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Gefährliche Champagnerlaune

Noch nie zuvor hielten so viele Investoren Aktien unter dem Strich für zu teuer. Dennoch greifen sie weiter zu, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Wie lange geht dieser „irrationale Überschwang“ noch weiter?

Im Dezember 1996 fragte der damalige US-Notenbankchef Alan Greenspan bereits, ob es nicht einen „irrationalen Überschwang“ an den Märkten gebe, der die Vermögenswerte unangemessen erhöht habe. Dank Ökonom Robert Shiller macht der Begriff „Irrationaler Überschwang“ seit dem Jahr 2000 weiter Karriere. Zur Jahrtausendwende kam die erste Auflage des Buchs des Professors an der Yale-Universität heraus – kurz bevor die Internetblase platzte. Die zweite Auflage erschien 2005, als der Boom auf dem amerikanischen Immobilienmarkt volle Fahrt aufnahm, bevor er dann 2008 zusammenbrach. 2013 bekam Shiller für sein Buch den Wirtschaftsnobelpreis; die dritte Auflage erschien vor zwei Jahren, mit einem neuen Kapitel über Anleihen.

Einen „irrationalen Überschwang“ an den Märkten sieht jetzt auch die amerikanische Großbank BofA Merrill Lynch angesichts des Ergebnisses ihrer monatlichen Umfrage unter internationalen Großinvestoren. 178 Fondsmanager, die zusammen 533 Milliarden Dollar verwalten, machten Angaben zu ihren Anlagen und Einschätzungen der Märkte. Die Antworten sind jedoch widersprüchlich und damit irrational. So halten netto fast die Hälfte der Profi-Investoren Aktien für überbewertet. Netto bedeutet, dass mehr Investoren dieser Meinung sind als solche, die es nicht sind. Die Terminologie der Umfrage ist etwas umständlich, aber die Aussage brisant: Noch nie zuvor hielten so viele Investoren Aktien unter dem Strich für zu teuer. Dazu sehen netto 23 Prozent der Investoren die weltweiten Unternehmensbilanzen als überschuldet an – auch das ist ein Rekordwert.

Gleichzeitig sind jedoch unter dem Strich 49 Prozent der befragten Investoren in Aktien übergewichtet. So stark wie derzeit war die Übergewichtung zuletzt im April 2015. Bei Hedgefonds, die anders als Lebensversicherer oder Pensionsfonds größeren Spielraum bei der Auswahl ihrer Anlagen haben, liegt die Aktienquote sogar auf einem Elf-Jahres-Hoch. Noch erschreckender ist: Netto haben 16 Prozent aller befragten Investoren höhere Risiken in ihre Portfolios genommen als üblich. Dazu passt, dass die Cashquote mit 4,4 Prozent so niedrig liegt wie zuletzt im Oktober 2013. Genau dies deutet laut Michael Hartnett, Chefanlagestratege der BofA Merrill Lynch, auf einen irrationalen Überschwang hin.

Besonders beliebt sind nach wie vor Papiere aus der Euro-Zone. Hier sind immer noch netto 47 Prozent der Investoren übergewichtet und damit nur etwas weniger als im Oktober. Die Aktien von Schwellenländern gewichten mit 43 Prozent jetzt noch mehr Investoren in ihren Portfolios über als zuletzt. Bei japanischen Aktien ist die Übergewichtung ebenfalls netto gestiegen, und zwar auf 23 Prozent und damit den höchsten Stand seit zwei Jahren. US-Aktien gewichten die Investoren in ihren Portfolios zwar unter, aber weniger deutlich als noch vor einem Monat. Am pessimistischsten sind die Investoren gegenüber britischen Aktien, hier sind unter dem Strich 37 Prozent der Fondsmanager untergewichtet.

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Märchenhafte Hoffnung

Trotz der Gefahren, die sie sehen, setzen die Investoren insgesamt darauf, dass die Wirtschaft weiter moderat wächst und die Inflation niedrig bleibt. Dieses sogenannte Goldilock-Szenario - benannt nach einem englischen Märchen - erwarten 56 Prozent mehr der Investoren als solche die die es nicht tun. Auch das ist ein Rekordwert. Die größten Risiken sehen Investoren in einer zu härteren Gangart beziehungsweise Fehlern der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank. Auch ein Crash an den Bondmärkten wird als Risiko gesehen. Aber nur als „Tail Risk“, also als unwahrscheinliches Ereignis.

Einen unmittelbaren Absturz der Märkte erwartet Hartnett von der BofA Merrill Lynch trotz der Sorglosigkeit der Investoren nicht. Schon die Ergebnisse der Umfrage im Oktober erinnerten ihn an Ikarus aus der griechischen Mythologie. Der Dessen Vater Dädalus baute für ihn und sich selbst Flügel aus Federn und Wachs, um aus dem Gefängnis in Kreta zu fliehen. Dädalus warnte seinen Sohn zu nah an die Sonne zu fliegen. Das ignorierte Ikarus, das Wachs schmolz und Ikarus stürzte ins Meer. „Ikarus fliegt jetzt noch näher an der Sonne“, meint Hartnett. Vor einem Monat hatte er in diesem Bild Ikarus noch als intakt bezeichnet.

Doch noch gibt es eben keinen Absturz und auch andere Strategen meinen, dass die Jahresendrally noch einmal Schwung aufnehmen könnte. Oft steigen die Börsen gerade zum Jahresende, weil Fondsmanager gut gelaufene Aktien nachkaufen, um beim Jahresabschluss gut dazustehen und zu zeigen, dass sie die Top-Performer in ihren Portfolios haben. „Window Dressing“ heißt diese Taktik in der Fachsprache. Dazu kommt: Auch vor einem Monat waren die Investoren sehr zuversichtlich - und die Börsen stiegen weiter, auch wenn es in den vergangenen Tagen zu einer Verschnaufpause kam. Wichtig wird es von daher zu sehen, wann die Fondsmanager vorsichtiger werden. Ob das im nächsten Monat schon so weit ist, darf bezweifelt werden. Der irrationale Überschwang könnte noch eine Weile weitergehen.