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UBS-Star Iqbal Khan trifft bei der Credit Suisse auf Ex-Kollegen und neue Tests

(Bloomberg) -- Iqbal Khan ist nicht der einzige Banker, der schon beiden Schweizer Großbanken gedient hat. Doch bei keinem anderen hat der Wechsel von der Credit Suisse Group AG zur UBS Group AG so viel Staub aufgewirbelt wie bei Khan im Jahr 2019. Sogar die Schweizer Boulevardpresse nahm Anteil an der äußerst öffentlichen Affäre.

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Bei der Zwangsheirat, mit der die Credit Suisse von der UBS vor dem Zusammenbruch gerettet wurde, steht Khan weniger im Rampenlicht. Doch hinter den Kulissen spielt er als Leiter des Wealth Management der UBS eine Schlüsselrolle bei der Integration — deren Verlauf auch entscheidend sein wird für seine Chancen auf den Chefsessel beim größten Schweizer Geldhaus.

Für diese Rolle zählt er bei vielen Insidern schon lange als Favorit. Doch die Führungsrochade bei der UBS, die Sergio Ermotti wieder an die Spitze zurückbrachte, um die Credit Suisse zu integrieren — sie hat Khans Karrierepfad verkompliziert. Das liegt zum Teil daran, dass damit andere Kandidaten für die Position ins Spiel gekommen sind. Vor allem aber ist Khans Aufgabe bei der Integration wahrscheinlich jene, die am meisten über Erfolg und Misserfolg entscheidet.

Khans Fachwissen ist für den Erfolg von entscheidender Bedeutung. Er muss sich mit seinen alten Kollegen der Credit Suisse beschäftigen und diejenigen, die er behalten will, in die Ränge der UBS integrieren. Und er muss die vermögenden Kunden bei der Stange halten, während die Konkurrenz schon eifrig dabei ist, den Umbruch zur Abwerbung von Personal und Kundschaft auszunutzen.

Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher hat die Integration auf bis zu vier Jahre angesetzt. Dies ist ein Hinweis darauf, wie lange es dauern könnte, bis der CEO-Posten frei wird.

Die UBS lehnte eine Stellungnahme für diesen Artikel ab und stellte Khan – der sich seit seinem Eintritt in die Bank kaum öffentlich geäußert hat – nicht für ein Interview zur Verfügung.

“Iqbal Khan hat mit der Integration eine große Aufgabe vor sich”, sagt Andreas Venditti, Leiter Research Banken bei der Vontobel Holding AG. “Er ist aber in einer guten Position. Er kennt beide Banken und beide Vermögensverwaltungsgeschäfte in- und auswendig.”

Die Bedeutung des Wealth- und Asset-Management-Geschäfts für die neue UBS kann kaum überschätzt werden. Durch die Übernahme der Credit Suisse steigt das verwaltete Vermögen von 3,9 Billionen Dollar auf rund 5 Billionen Dollar (4,5 Billionen Franken), das Sechsfache des Schweizer Bruttoinlandsprodukts. Nach der Fusion wird sie zum zweitgrößten Vermögensverwalter der Welt hinter Morgan Stanley.

Vor dem Zusammenschluss beschäftigte die UBS 74.000 Mitarbeiter für ihre Kundschaft von altem Geld über junge Unternehmer bis hin zu großen Fonds. Sollte die gesamte Belegschaft der Credit Suisse übernommen werden — angesichts der beträchtlichen Überschneidungen und der bereits laufenden Stellenstreichungen unwahrscheinlich —, würde die Zahl auf 120.000 ansteigen. Analysten schätzen, dass die kombinierte Wealth-Management-Sparte bis 2027 einen Vorsteuergewinn von 7 Milliarden Dollar erwirtschaften könnte. Der entsprechende UBS-Bereich erzielte im vergangenen Jahr fast 5 Milliarden Dollar, während die Credit Suisse in diesem Geschäft einen Verlust von rund 700 Millionen Dollar erlitt.

In vielen Bereichen des Bankgeschäfts ist Größe entscheidend. Doch wenn es darum geht, die globale Elite in Sachen Geld zu beraten, sind Beziehungen und persönliche Ausstrahlung noch wichtiger. Frühere und jetzige Arbeitskollegen attestieren Khan die Fähigkeit, diese Aufgabe zu bewältigen, auch wenn sein turbulenter Abgang bei der Credit Suisse für Aufregung gesorgt hat. “Viele denken bei Wealth Management an eine Art Finanzgeschäft”, sagte Khan auf einer Konferenz von Goldman Sachs im Juni 2020, knapp ein Jahr nach seinem Wechsel. “Aber wenn man darüber nachdenkt, ist es ein zwischenmenschliches Geschäft, ein emotionales Geschäft.”

Khans Lebensweg zeigt eine Beharrlichkeit und ein Durchhaltevermögen, das ihm helfen dürfte, die Integration der Credit Suisse zu meistern.

Er kam als Kind mit seinen Eltern auf der Flucht vor politischen Unruhen in Pakistan in die Schweiz und wuchs auf in Dübendorf, einem Arbeiterviertel von Zürich. Er absolvierte eine Lehre, bevor er an der Universität Zürich studierte. Im Laufe von 12 Jahren stieg er beim Wirtschaftsprüfer EY auf, bevor er 2013 zur Credit Suisse stieß, wo er Chief Financial Officer der Wealth-Management-Sparte wurde.

Bei der UBS hat er inzwischen ein starkes Netzwerk im Rücken und dem Vernehmen nach gibt es auch noch solide Verbindungen in die Credit Suisse. Dennoch war nicht jeder erfreut über die Aussicht, wieder für ihn zu arbeiten, berichten Insider, die nicht namentlich mit Bemerkungen zu ihrem neuen Chef zitiert werden wollten. Um die Wogen zu glätten, reiste Khan zu den Niederlassungen von Dubai bis Hongkong und bot informierten Kreisen zufolge den besten Privatbankern Prämien an, um sie an Bord zu halten.

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UBS hat zudem ein sogenanntes “Clean Team” von rund 100 Personen entsandt, um Kundenlisten und Personal zu bewerten und Geschäftsbereiche zu überprüfen. Aktivitäten, die die von der UBS aufgestellten Risiko- und Ertragskriterien nicht erfüllen, sollen in ein Abbauportfolio wandern, über das nicht mehr erwünschte komplexe Geschäfte und Kredite abgewickelt und nicht mehr benötigte Mitarbeiter abgebaut werden.

Die UBS kann es sich leisten, wählerisch zu sein. Im Rahmen der von der Schweizer Regierung eingefädelten Notübernahme kauft sie die Credit Suisse für nur 3 Milliarden Franken. Das liegt um Dutzende Milliarden Franken unter dem Buchwert, was für einen “negativen Goodwill” bei der UBS sorgt und damit für einen großen Puffer gegen Eventualverluste. Die UBS rechnet selbst nach einer ersten Runde Abschreibungen und Rückstellungen noch mit einem Buchgewinn von 35 Milliarden Dollar. Kein Wunder, dass die Inanspruchnahme einer staatlichen Garantie “äußerst unwahrscheinlich” ist, wie Ermotti kürzlich sagte.

Seit seinem Eintritt bei der UBS hat sich Khan auf subtile Weise für höhere Aufgaben empfohlen. Im vergangenen September vertrat er die Bank bei einer CEO-Konferenz der Bank of America — eine von nur zwei offiziellen Veranstaltungen, an denen er seit seinem Abgang von der Credit Suisse teilgenommen hat. Auf der Konferenz unterstrich er seine Präferenz für personalisiertes Banking — im unausgesprochenen aber erkennbaren Widerspruch zu dem technologieorientierten Ansatz, den der damalige UBS-Chef Ralph Hamers verfolgte.

“Alles, was wir tun, beginnt mit dem Kunden”, sagte Khan auf der Konferenz. “Unser Geschäft dreht sich um den Kunden. Und das sage ich nicht nur als Lippenbekenntnis.”

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Die UBS will mit der Übernahme in Südostasien, Brasilien und im Nahen Osten expandieren — einer Hochburg der Credit Suisse, die dort über die entsprechenden Banklizenzen verfügt.

Doch die Risiken sind groß. Die Credit Suisse verlor in den letzten Monaten ihres Bestehens scharenweise Kunden, die ihr Vertrauen in die skandalanfällige Bank verloren. Das verwaltete Vermögen sank bis Ende 2022 auf 1,3 Billionen Franken, verglichen mit 1,6 Billionen Franken ein Jahr zuvor. Im ersten Quartal zogen die Kunden der Bank 61 Milliarden Franken ab und setzten damit den Trend fort.

Menschen mit Dutzenden von Millionen Dollar verfügbarem Vermögen haben viele Optionen. Wenn sie vor dem Zusammenbruch bei der Credit Suisse waren, hatten sie wahrscheinlich einen Grund, nicht zur UBS zu gehen. Und bei den hektischen Abbuchungen in den letzten Monaten sind die meisten zur Konkurrenz gewechselt. Die UBS verzeichnete im ersten Quartal einen Netto-Neugeldzufluss von 28 Milliarden Dollar — weniger als die Credit Suisse im selben Zeitraum verlor. Der Zusammenbruch der Credit Suisse hat dem Ruf der Schweiz als Zufluchtsort geschadet und die Herausforderungen für Khan verschärft.

Spionageskandal

Seine Vergangenheit bei der Credit Suisse gibt Khan eine besondere Expertise bei der Integration des Geschäfts. Doch verbindet sie seinen Namen auch mit einem der aufsehenerregendsten Skandale der krisengeschüttelten Bank. Im Januar 2019 brach bei einer Dinnerparty in der Villa des damaligen Credit-Suisse-Chefs Tidjane Thiam im Zürcher Vorort Herrliberg eine seit langem schwelende Fehde zwischen Khan und Thiam offen aus. Der Streit führte schließlich dazu, dass Khan im Juli desselben Jahres kündigte, nachdem er bei einer Beförderung übergangen worden war. Ermotti, damals wie heute Chef der UBS, holte den begabten Banker zu sich.

In der Chefetage der Credit Suisse läuteten daraufhin die Alarmglocken, so sehr sorgte man sich, dass Khan wichtige Mitarbeiter abwerben könnte. Eine private Detektei wurde beauftragt, ihn zu bespitzeln, was Khan mitbekam und damit den Skandal ins Rollen brachte, der den Ruf der Bank schwer beschädigte. Khan und die Credit Suisse einigten sich im Jahr 2021 auf einen Vergleich, der das anhängige Strafverfahren beendete. Die Bedingungen des Vergleichs wurden nicht bekannt gegeben, und Khan lehnte es ab, die Angelegenheit zu kommentieren. Später stellte sich heraus, dass Khan nicht die einzige Führungskraft war, die von der Credit Suisse bespitzelt wurde.

Seit seinem Eintritt in die UBS hat Khan im Stillen das Wealth Management verfeinert und etwa die Kreditvergabe an Kunden zur Erweiterung ihrer Anlageportfolios vorangetrieben. Die Initiative führte zu neuen Krediten in Höhe von mehr als 25 Milliarden Dollar pro Jahr und zu zusätzlichen Erträgen aus Handel und Vermögensverwaltung — mehr als Khan bei seinem Eintritt angestrebt hatte.

Im Jahr 2021 wurde Khan zum Leiter des Bereichs für Europa, den Nahen Osten und Afrika und im letzten Sommer schließlich zum globalen Leiter des Wealth Management. Sein Aufstieg brachte ihn in die beste Position, Hamers als CEO abzulösen, bis der Credit-Suisse-Deal die Karten neu mischte.

Khans Erfolgsbilanz und seine große Verantwortung könnten ihm helfen, den Spitzenjob zu ergattern, aber auch anderen Bankern wurden Aufgaben anvertraut, die sie in Stellung bringen. UBS-Veteranin Michelle Bereaux wurde zum Group Integration Officer ernannt. Beatriz Martin Jimenez, Group Treasurer und Chefin der britischen UBS-Sparte, soll den Abbaubereich leiten. Sie übernahm auch die Verantwortung für das Geschäft in Europa, dem Nahen Osten und Afrika, womit sich Khans Zuständigkeit auf die Integration der beiden Wealth-Management-Sparten reduzierte. Todd Tuckner, der Finanzchef von Khans Wealth Management, steigt zum Finanzchef des Konzerns auf. Außenseiterchancen könnte der letzte Credit Suisse-Chef Ulrich Körner haben.

Damit muss sich Khan mit einem komplexeren Feld von Konkurrenten auseinandersetzen, und das in einer Bank, die auf Jahre hinaus im Umbruch begriffen sein wird. Aber für einen eingefleischten Schweizer Privatbankier gibt es vielleicht keinen besseren Ort, wie er auf der Goldman Sachs Konferenz 2020 erklärte: “Ich habe als Konkurrent der UBS gearbeitet, die UBS bewundert — aber die Möglichkeit zu bekommen, beim größten globalen Vermögensverwalter unter die Haube zu schauen, ist absolut faszinierend.”

Überschrift des Artikels im Original:UBS’s Khan Faces New Trials and Ex-Colleagues at Credit Suisse

©2023 Bloomberg L.P.