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Deutschland im Wasserstress: Nutzungskonflikte nehmen zu

Obwohl Deutschland ein wasserreiches Land ist, wird phasenweise Wasserknappheit zum Problem – auch für die Binnenschifffahrt und somit die Wirtschaft.

Für Unternehmen bedeutet es Verluste in Millionenhöhe, wenn die Binnenschifffahrt blockiert ist. Foto: dpa
Für Unternehmen bedeutet es Verluste in Millionenhöhe, wenn die Binnenschifffahrt blockiert ist. Foto: dpa

Für den Chemiekonzern BASF ist klar: eine Situation wie 2018 muss verhindert werden. Damals blockierte langanhaltendes Niedrigwasser die Schiffbarkeit des Rheins, am Unternehmensstandort Ludwigshafen wurde die Produktion gedrosselt, der finanzielle Schaden ging in die Millionen.

Über Jahrzehnte war der Umgang mit Wasser kein sonderlich problematisches Thema in Deutschland. Doch mit dem Klimawandel ändert sich das. Zwar gilt Deutschland grundsätzlich weiterhin als wasserreiches Land, doch in einzelnen Regionen wird Wasserknappheit phasenweise zu einem Problem, nicht nur für die Binnenschifffahrt. Gleichzeitig leiden viele Gewässer unter der hohen Belastung durch Nähr- und auch Schadstoffe, etwa Medikamente.

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Jetzt soll bis Juni 2021 eine Wasserstrategie erarbeitet werden. „Unser Land ist zum Glück noch weit von einem Wassernotstand entfernt“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze am Donnerstag. Deutschland müsse sich aber auf längere Dürreperioden einstellen.

„Wir müssen Lösungen finden, wie wir mit Wasserknappheit und Nutzungskonflikten umgehen“, sagte die SPD-Politikerin. Es gehe nicht darum, jemanden das Wasser abzudrehen. „Aber es braucht Spielregeln, damit es am Ende kein Gegeneinander unterschiedlicher lokaler Interessen gibt.“

Derzeit werden in Deutschland weniger als 20 Prozent der Wasserressourcen genutzt – und zwar vor allem von Industrie, Bergbau und Landwirtschaft sowie für die Versorgung der privaten Haushalte. Ein Wassernotstand, wie im Sommer vereinzelt von Kommunen ausgerufen, liegt meist nicht daran, dass Wasser knapp ist, sondern dass zu viel Wasser gleichzeitig benötigt wird und die vorhandenen Pump- und Leitungskapazitäten überlastet.

Verfügbarkeit von Wasser könnte bei Ansiedlungsentscheidungen mittelfristig eine Rolle spielen

Problematisch ist, dass aufgrund der zunehmenden Zahl heißer und trockener Sommer auch hierzulande das Verhältnis von Wasserverbrauch und der Neubildung von Grundwasser aus dem Gleichgewicht gerät. „Der Regen reicht nicht, um die Grundwasserbestände aufzufüllen“, bestätigt Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Der Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel verweist auf tendenziell sinkende Grundwasserstände.

Nutzungskonflikte gibt es längst. Prominentes Beispiel: die Ansiedlung des US-Elektrobauers Tesla im brandenburgischen Grünheide, wo Umweltschützer Konkurrenz zur öffentlichen Trinkwasserversorgung befürchten. Auch Bonde sieht zunehmende Nutzungskonkurrenzen. „Die Frage, ob genügend Wasser an einzelnen Standorten vorhanden ist, wird bei Ansiedlungsentscheidungen mittelfristig eine Rolle spielen.“

Dietrich Borchardt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) spricht von einer „veritablen Wasserkrise“. Er hält den Handlungsbedarf für „erheblich“. Borchardt ist Teil der rund 200 Experten aus Industrie, Wissenschaft, Verbänden, Ländern und Kommunen, die sich in den vergangenen Jahren mit dem künftig notwendigen Umgang mit der Ressource Wasser beschäftigt haben. Deren Empfehlungen sollen nun in die Wasserstrategie einfließen.

DBU-Generalsekretär Bonde kritisiert, dass das Thema Wasser politisch lange nicht im Blickfeld war. „Nun holt es uns ökonomisch ein.“ Die Lage etwa in der Forstwirtschaft sei verheerend. Den Schaden durch den Preisverfall bei Holz beziffert Bonde für 2018 und 2019 auf mehr als zwei Milliarden Euro.

Wirtschaftliche Auswirkungen auf Unternehmen, die auf Binnenschifffahrt angewiesen sind

Zentral für die Industrienation Deutschland ist auch die Forderung nach einer klimaresilienten Wasserinfrastruktur, nicht nur was Wasserleitungen betrifft, sondern auch die Binnenschifffahrt. Die niedrigen Pegelstände in deutschen Flüssen hatte 2018 gravierende wirtschaftliche Auswirkungen.

Allein bei BASF hatte das Rhein-Niedrigwasser 2018 das Ergebnis um 250 Millionen Euro geschmälert. Das Werk erhält 40 Prozent der für die Produktion notwendigen Rohstoffe über den Fluss; im Durchschnitt legen 15 Schiffe täglich bei BASF in Ludwigshafen an. Vor allem Rohstoffe, die in großen Mengen benötigt werden, weil sie wie beispielsweise Methanol am Anfang von Wertschöpfungsketten stehen, werden per Schiff transportiert.

Außerdem wird Rheinwasser zur Kühlung genutzt und später wieder zurückgeleitet. Bei Niedrigwasser ist das nur mit Einschränkungen möglich.

Um den Standort widerstandsfähiger zu machen, hat der Konzern inzwischen ein Frühwarnsystem für Niedrigwasser mit einer Vorwarnzeit von sechs Wochen entwickelt. „Dadurch können situationsbedingte Anpassungen der Logistikaktivitäten vorgenommen werden“, sagte ein Sprecher. Eine Verlagerung aller Rohstoffe sei jedoch nicht machbar. Die Zuladung eines großen Binnenschiffs entspricht nach Angaben von BASF dem Volumen von etwa 80 Bahnkesselwagen oder 160 Lastwagen. Gechartert wurden jedoch vermehrt Niedrigwasser-geeignete Schiffe. Rückkühlanlagen wurden optimiert und die Kapazität der Rückkühlanlagen erweitert.

2019 und 2020 war die Situation insgesamt weniger angespannt, doch eine Entwarnung gibt es nicht. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) berichtete in den vergangenen Monaten regelmäßig über sinkende Wasserstände an den Bundeswasserstraßen.

Neben Ems und Weser waren auch Donau, Elbe und Rhein streckenweise von Niedrigwasser betroffen. Axel Vogel, Landesumweltminister in Brandenburg, schließt nicht aus, dass Wasser langsam zu einem begrenzenden Faktor für wirtschaftliches Wachstum wird.

Grüne fordern bessere Daten über Flüsse und Wasserstraßen

„Es müssen dringend Vorkehrungen getroffen werden“, sagt die Mittelstandsbeauftragte der Grünen-Bundestagsfraktion, Claudia Müller, dem Handelsblatt. „Das Binnenschiff spielt eine wichtige Rolle in der Versorgung mit relevanten Gütern, die nur begrenzt anderweitig transportiert werden können. Wenn das wegfällt, haben wir ein Problem.“ Ausbaggern gegen weniger Niedrigwasser sei der falsche Weg.

Die Grünen-Politikerin forderte stattdessen bessere Daten über Flüsse und Wasserstraßen. „Es ist in Zeiten der Digitalisierung nicht nachvollziehbar, dass die Binnenschifffahrt zu wenige Prognosen über die Entwicklung der Wasserstände erhält.“

Die Bundesregierung müsse zudem dafür sorgen, dass Binnenschiffe deutlich klimafreundlicher würden. Dafür brauche es deutlich mehr Mittel für saubere Binnenschiffe und um die Forschung in Antriebe etwa durch Akku oder Brennstoffzelle voranzutreiben.

Auch die Landwirtschaft ist betroffen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert ein nachhaltiges Wassermanagement, das auch den Anbau standortangepasster Kulturen beinhaltet. „Wir werden dahin kommen“, sagt auch DBU-Generalsekretär Bonde, „dass in manchen Regionen der Anbau bestimmter landwirtschaftlicher Produkte ökonomisch keinen Sinn mehr macht.“