs letztlich aus dem Gebots-Durchschnitt gebildet. Früher wurde das heute kaum noch gebräuchliche Festpreisverfahren angewandt, bei dem sich die beratenden Banken und die AG schon vor Verkaufsangebot auf einen Preis einigten, den Anleger dann akzeptieren mussten. Vor allem in Deutschland wurde in jüngster Zeit ein neues, beschleunigtes Verfahren für die IPO-Preisfindung genutzt. Dabei wird das Management ohne feste Preisspanne auf Werbetour (Roadshow) zu möglichen Investoren geschickt. Auf Basis des Investoren-Echos legen die Banken danach in Abstimmung mit dem Emittenten die Preisspanne für einen verkürzten Angebotszeitraum fest.

Roadshow

Die Roadshow ist eine Werbetour eines Unternehmens bei möglichen Investoren. Dabei wird versucht, möglichst viele Investoren zu gewinnen, die den angestrebten Preis für die Aktien zu zahlen bereit sind. Die Roadshow ist daher wichtig, um die richtige Preisspanne auszuloten.