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Diese vier Risiken für das Finanzsystem im Euro-Raum machen der EZB Sorgen

Die Niedrigzinsen hinterlassen ihre Spuren. Die EZB macht in ihrem neuen Finanzstabilitätsbericht gleich mehrere Gefahren für das Finanzsystem aus.

„Wir stellen auch einen Anstieg der Risikobereitschaft fest.“ Foto: dpa
„Wir stellen auch einen Anstieg der Risikobereitschaft fest.“ Foto: dpa

Wenn Ökonomen derzeit Prognosen über die Konjunktur im Euro-Raum abgeben, bereiten ihnen der Handelsstreit und der Brexit die meisten Sorgen. Eine längerfristige Perspektive nimmt die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem am Mittwoch erschienen Finanzstabilitätsbericht ein. Darin warnt sie angesichts der Niedrigzinsen unter anderem vor plötzlichen Korrekturen an den Finanzmärkten und Gefahren durch die zunehmende Verschuldung.

„Während das Niedrigzinsumfeld die Gesamtwirtschaft stützt, stellen wir auch einen Anstieg der Risikobereitschaft fest, der mittelfristig zu Herausforderungen für die Finanzstabilität führen könnte“, sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos. „Die Behörden sollten verfügbare Instrumente verwenden, um das Auftreten von Sicherheitslücken zu beheben, sofern dies möglich ist.“

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In ihrem Bericht analysiert die EZB vier Risiken für das Finanzsystem im Euro-Raum:


1. Fehlbewertungen an den Finanzmärkten

Seit der Euro-Krise sind die Kurse von Aktien und Unternehmensanleihen im Euro-Raum kontinuierlich gestiegen. Die EZB führt dies nicht zuletzt auf ihre Niedrigzinspolitik zurück. Im September hat sie den Einlagenzins im Euro-Raum auf minus 0,5 Prozent gesenkt. Mit diesem Schritt war sie nicht allein. Auch andere Notenbanken lockerten ihre Geldpolitik mit der Folge, dass die Zinsen weiter gefallen sind. Weltweit notieren inzwischen Anleihen im Umfang von 13,5 Billionen US-Dollar zu negativen Renditen.

Die EZB sieht einen Zusammenhang zwischen niedrigeren Zinsen und höheren Vermögenspreisen. Sinken die Leitzinsen, werden Vermögenswerte wie Anleihen oder Aktien attraktiver und ihre Preise steigen tendenziell.

Das birgt umgekehrt jedoch auch die Gefahr, dass die Bewertungen an den Finanzmärkten stärker unter Druck geraten, wenn die Zinsen wieder steigen. Die EZB hält diese Gefahr für umso stärker, weil die Niedrigzinsphase schon lange anhält und sich viele Investoren daran gewöhnt haben.

Um trotz der niedrigen Zinsen eine positive Rendite zu erzielen, würden zum Beispiel Versicherer oder Investmentfonds verstärkt Anleihen mit langer Laufzeit halten. Diese unterliegen jedoch größeren Kursverlusten, wenn die Zinsen steigen.

In diesem Jahr sind die Bewertungen sowohl von riskanten als auch von risikolosen Anlagen gestiegen. Die Notenbank verweist auf Berechnungen, wonach dies vor allem mit der Geldpolitik und weniger mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Euro-Raum in diesem Jahr zusammenhängt.

„Laut Schätzungen haben die geldpolitischen Maßnahmen der EZB und die Nebenwirkungen der Maßnahmen der [US-Notenbank] Federal Reserve zum Anstieg der Aktien- und Anleihepreise beigetragen,“ heißt es. Die Schätzungen deuteten zudem darauf hin, dass die wirtschaftliche Entwicklung „in diesem Jahr bis zum jetzigen Zeitpunkt nur begrenzten Einfluss auf die Preise risikoreicher Vermögenswerte“ gehabt habe.

2. Hohe Verschuldung

Ein weiteres Risiko sieht die EZB in der hohen Verschuldung des Staats- und Privatsektors im Euro-Raum. Grundsätzlich sei die Staatsverschuldung auf dem aktuellen Niveau zu bewältigen. Länder mit hohen Schulden hätten die niedrigen Zinsen genutzt, um sich langfristiger zu finanzieren.

Probleme sieht die EZB aber, falls es zu einem stärkeren wirtschaftlichen Abschwung im Euro-Raum kommt. In diesem Fall könnten höhere Risikoprämien am Anleihemarkt, geringeres Wachstum und höhere Ausgaben die Schuldentragfähigkeit in Ländern mit hoher Verschuldung gefährden.

Außerdem verweist die EZB darauf, dass auch politische Unsicherheit die Schuldentragfähigkeit einzelner Länder gefährden kann. Ohne ein Land beim Namen zu nennen, heißt es im Bericht, dass es in der Vergangenheit Phasen gegeben habe, in denen einzelne Euro-Länder wegen politischer Unsicherheit an den Finanzmärkten unter Druck gerieten.

In Griechenland beispielsweise hatte es nach dem Wahlsieg des früheren Premierministers Tsipras im Jahr 2015 große Unruhe an den Märkten gegeben. Auch in Italien waren die Risikoprämien unter der früheren europakritischen Regierungskoalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega zeitweise gestiegen.

Bei den Unternehmen sieht die EZB die Gefahr, dass die günstigen Finanzierungskonditionen dazu führen, dass sich Unternehmen mit schwächerer Kreditwürdigkeit stärker verschulden. So sei der Anteil von riskanteren Hochzinsanleihen zuletzt gestiegen.

Unternehmen mit schwächerer Kreditwürdigkeit seien im Falle eines Abschwungs stärker von Herabstufungen betroffen.

Das Bild bei den Haushalten wiederum ist unterschiedlich. Insgesamt ist die Verschuldung dort stabil geblieben, es gebe aber große Unterschiede zwischen einzelnen Ländern. So liegt die Verschuldung der privaten Haushalte in Litauen bei 40 Prozent des verfügbaren Einkommens – in den Niederlanden dagegen bei 200 Prozent.


3. Schwache Gewinnaussichten der Banken

Auch die schwache Profitabilität der Banken bereitet der EZB Sorgen. Fallende Zinserträge und ineffiziente Strukturen würden den Instituten zusetzen. Insgesamt hätten sie wenig Fortschritte dabei gemacht, ihre Kosteneffizienz zu verbessern. Im internationalen Vergleich sei das Verhältnis von Aufwand zu Erträgen bei europäischen Banken schlechter als bei den Wettbewerbern.

Als Probleme sieht die EZB die hohe Filialdichte und die starke Zersplitterung der Bankenlandschaft. Sie geht davon aus, dass das schwache Wachstum und die niedrigen Zinsen den Banken auch in Zukunft zusetzen. Auch Cyberattacken könnten sie treffen und zu empfindlichen finanziellen Verlusten oder einem Vertrauensverlust führen.

4. Hohe Risikoneigung außerhalb des Bankensektors

Nicht nur bei den Banken sieht die EZB Probleme, sondern auch bei Investmentfonds, Pensionsfonds oder Versicherern. In den vergangenen Jahren ist dieser Bereich stark gewachsen.

Der Sektor habe sich aber auch stärker in weniger liquiden und riskanteren Vermögenswerten engagiert. Dadurch sei die Anfälligkeit für Schocks gestiegen. Im Falle eines Abschwungs könnte eine plötzliche Korrektur den Sektor besonders treffen.

Ein weiteres Problem sieht die EZB darin, dass Investmentfonds bei der Suche nach Rendite verstärkt in sogenannte illiquide Vermögenswerte investiert hätten, die sich nicht schnell verkaufen lassen. Diese Fonds könnten unter Druck geraten, wenn es zu größeren Kapitalabflüssen kommt, heißt es im Bericht.

 Foto: dpa
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