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Gesundheitsminister Spahn rudert bei Handytracking zurück

Im Kampf gegen Corona wollte die Regierung auf Mobilfunkdaten von Kontaktpersonen zugreifen. Nach Kritik werden die Pläne nun fallen gelassen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verzichtet darauf, zur Corona-Eindämmung Kontaktpersonen von Infizierten künftig per Handy zu orten. Das erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen sowie von Koalitionspolitikern im Bundestag.

Spahn wollte ursprünglich das Auslesen von Bewegungsdaten aus dem Mobiltelefon ermöglichen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Bei Datenschützern sowie Politikern von SPD und FDP stieß dies auf massive Bedenken.

Das Handytracking war Teil eines Gesetzes, das dem Bund mehr Kompetenzen im Kampf gegen Epidemien einräumen soll. Der Entwurf wird an diesem Montag im Kabinett beraten und soll in dieser Woche vom Parlament verabschiedet werden. Ziel des Gesetzes ist es, „für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ dem Ministerium „die entsprechenden Krisenreaktionsmaßnahmen“ zu ermöglichen.

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Laut den ursprünglichen Plänen sollten die zuständigen Gesundheitsbehörden anhand von Handy-Standortdaten von Corona-Kontaktpersonen deren Bewegungen verfolgen können, um sie im Verdachtsfall zu kontaktieren. Zugleich sollten die zuständigen Behörden Verkehrsdaten zur Bestimmung des Aufenthaltsortes nutzen dürfen – etwa um Betroffene über ihr persönliches Risiko zu informieren. Die Mobilfunkanbieter sollten den Gesundheitsbehörden hierzu die Standortdaten zur Verfügung stellen.

Nach Bekanntwerden der Pläne warnte der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann vor einem „Blankoscheck“ zur individuellen Lokalisierung und Nachverfolgung. Auch Datenschutzbehörden äußerten Vorbehalte. „Der derzeitige Handlungsdruck darf eine sorgfältige rationale Abwägung und Aufarbeitung der komplexen Fragestellungen nicht verhindern“, sagte der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar. „Die Grundrechte und rechtsstaatlichen Verfahren haben ihre besondere Bedeutung gerade auch in Zeiten der Krise.“

Grüne sprechen von „unausgegorenen Plänen“

Caspars schleswig-holsteinische Amtskollegin Marit Hansen ergänzte: „Infektionsschutz ist wichtig, aber die Maßnahmen dürfen nicht dazu führen, dass sensible personenbezogene Daten ohne ausreichende Garantien verarbeitet werden.“

Die Grünen begrüßten den Rückzieher Spahns. Fraktionsvize Konstantin von Notz sprach von „unausgegorenen Plänen zum Tracking per Funkzellendaten“. „Auf den Umstand, dass eine solche Auswertung rechtlich höchst umstritten und zudem auch wenig zielführend zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung von Corona-Infektionen ist, hatten wir gemeinsam mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten wiederholt hingewiesen“, sagte der Bundestagsabgeordnete.

Dennoch sei ein entsprechender Passus in den Entwurf des novellierten Infektionsschutzgesetzes zunächst aufgenommen worden. „Die jetzige Entscheidung war überfällig und öffnet die Möglichkeit, über datenschutzfreundliche und tatsächlich zielführende Alternativen zu diskutieren“, sagte von Notz.

Deutschlands oberster Gesundheitswächter, das Robert-Koch-Institut (RKI), arbeitet nach eigenen Angaben bereits seit Anfang März an einer technischen Lösung zur Handy-Ortung. „Wir halten das für ein sinnhaftes Konzept“, hatte RKI-Präsident Lothar Wieler vergangene Woche gesagt. Die Daten könnten helfen nachzuvollziehen, mit welchen Menschen eine infizierte Person Kontakt hatte. „Der Vorteil wäre, dass wir Gesundheitsämter enorm unterstützen“, so Wieler.

Andere Länder, die solche tiefen Grundrechtseingriffe schon zur Terrorbekämpfung nutzen, haben diese jetzt wegen Corona auf die gesamte Bevölkerung ausgeweitet. In Israel etwa erfasst der Geheimdienst die Handydaten aller Bürger. Mit Methoden, die bisher ausschließlich gegen palästinensische Extremisten angewandt wurden. Künftig wird auf sämtliche Mobiltelefone zurückgegriffen, um die Virusausbreitung einzudämmen.