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"Erschreckend", "heftig", "Sch..-Gefühl": Große Emotionen in Henning Baums Polizei-Reportage

Henning Baum erlebte über fünf Monate hinweg immer wieder den Alltag bei der Leipziger Polizei - von Verfolgungsjagden bis zu einem Einsatz auf einer Demonstration von Corona-Leugnern. (Bild: TVNOW)
Henning Baum erlebte über fünf Monate hinweg immer wieder den Alltag bei der Leipziger Polizei - von Verfolgungsjagden bis zu einem Einsatz auf einer Demonstration von Corona-Leugnern. (Bild: TVNOW)

 

Als Serienstar in "Der letzte Bulle" startete Henning Baum als Polizist durch. Nun tauchte der Schauspieler auch im echten Leben in den Alltag von Gesetzeshütern ein. Große Emotionen kamen vor allem bei einem Gespräch mit einem Leipziger Gruppenführer und seiner schwangeren Frau auf.

Eigentlich hat es sich die Polizei auf die Fahnen geschrieben, die Bürger schützen - ganz getreu dem Motto "Die Polizei - dein Freund und Helfer". Immer häufiger sehen sich die Beamten aber selbst in der Schusslinie. Knapp 39.000 Gewalttaten gegenüber Polizisten 2020 bedeuten einen Anstieg von 25 Prozent gegenüber dem Wert 2011. Außerdem sehen sich die Gesetzeshüter vermehrt öffentlicher Kritik ausgesetzt, etwa infolge umstrittener Einsätze auf Anti-Corona-Demos.

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Wie gehen Beamte mit diesem Druck um? Was macht der Arbeitsalltag mit ihrem Familienleben? Und bei welchen Aspekten ist die Kritik an der Polizei gerechtfertigt? Diese Fragen beschäftigten Schauspieler Henning Baum, der am Donnerstagabend in der RTL-Reportage "Einsatz für Henning Baum - Hinter den Kulissen der Polizei" der deutschen Polizei auf den Zahn fühlte.

Über fünf Monate war Baum dabei

Über fünf Monate hinweg hatte sich der Schauspieler regelmäßig an die Fersen von Beamten der Leipziger Polizei geheftet. Er schloss den körperlichen Eignungstest erfolgreich ab, lernte Zugriffstechniken bei einem Selbstverteidigungskurs mit Polizeischülern und sprach mit ihnen über ihr Berufsethos. Besonders eindrücklich gestalteten sich jedoch die intimen Gespräche mit Polizisten, die in der eineinhalbstündigen Reportage schonungslos Einblick in ihr Seelenleben und ihren bisweilen psychisch belastenden Arbeitsalltag gewährten.

Unter anderem traf Baum den Bereitschaftspolizisten Philipp, den er auch auf der umstrittenen Anti-Corona-Demonstration in Leipzig am 7. September 2020 begleitete. "Ich finde es erschreckend, dass nur, weil ich eine Uniform anhabe und meine Arbeit mache, ich zur Zielscheibe werde", gab er zu. Außerdem schilderte er, dass er vergangenes Neujahr in der Notaufnahme verbringen musste. Zuvor hatte er bei Ausschreitungen am Connewitzer Kreuz nach der Explosion eines Böllers ein Knalltrauma erlitten. "Es war schon heftig, wie sie da auf uns zugerannt kamen und auf einmal mit Steinen und Flaschen geworfen haben, aus drei, vier Metern Entfernung", beschrieb der Polizist die Krawallszenen im linksgeprägten Leipziger Stadtteil.

Henning Baum war auch bei dem Einsatz auf einer Leipziger Anti-Corona-Demonstration dabei. (Bild: TVNOW)
Henning Baum war auch bei dem Einsatz auf einer Leipziger Anti-Corona-Demonstration dabei. (Bild: TVNOW)

 

"Wenn ich mir was wünschen könnte, wäre es ein anderer Job für ihn"

Diese Schilderungen bewegten nicht nur Henning Baum, sondern auch Philipps schwangere Ehefrau Steffi. "Ich vertraue auf die Gemeinschaft der Polizisten. Wenn ich mir was wünschen könnte, wäre es ein anderer Job für ihn", gab sie mit einem Kloß im Hals zu. Es wurde aber auch klar, dass Philipp trotz der Belastungen seines Jobs für seinen Beruf brennt und wenn es sein muss auch seine Gesundheit aufs Spiel setzt - wie am 7. November 2020 in Leipzig.

Bereits am Vorabend hatte Philipp mit seiner Truppe versucht, Demonstranten in Schach zu halten. Er und seine Kollegen seien dort mit "massivem Steinwurf" attackiert worden, wie er berichtete. "Das ist ein Sch..-Gefühl, weil du nicht weißt, wo der Stein gleich einschlägt", räumte Philipp ein. Ruhig sollte es auch am 7. November nicht zugehen. Das Fazit nach dem Einsatz sprach Bände: 31 verletzte Polizisten, 102 Straftaten und 140 Coronaverstöße. Weil im Anschluss Videos die Runde machten, auf denen Polizisten vor den wütenden und teils randalierenden Demonstranten zurückwichen, wurde in den Medien und aus den Reihen der Politik erhebliche Kritik an der Deeskalationsstrategie der Polizei laut.

Henning Baum, dessen Kameramann auf der Demo in eine Schubserei mit Demonstranten verwickelt worden war, konnte diese Abrechnung mit dem Verhalten der Polizei nur bedingt nachvollziehen. Stattdessen beschrieb er den Einsatz aus seiner Perspektive wie folgt: "Das war ein interessanter Vorgang. Sie (die Polizisten, d. Red.) haben immer wieder gerufen: 'Keine Gewalt.' Die haben das aber als Formation so artikuliert, dass es eine sehr gewaltige Attitüde hatte. Die Stimmung war aufgeladen, aber die Polizei hat keine Eskalation betrieben." Baum stellte zudem das "besonnene" Handeln der Beamten heraus.

Henning Baum tauchte für die RTL-Reportage
Henning Baum tauchte für die RTL-Reportage

 

Fehlende psychologische Unterstützung

Allgemein hob die RTL-Reportage über große Teile die Bedeutung der Polizeiarbeit für eine funktionierende Gesellschaft hervor und warb für Verständnis für den herausfordernden Job. Es wurde klar, dass Polizisten sich oft zwischen zwei Fronten wiederfinden und entweder Kritik einstecken müssen, weil sie bei Einsätzen zu hart durchgreifen oder zu gemäßigt vorgehen. "Vermutlich sind auch sie nicht ganz perfekt, aber wer ist das schon. Meinen Respekt jedenfalls haben sie", philosophierte Henning Baum am Ende der Reportage.

Uneingeschränkt solidarisierten sich die Macher des sehenswerten RTL-Beitrages aber nicht mit der Polizei. Kritisch beleuchtet wurde etwa die über Jahre fehlende psychologische Hilfe für Beamte nach traumatischen Erlebnissen im Dienst. Dazu traf Henning Baum den Berliner Gesetzeshüter Jürgen Röhr. Bei einem Einsatz in Kreuzberg hatte er vor 17 Jahren schwerste Verletzungen infolge einer Schusswunde davongetragen. Nicht nur musste sich Röhr seitdem über 20 Operationen unterziehen, auch eine Rückkehr in den Streifendienst wurde zur Unmöglichkeit.

"Es fühlte sich wie ein großes Loch an. Ich war damals Mitte 40, als man mich aus dem Dienst entlassen hat. Es bricht ein ganzes soziales Umfeld weg", beschrieb er die Seelenqualen, die er nach dem Unfall erlitten hatte - und mit denen er lange Zeit allein gelassen wurde. "Ich hatte immer diesen Drang: 'Ich möchte gerne mit jemandem über diesen Vorfall reden'. Aber ich habe niemanden gefunden", so der Berliner. Unterstützung bot ihm erst einige Zeit später eine Selbsthilfegruppe im fernen Bayern. Heute leitet Röhr Seminare zur Bewältigung psychischer Belastungen im Dienst und steht als Notfallseelsorger bundesweit Polizisten mit Rat und Tat zur Seite.

Mit seiner schwangeren Frau Jessi tauscht sich der Polizist Philipp regelmäßig über seine teils heftigen Einsätze aus. (Bild: TVNOW)
Mit seiner schwangeren Frau Jessi tauscht sich der Polizist Philipp regelmäßig über seine teils heftigen Einsätze aus. (Bild: TVNOW)

 

"Das ist ein absolutes No-Go"

Einen kritischen Blick wagte "Einsatz für Henning Baum - Hinter den Kulissen der Polizei" auch auf ein anderes, kontrovers diskutiertes Thema: willkürliche Polizeigewalt. "Polizeibeamte haben im Gerichtsverfahren gegen mich mehrfach gelogen, um eine Verurteilung zu erzwingen", erhob der Blaulichtreporter Julian Stähle schwere Anschuldigungen. Infolge von Filmaufnahmen während eines Einsatzes war er von einem Beamten attackiert worden. Vor Gericht hatte sich allerdings nicht der Polizist, sondern wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt Stähle verantworten müssen. Zu einer Verurteilung war es nur deswegen nicht gekommen, weil Stähle ein entlastendes Video vorlegen konnte.

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"Der Zustand, wie er jetzt gerade ist - das geht nicht. Wenn man Leute, die Opfer von Polizeigewalt geworden sind, zur Polizei hinschickt - also zu der Gruppe von mutmaßlichen Tätern -, das ist ein absolutes No-Go", verurteilte Oliver von Dobrowolski, Polizeibeamter und Politiker, das Fehlen unabhängiger Beschwerdestellen bei mutmaßlicher Polizeigewalt. Es gebe hier akuten Nachholbedarf, wie Dobrowolski forderte: "Da muss eine Menge passieren in Deutschland."

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