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Fußball-EM - ein Anstoß für die Wirtschaft?

Europameisterschaft in Frankreich

Fußball-EM - ein Anstoß für die Wirtschaft?


Die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich ist nicht nur für die Zuschauer ein Grund zum Feiern. Das Mega-Event wird auch die Wirtschaft ankurbeln, erklärten Ökonomen Yahoo! Deutschland.



Einen wirtschaftlichen Lichtblick, das wird die Fußball-Europameisterschaft (EM) Frankreich verschaffen – zumindest gemäß einer Studie des Centre de Droit et de l'Economie du Sport (CDES) in Limoges. Rund 1,27 Milliarden Euro würden demnach ausländische Zuschauer und Organisatoren während des vierwöchigen Events im Land lassen. Die Arbeit, die das Turnier schafft, entspräche 26.000 Vollzeitjobs über ein Jahr. Keine Kleinigkeit in einem Land, in dem die Wirtschaft um gerade einmal 0,5 Prozent im ersten Quartal dieses Jahres gewachsen ist und die Arbeitslosigkeit bei rund zehn Prozent liegt. Dass vor allem die Zahl der Arbeitslosen sinkt, ist auch für Präsident François Hollande wichtig. Nur dann, hat er gesagt, wird er bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr als Kandidat antreten.

Gerade in diesen konjunkturell schwierigen Zeiten falle das zusätzliche Geld durch den Fußball auf fruchtbaren Boden, meint Patrice Bouvet, Sportökonom an der Universität Poitiers. „Die EM wird sicher dazu beitragen, das Wachstum in Frankreich wieder etwas anzukurbeln“, sagte er Yahoo! Deutschland. Vor allem Hotels und Restaurants würden von der EM profitieren.

Sympathiepunkte für den Präsidenten?

Dass mit diesem ökonomischen Gewinn ein politischer einhergeht, darauf hofft zumindest Hollande, so Bruno Cautrès, Politikwissenschaftler am Pariser Centre de Recherches Politiques de Sciences Po (Cevipof). „Staatschefs versuchen immer, sich mit solchen Ereignissen zu schmücken und sozusagen die nationale Einheit zu verkörpern“, erklärte er Yahoo! Deutschland. „Außerdem ist Hollande seit Wochen auf Stimmenfang.“ Er versuche, die leicht sinkende Zahl der Arbeitslosen für sich zu nutzen, und stelle sich als willensstarken Politiker dar, der trotz wochenlanger Streiks an einer Reform des Arbeitsmarktes festhalte. Eine erfolgreiche EM, die Frankreichs Wirtschaft belebt, sei da die Kirsche auf dem Kuchen. Sympathiepunkte hat der Präsident bitter nötig – nur um die 18 Prozent der Franzosen hat laut jüngsten Umfragen noch eine positive Meinung von ihm. Hollande ist der unbeliebteste Präsident in der 60-jährigen Geschichte der fünften Republik.

Die Umfragewerte von Präsident François Hollande sind ganz unten im Keller (Foto: dpa)
Die Umfragewerte von Präsident François Hollande sind ganz unten im Keller (Foto: dpa)



Wirtschaftlich setzen auch die Geschäfte in der südlichen Stadt Nizza, einem der zehn Austragungsorte, große Hoffnung in die EM. „Eine solch unglaubliche Gelegenheit konnten wir uns nicht entgehen lassen – das ist ein wahrer Segen“, sagte Philippe Desjardins, Präsident der Fédération du Commerce Niçois et de l’Artisanat, im Gespräch mit Yahoo! Deutschland. Die 1200 Mitglieder des Einzelhandels- und Handwerkerverbands haben sich zur EM auf der Onlineplattform Keerigo zusammengefunden und bieten darauf Rabatte und Angebote an – auf Französisch und Englisch. Mit dabei sind Bäcker, Optiker und Sportgeschäfte.

Das territoriale Vermächtnis der EM

Aber nicht nur während des Events werde die EM Geld nach Frankreich bringen, so die Autoren der Studie. Viel wichtiger noch seien die langfristigen Auswirkungen. „Eine solche Veranstaltung hat ein regelrechtes territoriales Vermächtnis“, erklärte Christophe Lepetit, Sportökonom und Koautor der Studie, im Gespräch mit Yahoo! Deutschland. „Es bringt die Bürger näher zusammen und animiert zum Beispiel mehr Leute dazu, Sport zu machen.“ Außerdem würden Infrastrukturen geschaffen, in die man sonst nicht unbedingt investiert hätte. Diese Infrastrukturen würden auch in Zukunft Einkommen generieren. Zudem könnten Städte wie zum Beispiel der Austragungsort Saint-Etienne in Mittelfrankreich, die eigentlich keine Touristenhochburgen sind, endlich einmal als Urlaubsziel glänzen und so vielleicht auch nach der EM mehr Besucher anlocken.

Das Ergebnis der Studie scheint realistisch – zumindest, wenn man es mit anderen Fußballturnieren in der Vergangenheit vergleicht. Bei der Weltmeisterschaft (WM) in Brasilien 2014 beispielsweise sollten laut Vorabstudien ausländische Besucher rund 1,8 Milliarden Euro ins Land bringen. Schätzungen für die Ausgaben von Ausländern bei der WM 2006 in Deutschland lagen bei einer Milliarde Euro oder höher. Allerdings sind diese Studien kaum vergleichbar – jeder Forscher verwendet seine eigene Methode, was durchschnittliche Ausgaben, Länge des Aufenthalts etc. angeht.

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Eher skeptisch: Ökonom Colin Miège
Eher skeptisch: Ökonom Colin Miège

Und manche Ökonomen stehen diesen Zahlen grundsätzlich kritisch gegenüber. Einer von ihnen ist Colin Miège, Präsident der Denkschmiede Comité Scientifique Sport et Citoyenneté. „Es gibt eine generelle Tendenz bei diesen Vorab-Studien, die positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft zu überschätzen“, sagte er im Interview mit Yahoo! Deutschland. „Dabei ist die Zahl unterm Strich im Endeffekt oft sehr klein oder gar negativ.“ Als Beispiel führt er die WM in Brasilien an. Im Nachhinein habe man errechnet, dass sie sogar einen negativen Effekt auf die Wirtschaft des Landes gehabt habe. Gründe dafür seien unter anderem die unerwartet hohen Staatsausgaben und sogenannte Verdrängungseffekte – das Geld, das die Regierung in das Fußballturnier investiert, kann sie nicht mehr in andere staatliche Programme stecken.

Die EM wird teurer als geplant

Zudem stammt die Studie aus dem Dezember 2014 – und seitdem hat sich in Frankreich viel geändert. „Es gab die Pariser Terrorattacken – deswegen gibt man jetzt viel mehr Geld für die Sicherheit bei der EM aus, als man das vorher getan hätte“, so Miège. „Außerdem gibt es seit Wochen Streiks in Frankreich, die teilweise den öffentlichen Verkehr lahmlegen – das wird bestimmt einige Besucher abschrecken. Erschwerend kommen Überschwemmungen hinzu, die immer noch einen Teil der Infrastruktur blockieren.“

Präfekt Nicolas Desforges blickt schon von Amts wegen der EM optimistisch entgegen
Präfekt Nicolas Desforges blickt schon von Amts wegen der EM optimistisch entgegen

Trotzdem werde die EM Frankreichs Wirtschaft helfen – davon ist der Präfekt Nicolas Desforges überzeugt. Das ist auch Teil seines Jobs. Er leitet das staatliche interministerielle Komitee für sportliche Angelegenheiten. „Die französische Theorie geht davon aus, dass die Meisterschaft sich positiv auf die Wirtschaft, die Beschäftigung, den nationalen Zusammenhalt und die Attraktivität unseres Landes auswirken wird“, sagte er Yahoo! Deutschland. „Es besteht die Notwendigkeit, dass die EM ein Erfolg wird – nur so kann die Pariser Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 durchkommen.“ Diesen Erfolg werde eine bereits in Auftrag gegebene Studie im Nachhinein mit Sicherheit aufzeigen, so der Präfekt.

Doch auch wenn die EM Frankreichs Wirtschaft helfen sollte – an Staatschef Hollandes Unbeliebtheit werde das nichts ändern, meint Politikwissenschaftler Cautrès. Er betonte: „Es gibt absolut keine Chance, dass der Präsident durch die EM Sympathiepunkte gewinnt – viele Franzosen haben sich längst ein Bild von ihm gemacht, und daran wird sich auch durch den Fußball nichts ändern.“

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