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Gewerkschaft will Bahn-Strategie neu justieren

Aufsichtsrats-Vize Hommel: «Die bisher geplante Verdopplung der Reisenden im Fernverkehr bis 2030 ist nicht mehr realistisch.»
Aufsichtsrats-Vize Hommel: «Die bisher geplante Verdopplung der Reisenden im Fernverkehr bis 2030 ist nicht mehr realistisch.»

Doppelt so viele Fahrgäste, das hat der Bund der Bahn aufgetragen - vor der Corona-Krise. Ist das noch realistisch? Im Aufsichtsrat gibt es grundlegende Bedenken.

Berlin (dpa) - Nach dem beispiellosen Einbruch der Fahrgastzahlen bei der Deutschen Bahn werden Zweifel an der langfristigen Strategie des Konzerns laut.

«Die Pandemie hat katastrophale wirtschaftliche Folgen», sagte der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, Klaus-Dieter Hommel, der Deutschen Presse-Agentur. «Die bisher geplante Verdopplung der Reisenden im Fernverkehr bis 2030, ein wesentliches Ziel der «Starken Schiene», ist nicht mehr realistisch», erklärte Hommel, der Vize-Chef des Bahn-Aufsichtsrats ist.

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Unter «Starke Schiene» firmiert seit 2019 die übergreifende Strategie des Konzerns. Das Bundesunternehmen zog damit einen Schlussstrich unter frühere internationale Expansionspläne. Alles, was die Bahn tut, soll sich auf die Stärkung der Eisenbahn in Deutschland ausrichten.

Zu den Zielen zählt es, die Fahrgastzahl im Fernverkehr auf mehr als 260 Millionen im Jahr zu erhöhen. Das wäre doppelt so viel wie 2015. Im Regionalverkehr werden eine Milliarde zusätzliche Fahrgäste angestrebt - im vergangenen Jahr waren es knapp 2,5 Milliarden. Im Güterverkehr soll die Transportleistung um 70 Prozent wachsen.

«Die Bedingungen der Zeit vor Corona werden nicht mehr wiederkommen», sagte Hommel. «Die Hoffnung, dass die Menschen mit einem Impfstoff wieder so in die Züge kommen werden wie früher, wird sich nicht erfüllen.» Die Gewohnheiten änderten sich. Besonders Geschäftsleute ersetzten Reisen durch Videokonferenzen.

Notwendig seien eine andere Priorisierung und realistische Ziele in der Konzernstrategie. «Wir müssen die zeitlichen Abläufe überprüfen», forderte Hommel mit Blick auf die Aufsichtsratssitzung am Mittwoch. Die Bahn müsse vor allem neue Geschäftsmodelle stärker vorantreiben und eine Plattform für Mobilitätsdienste über verschiedene Verkehrsmittel hinweg werden. «Wir wollen die Investitionen, die ohnehin knapp sind, nicht an der falschen Stelle tätigen.»

Die Bahn erwartet einen Corona-Schaden von bis zu elf Milliarden Euro. Allein in diesem Jahr dürfte die Konzernbilanz einen Verlust von 5,6 Milliarden Euro ausweisen, wie aus Unternehmenskreisen verlautet. Union und SPD hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, die Zahl der Bahnkunden bis 2030 zu verdoppeln. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte am Donnerstag: «Wir werden das Ziel der Verdoppelung der Fahrgäste nicht aus den Augen verlieren.» Die Bahn müsse wieder Rekordzahlen erreichen. Eine Jahreszahl nannte er nicht, verwies aber auf den Koalitionsvertrag.

Bei der FDP-Bundestagsfraktion hieß es, die Corona-Pandemie wirke wie ein Brennglas auf die strukturellen Probleme der Deutschen Bahn. «Der heutige DB-Konzern ist zu groß, zu schwerfällig, hat zu viele Hierarchieebenen, verzettelt sich im Ausland und leidet unter den Eigeninteressen von Politik und Gewerkschaften», sagte der Obmann im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, Torsten Herbst. Es brauche einen schlankeren und kundenorientierten Mobilitätsdienstleister mit klarem Fokus auf das Inland. Um mehr Wettbewerb und mehr Angebotsvielfalt auf der Schiene zu erreichen, sei zudem die Trennung zwischen der Infrastruktur und den Bahnbeförderungsunternehmen notwendig.