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Deutschland verliert weibliche Manager - Gleichstellung stockt

(Bloomberg) -- Anfang letzter Woche gab Amanda Rajkumar bekannt, dass sie ihre Position als Head of Global Human Resources bei Adidas aufgeben wird. Nach nur zweieinhalb Jahren.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

Damit reihte sie sich ein in eine lange Liste von Frauen, die sich aus Führungspositionen in deutschen Unternehmen zurückgezogen haben. Die Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp, Martina Merz, und die Finanzchefin des Hamburger Hafens, Tanja Dreilich, traten beide im Juni zurück, etwa zeitgleich mit dem Weggang von Christiana Riley von der Deutschen Bank, die damit nur noch eine Frau in ihrem neunköpfigen Vorstand hat. Sie folgte der ETF-Managerin Fiona Bassett, die die Bank wenige Wochen zuvor verlassen hatte.

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Die Abgänge sind Beleg für die Schwierigkeiten deutscher Unternehmen, weibliche Talente zu rekrutieren und zu halten. Und die Zahlen sind ernüchternd: Ende 2022 lag der Frauenanteil in den Vorständen der 160 Unternehmen, die in den Leitindizes Dax, MDax und SDax gelistet sind, bei weniger als 16%. Das war gut zwei Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor. Laut einer Auswertung von Bloomberg sind seit Januar fast 23% der Führungskräfte, die sich entschieden haben, die Vorstände dieser Unternehmen zu verlassen, Frauen.

Auch die Verweildauer von Frauen in Führungspositionen ist kürzer als die ihrer männlichen Kollegen. Während Männer im Durchschnitt mehr als fünfeinhalb Jahre in einer Vorstandsposition verbleiben, waren die Frauen, die seit Beginn dieses Jahres aus deutschen Vorständen ausgeschieden sind oder ihren Rücktritt angekündigt haben, im Durchschnitt weniger als drei Jahre in ihrer Position.

Viele Unternehmen haben diese Missstände nur langsam in Angriff genommen. Seit 2016 sind die größten börsennotierten Unternehmen verpflichtet, mindestens 30% der neu zu vergebenden Aufsichtsratssitze mit Frauen zu besetzen. Während verbindliche Geschlechterquoten für Vorstände jahrelang heftig umstritten waren, einigte sich die Regierungskoalition 2021 schließlich darauf, dass bestimmte börsennotierte Unternehmen mindestens eine Frau in ihrer Führungsriege haben sollten. Doch die Regel hat so viele Ausnahmen, dass sie derzeit für weniger als 70 Unternehmen gilt.

Antiquierte Vorstellungen über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und häusliche Pflichten sind ein Grund für die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen. In Deutschland wird von Frauen häufig erwartet, dass sie ihre Karriere vorantreiben und sich gleichzeitig um Haushalt und Kindererziehung kümmern. “Vor allem Müttern, die lange arbeiten, wird oft vorgeworfen, ihre Familien zu vernachlässigen”, erklärte Lena Hipp, Forschungsprofessorin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Das gilt auch für Frauen in Führungspositionen.

Ein weiterer Faktor sind veraltete Rollenvorstellungen. Olga Mordvinova, eine Software-Ingenieurin, die in leitender Position bei ProSiebenSat1.Media tätig war, bevor sie sich auf ihr eigenes Unternehmen konzentrierte, weiß aus eigener Erfahrung, dass es für Frauen in Deutschland schwierig ist, als gleichberechtigt mit ihren männlichen Kollegen wahrgenommen zu werden. “Es ist vorgekommen, dass Außenstehende mich für eine Assistentin gehalten haben, und mich gebeten haben, ihnen Kaffee zu bringen”, sagt sie. Bei einer Führungskraft in einem Unternehmen würden die Leute selten an eine junge Frau denken.

Wenn es darum geht, Frauen für Führungspositionen zu finden, schauen sich Unternehmen oft anderswo um, anstatt ihre eigenen Mitarbeiterinnen zu fördern. “Die Abwerbungsquote ist bei Frauen in Führungspositionen viel höher”, sagt Christian Böhnke, Managing Partner bei Hunting/Her, einer Personalberatung für weibliche Führungskräfte. Manche Unternehmen machten sich nicht einmal die Mühe, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. “Frauen haben es auch mit Unternehmen zu tun, die nicht das tun, was sie in Bezug auf die Förderung der Geschlechtervielfalt predigen”, sagte er.

Fast zwei Drittel der weiblichen Vorstände der größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland werden von außen rekrutiert, wie eine aktuelle Studie zeigt. “Männer, die bereits auf niedrigeren Ebenen in einem Unternehmen gearbeitet haben, profitieren von Netzwerken, die Frauen oft nicht zur Verfügung stehen”, sagt Regina Lindner, Managing Partner bei Hunting/Her.

Noch geringer sind die Erfolgsaussichten für weibliche Führungskräfte, wenn ein Unternehmen in die Krise gerät. Als der Bad Homburger Dialysespezialist Fresenius Medical Care im Jahr 2022 die Vorstandsvorsitzende Carla Kriwet holte, um die explodierenden Kosten des Unternehmens in den Griff zu bekommen, kündigte sie nach nur zwei Monaten. Das sogenannte “gläserne Klippe”-Phänomen, bei dem Frauen für Führungspositionen in risikoreichen Umfeldern eingestellt werden, trägt so ebenfalls zu hohen Abgangsraten bei.

Es gibt jedoch Möglichkeiten, diese Dynamik umzukehren, zum Beispiel durch die Förderung weiblicher Talente auf den unteren Managementebenen. Dies gilt insbesondere für Branchen, in denen Frauen immer noch deutlich in der Unterzahl sind. “Die Mehrheit der Neueinstellungen in der Tech-Branche sind Männer”, so Mordvinova. “Daher gibt es auch so wenige weibliche CTOs.”

Wenn Unternehmen in die eigene Pipeline weiblicher Talente investiert haben, hat sich das spürbar ausgezahlt. So zum Beispiel für Beiersdorf: Der Nivea-Hersteller hat vor mehr als einem Jahrzehnt eigene Frauenquoten für die obersten Führungsebenen festgelegt und die Bonuszahlungen für den Vorstand an das Erreichen dieser Ziele gekoppelt. Außerdem bietet das Unternehmen Führungskräften mit kleinen Kindern Teilzeitarbeit an — und der Nachwuchs kann den firmeneigenen Kindergarten besuchen.

Das Ergebnis spricht für sich. Mit drei Frauen und vier Männern weist der Vorstand eine der höchsten Geschlechterparitäten aller 40 Dax-Unternehmen auf.

Überschrift des Artikels im Original:Departure of Women Execs Stunts German Bid to Close Gender Gap

(Wiederholung vom Samstag.)

©2023 Bloomberg L.P.