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Erstsemester an Privatschule WHU zu Alkohol-Exzessen gezwungen – die Leitung der Management-Schmiede wusste davon

Die WHU gilt als eine der besten Wirtschaftshochschulen Deutschlands – Gründerinnen und Gründer von Top-Startups haben hier studiert. - Copyright: Picture Alliance
Die WHU gilt als eine der besten Wirtschaftshochschulen Deutschlands – Gründerinnen und Gründer von Top-Startups haben hier studiert. - Copyright: Picture Alliance

Eigentlich gilt sie als Kaderschmiede für Deutschlands Topmanagerinnen und -manager: Seit Jahren führt die Wirtschaftshochschule WHU – Otto Beisenheim School of Management die Listen der besten Business-Universitäten an. Vor ein paar Monaten stand die Privatschule allerdings nicht aufgrund eines neuen Unicorns deutschlandweit in den Schlagzeilen.

So veröffentlichte der „Spiegel“, dass ältere Studierende auf systematische Weise neue Erstsemester in exzessive Alkoholgelage. Dabei gehe es ums Leertrinken großer Mengen Alkohol bis zum Erbrechen, Demütigung und wohl sogar Nötigung. Ein Erstsemesterstudent landete nach exzessivem Alkoholkonsum in der Einführungswoche im Krankenhaus.

Zum Trinken gedrängt hatten ihn, so die spätere Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz, vier offizielle WHU-Paten. Sie waren ältere Kommilitonen, die den Erstsemestern dabei helfen sollten, sich an der Privatschule zurechtzufinden. Die Hochschulleitung reagierte, erteilte den Verantwortlichen nicht nur ein Hausverbot, sondern kündigte zudem ihre Studienverträge.

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Im März hieß es noch, dass die Leitung der WHU von diesem Verhalten mancher Studierenden nichts gewusst habe. Ob es in privaten Räumen zu „derartigen Vorgängen“ komme, entziehe sich der Kenntnis der WHU. So antwortete die Hochschule im Frühjahr auf Anfrage vom „Spiegel“. Auch über mögliche Exzesse in den Räumen der Hochschule sei „nichts bekannt“.

Leitung der WHU wusste von den Exzessen

Dem „Spiegel“ liegen nun jedoch E-Mails vor, die das Gegenteil beweisen. Demnach haben hochrangige WHU-Angestellte seit mindestens 2018 von ähnlichen Vorwürfen gewusst. Die Dokumente zeigen auch, dass die Hochschule zwar zaghaft versuchte, der fragwürdigen Kultur Einhalt zu gebieten – die Vorfälle bis zum vergangenen Wintersemester aber offenbar nicht ahndete.

Und das, obwohl die Exzesse den guten Ruf der Privatschule durchaus hätten gefährden können. Denn: Die WHU ist nicht nur national hoch angesehen. Auch in internationalen Rankings steht sie ganz oben an deren Spitze. Wer an der Privat-Uni in Vallendar bei Koblenz zum Beispiel Betriebswirtschaftslehre, Finanzen oder Management studiert hat, gilt als bestens ausgebildet und vernetzt. Mehr als ein Dutzend Unicorns hat die WHU seit ihrer Gründung 1987 hervorgebracht. Das sind Startups mit einer Börsenbewertung von mindestens einer Milliarde US-Dollar.

So hat eine junge Frau die Ausnahmesituation erlebt

Aus diesem Grund habe sich 2021 auch eine junge Frau für ein Studium an der WHU entschieden. Sie hat sich dazu entschlossen, dem „Spiegel“ ihre Erfahrungen an der Privatschule zu schildern. Sie sagt, am Anfang sei sie „stolz“ gewesen. Die Realität habe sie aber schnell eingeholt. Sie habe gemerkt, dass die Kultur, wie sie an der Hochschule gelebt werde, nicht ihrer eigenen entspreche.

Gerade die Einführungswoche, die voll von Schikane gewesen sein soll, habe ihr zugesetzt. Die junge Frau berichtet von Beleidigungen, körperlichen Übergriffen und gemeinsamen Abendessen, nach denen mehrere Studierende aufgrund von Alkohol-Exzessen im Krankenhaus gelandet seien. Nur sechs Tage nach dem Semesterstart habe die Studentin, die anonym bleiben will, ihre Exmatrikulation beantragt. Das Erlebte sei ihr zu viel gewesen.

In einem Gespräch und einer anschließenden E-Mail informierte die Mutter der jungen Frau die Privatschule damals, im September 2021, über die Geschehnisse. Adressiert war das Schreiben an Christian Hagist, heute stellvertretender Rektor der WHU, sowie an Steffen Löv, aktuell zuständig für die Bachelor- und Masterprogramme.

Steffen Löv habe auf die E-Mail reagiert. Er soll verurteilt haben, was der jungen Frau widerfahren sei. Aber: Er soll gleichzeitig auch betont haben, dass ein Studium auch persönliche Freiheiten bedeute. „Wir als Hochschule dürfen und können das Privatleben unserer Studierenden außerhalb unserer Mauern nicht regulieren“, schrieb er laut „Spiegel“ in der Antwort.

Hochschulleitung weiß seit 2018 Bescheid

Mittlerweile ist klar, dass Steffen Löv und Christian Hagist als Verantwortliche an der WHU nicht erst durch die E-Mail der schockierten Mutter von den Exzessen erfahren haben. Bereits im August 2018, also drei Jahre vor den Erfahrungen der jungen Frau, schrieben die Männer eine E-Mail an die neuen Erstsemester.

Darin steht geschrieben: „Studierende Ihres Jahrgangs haben berichtet, dass sie von älteren Jahrgängen durch physischen oder psychischen Druck oder durch Hilfsmittel wie Bierbongs zu übermäßigem Alkoholkonsum gezwungen wurden.“ Man wisse, dass ältere Jahrgänge in der Einführungswoche ein Programm durchführten, das die Neuankömmlinge unter Stress setze. Wer zu etwas gezwungen werde, könne sich jederzeit vertraulich an WHU-Mitarbeitende wenden.

Keine klare Antwort auf „Spiegel“-Anfrage

Die Leitung der Hochschule weiß also seit etwa sechs Jahren vollumfänglich Bescheid. Hat sich seitdem etwas verändert? Hat es Sanktionen, Hausverbote oder weitere Vertragskündigungen gegeben? Das ist unklar. Laut „Spiegel“ antwortete die WHU auf eine Anfrage nur mit allgemeinen Antworten.

So äußert sich die WHU nicht zu der E-Mail von 2018. Sie erklärt nur, dass sich Studierenden jederzeit an Vertrauenspersonen an der Hochschule wenden können. Ebenso unklar bleibt, wie viele Fälle es in den vergangenen Jahren insgesamt gegeben habe. Die Privatschule betont stattdessen, dass sie „exzellente junge Menschen“ ausbilde, die Vorbilder seien und etwas zum Positiven verändern möchten.

Man sei dabei, Vorgänge aufzuarbeiten und zu prüfen, „ob wir als Organisation unserer Verantwortung gerecht geworden sind“. Außerdem habe die WHU ein zertifiziertes Whistleblower-Modell eingeführt. Die Hausordnung, den Code of Conduct, das Patenmodell und die Einführungswoche seien zudem überarbeitet worden.

Im Kontakt mit Business Insider schreibt eine Sprecherin: „Wir machen intern und extern sehr deutlich, dass ein solches Verhalten wie bei dem Vorgang vergangenen Herbst nicht unserer Haltung und unserem Anspruch entspricht.“