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„Gewerkschaftsmitglieder zweiter Klasse“: So rechnet der Verdi-Betriebsrat mit den Gewerkschaftschefs in einem internen Brief ab

Verdi-Chef Frank Werneke. - Copyright: Bernd Kammerer, dpa
Verdi-Chef Frank Werneke. - Copyright: Bernd Kammerer, dpa

Für die Chefs der zweitgrößten Gewerkschaft in Deutschland beginnt am Sonntag der wohl wichtigste Termin des Jahres. Verdi-Delegierte aus ganz Deutschland treffen nämlich zum Bundeskongress zusammen und wählen einen neuen Bundesvorstand, der bis auf eine Ausnahme sehr wahrscheinlich der alte Bundesvorstand bleiben wird. Stefanie Nutzenberger, die bisher vor allem für den Bereich Handel zuständig war, tritt nicht zur Wiederwahl an – der Rest des Bundesvorstandes aber schon. Insider berichten übereinstimmend, dass bei der Wahl keine Überraschungen erwartet werden.

Wenige Tage vor der Wahl hat der Gesamtbetriebsrat von Verdi sich nun in einer internen Mitteilung an die Mitarbeiter der Gewerkschaft gewendet und erhebt darin schwere Vorwürfe gegen die Verdi-Führung. Der Kernvorwurf: Die Mitarbeiter würden behandelt wie „Gewerkschaftsmitglieder zweiter Klasse“.

Konkret geht es darum, dass Verdi-Mitarbeiter selten und wenn überhaupt, nur unter erschwerten Bedingungen Rechtsschutz erhalten, wenn sie mit ihrem Arbeitgeber, der Verdi, im Streit liegen, schreiben die Arbeitnehmervertreter. 20 bis 25 Prozent der Anträge seien in den vergangenen Monaten abgelehnt worden. Der Betriebsrat moniert, dass Anträge von Verdi-Mitarbeitern im Vergleich zu einfachen Mitgliedern der Gewerkschaft deutlich strenger geprüft werden.  Die Doppelrolle von Verdi als Arbeitgeber und zuständige Gewerkschaft der Mitarbeiter funktioniere deswegen nicht mehr, urteilt der Gesamtbetriebsrat. „Als hauptamtliche Gewerkschaftsmitglieder können wir uns nicht darauf verlassen, die uns satzungsgemäß zustehenden Leistungen von ver.di zu erhalten“, schreiben die Arbeitnehmervertreter.

Tarifverhandlungen sollen massiv erschwert werden - ausgerechnet innerhalb der Gewerkschaft

Schwerer wiegt aber ein weiterer Vorwurf der Arbeitnehmervertreter: Tarifverhandlungen würden bei der Gewerkschaft massiv erschwert werden. Grund dafür ist der Gewerkschaftsrat, eine Art Aufsichtsrat der Verdi, der die Arbeit des Bundesvorstandes kontrolliert. Dieser Rat kann jeden Kompromiss, jede Schlichtung oder Einigung in Tarif und Gehaltsfragen zwischen Bundesvorstand und Betriebsrat mit einem einfachen Veto kippen.

Das Problem: In dem Gremium hat die Arbeitnehmerseite weder Stimm- noch Teilnahmerecht.

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Aufs Äußerste können es die Arbeitnehmervertreter in einem Streit mit der Gewerkschaftsführung auch nicht ankommen lassen, denn ein rechtmäßiger ist für Verdi-Beschäftigte so gut wie unmöglich. „Wir alle arbeiten zwar für eine Gewerkschaft, haben aber keine im Betrieb vertretene Gewerkschaft und damit keine Organisation, an die wir uns kollektiv zur Durchsetzung unserer Interessen z. B. im Rahmen eines Arbeitskampfes wenden können. Kurz: Es gibt keine Gewerkschaft, die uns zum Streik aufrufen könnte“.

Es herrscht also ein wesentliches Machtungleichgewicht zwischen Verdi-Chefetage und den Arbeitnehmern vor. Streiks sind ausgeschlossen, die Mitbestimmung wird durch ein Gremium ausgehebelt, in dem der Betriebsrat ausgeschlossen ist. Die vom Betriebsrat beschriebenen Zustände bei der Gewerkschaft wären sonst ein typischer Anlass für Verdi, diese öffentlich anzugreifen - wenn sie denn bei einem Unternehmen vorherrschen würden.

Verdi-Chefs weisen Kritik zurück

Der Verdi-Personalchef weist in einer internen Replik am Freitag die Vorwürfe des Betriebsrates zurück. Der Brief liegt uns ebenfalls vor. Darin argumentieren sie, dass Verdi-Beschäftigte durchaus eine Rechtsvertretung erhalten und sogar Kostenübernahmen bei arbeitsrechtlichen Verfahren gewährt würden. Die allgemeine Ablehnungsquote liege in den vergangenen vier Jahren bei elf Prozent, schreibt der Bundesvorstand.  Auf den Anstieg der Ablehnungsquote auf 20 bis 25 Prozent in den vergangenen Monaten geht der Bundesvorstand nicht ein.

Die Kritik an Tarifverhandlungen weist der Personalchef ebenfalls zurück. In der Vergangenheit hätten Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten so verhandelt, dass Schlichtungs- und Vermittlungsverfahren nicht bemüht werden mussten.

Personalchef holt zum Gegenangriff aus

Ganz am Ende der Replik erhebt schließlich der Personalchef Vorwürfe gegen den Betriebsrat. Dieser hätte sich geweigert, zentrale Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeitkonten, Arbeitszeiterfassung und zuletzt Entgelt als Verhandlungsthemen anzunehmen, mit Verweis auf fehlende Zuständigkeit. „Es hat eine Welle der Entrüstung aus mehreren Betrieben gebraucht, bis der GBR die Bereitschaft zur Verhandlung der Entgeltbedingungen gezeigt und jetzt auch Verhandlungstermine zugestimmt hat“, schreibt der Personalchef.