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Abtsatzeinbruch, Lieferengpässe: Europäische Unternehmen in China rechnen mit Einbußen

Die Autobranche setzt weniger ab, Chemiekonzernen mangelt es an Material – das Coronavirus ist für in China aktive Firmen ein konkretes Problem.

Inzwischen sind nahezu alle europäischen Unternehmen mit Geschäftstätigkeit in China von den Folgen der Coronavirus-Krise betroffen. Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Europäischen Handelskammer und der deutschen Außenhandelskammern in China sehen fast 60 Prozent sogar „schwere“ und weitere 30 Prozent „mittelschwere“ Folgen für ihr Geschäft in China. „Es gibt niemanden der sagt, dass es ihn nicht betrifft“, sagte Stephan Wöllenstein, Vorstand der AHK für Nordchina und Chef von Volkswagen China, am Donnerstag bei der Vorstellung der Umfrage.

Fast die Hälfte der insgesamt 577 Teilnehmer der Befragung erwartet infolge der Krise einen Umsatzrückgang im ersten Halbjahr von bis zu 20 Prozent und darüber hinaus. 46 Prozent wollen ihre Gesamtjahresziele nach unten korrigieren.

Die größten Schwierigkeiten bestehen neben der gesunkenen Nachfrage für die Unternehmen in den schwer zu durchschauenden und strikten Restriktionen der lokalen Behörden. Rund die Hälfte aller Unternehmen klagt über einen Mangel an Mitarbeitern, Unterbrechungen beim Transport und Produktionsschwierigkeiten durch Engpässe bei Zulieferungen.

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Der „Flickenteppich widersprüchlicher Regeln“ habe es nahezu unmöglich gemacht, Waren oder Personen durch China zu befördern, sagt Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in China. „Es gibt eine massive Bandbreite an Regeln, über die unsere Unternehmen berichten“, so AHK-Vorstand Wöllenstein.

Tatsächlich gibt die Zentralregierung in Peking nur grob die Richtung vor, an die sich die Provinz- und Stadtregierungen orientieren sollen. Welche Regeln diese dann im Einzelnen erlassen, bleibt ihnen überlassen. So sind die Vorschriften je nach Ort höchst unterschiedlich.

Starke Unterschiede bei Branchenbelastung

Ein Vertreter des chinesischen Handelsministeriums versprach am Donnerstag, dass die Probleme ausländischer Firmen bei der Wiederaufnahme der Arbeit bald gelöst sein werden. Doch derzeit sieht es nicht danach aus, als würde sich die Situation schnell entspannen.

So berichtet etwa das Medizinunternehmen Bayer von Transportproblemen. Beim Vertrieb rezeptfreier Arzneien habe es in der Logistik Probleme gegeben, weil eine Partnerfirma in der besonders von dem Virus betroffenen zentralchinesischen Provinz Hubei ein großes Distributionszentrum hat, hieß es.

Auch die weltgrößte Brauerei Anheuser-Busch Inbev spürt die Folgen der Krise. Aus Angst vor einer Ansteckung oder weil sie von den Behörden zur Quarantäne verpflichtet werden, bleiben die meisten Chinesen zu Hause und meiden Bar- und Restaurantbesuche. Im Januar und Februar entging AB Inbev in China deshalb Umsatz von 285 Millionen Dollar und Gewinn (Ebitda) von 170 Millionen Dollar, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Die Aktie fiel zwischenzeitlich um mehr als elf Prozent auf ein neues Tief. Für das erste Quartal 2020 erwartet AB Inbev infolge des Coronavirus einen Gewinneinbruch von zehn Prozent, das wäre der höchste Quartalsrückgang innerhalb von zehn Jahren.

Die Branchen sind auf unterschiedliche Weise von der Krise betroffen. So klagen Unternehmen der Automobilbranche laut der Umfrage von EU-Kammer und AHK vor allem über die stark gesunkene Nachfrage. 64 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Firmen gaben an, dass sie davon betroffen sind. Laut dem chinesischen Branchenverband PCA ist der chinesische Automarkt in den ersten beiden Februarwochen um 92 Prozent eingebrochen. Der Verband erwartet für den gesamten Februar einen Rückgang des Marktes von rund 70 Prozent.

Ausfälle in den Lieferketten könnten hingegen bislang „produktionstechnisch kompensiert werden“, sagte Arndt Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der nordrhein-westfälischen Unternehmerverbände. Generell ähnelten die Belastungen durch das Coronavirus bisher noch den saisonalen Dämpfern durch jährliche Grippewellen.

Bei den Maschinenbauern stellen Störungen der Transportwege und Mitarbeitermangel die größten Herausforderungen dar. Jeweils mehr als 70 Prozent der befragten Unternehmen klagen über Probleme in diesen Bereichen. Wie sich die Transportbeschränkungen konkret auswirken, zeigt sich etwa bei dem Kunststoffhersteller Covestro, der gut zwei Stunden Autofahrt vom Zentrum Schanghais entfernt seinen größten Produktionsstandort in China hat.

Nur wenige Profiteure

Zwar produzierte der Dax-Konzern über die Feiertage des chinesischen Neujahrsfests stets durch. Dennoch musste der Konzern drosseln. Es fehlten Lkw-Fahrer zum Abtransport der Kunststoffe, ebenso kamen Handwerker und Dienstleister nicht in die Anlagen, weil sie zu Hause bleiben mussten.

So stand Covestro vor der bisher nicht gekannten Situation, dass es wegen ausbleibender Belieferung zu einem Engpass bei Fässern kam, in denen die Kunststoffe verfrachtet werden. Oder dass die Lieferung zu den Kunden nicht möglich war, weil dort das entsprechende Personal zur Abnahme fehlte. Manchmal waren auch schlicht die Straßen für den Transport gesperrt. Der finanzielle Schaden ist bereits erkennbar: 60 Millionen Euro Gewinn wird der Dax-Konzern durch die Lieferprobleme in China allein im ersten Quartal einbüßen.

Grund für den Mitarbeitermangel sind Restriktionen bei der Bewegungsfreiheit vieler Menschen in China. Mitte Februar waren laut Angaben des Transportministeriums gerade mal knapp ein Drittel der rund 300 Millionen chinesischen Arbeitsmigranten zu ihrem Arbeitsort zurückgekehrt. EU-Handelskammer-Präsident Wuttke sprach die Bitte an die chinesische Regierung aus, die Sanktionen, wo immer möglich, zu erlassen.

Nur wenige Unternehmen profitieren auch von der Krise. So stieg bei dem britischen Konsumgüterkonzern Reckitt-Benckiser die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln, erklärte Firmenchef Laxman Narasimhan am Donnerstag. Vor allem hätten Chinesen online mehr gekauft. Gleichwohl verzeichne auch Reckitt-Benckiser Beeinträchtigungen bei Läden, Vertriebskanälen und Lieferketten.

Eine langfristige Folge der Krise werde sein, so AHK-Vorstand Wöllenstein, dass Unternehmen ihr Risiko-Portfolio überprüfen werden. Die Verwundbarkeit von Lieferketten sei aber nicht nur ein China-Thema. Wuttke prognostizierte, dass Diversifikation wohl vor allem innerhalb Chinas stattfinden werden wird. Die Infrastruktur Chinas sei sehr schwer zu kopieren. „Es ist leicht in ein anderes Land zu gehen, aber es ist schwer an anderen Standorten Fuß zu fassen.“