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Warum den Deutschen der Bierdurst vergeht

Der Druck auf die Brauereien steigt, denn es wird immer weniger Bier getrunken. Nur alkoholfreie Varianten und regionale Spezialitäten wachsen.

In der Bierbranche herrscht seit Jahren ein harter Preiskampf. Foto: dpa
In der Bierbranche herrscht seit Jahren ein harter Preiskampf. Foto: dpa

Die Deutschen gelten gemeinhin als Volk der Biertrinker. Doch die Tradition von Feierabendbierchen und Eckkneipe schwindet rapide: Die Menschen achten immer mehr auf ihre Gesundheit. Und wenn Partygänger zu Alkoholischem greifen, dann oft zu Wein – oder Trendgetränken wie Gin oder Cocktails. Das bekommen die deutschen Brauereien zu spüren.

2019 sank deren Bierabsatz um 1,9 Prozent auf 92,2 Millionen Hektoliter. In den Zahlen, die das Statistische Bundesamt am Donnerstag bekanntgab, sind alkoholfreie Biere nicht enthalten. Rein rechnerisch ist damit in einem Jahr das Volumen einer ganzen Großbrauerei verschwunden. Damit wurde der historische Tiefststand von 2017 unterboten.

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Die im Inland verkaufte Menge Bier ist nach der Wiedervereinigung um ein Viertel eingebrochen. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Branche. „Die Brauerei-Landschaft wird sich in den nächsten fünf Jahren gravierend verändern“, prognostiziert Michael Huber, Generalbevollmächtigter der Privatbrauerei Veltins. Konsumgüterexperte Christoph Treiber, Berater bei OC & C, sieht eindeutige Überkapazitäten am Markt.

Wie sehr den Deutschen die Bierlaune über die Jahrzehnte vergangen ist, zeigt auch ein Blick auf den Pro-Kopf-Konsum. Trank 1980 im Schnitt jeder Deutsche noch 146 Liter im Jahr, sind es heute weniger als 102 Liter (alkoholfreies Bier inklusive), wie es die Zahlen des Deutschen Brauerbunds hergeben.

Der Rückgang des Bierkonsums, der seit Jahren in ganz Europa zu beobachten ist, habe vor allem demografische Gründe, meint der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Denn die Generation der Konsum- und Ausgehfreudigen zwischen 20 und 40 Jahren schrumpft.

Zählten im Jahr 2000 noch 23,5 Millionen zu dieser bieraffinen Zielgruppe, sind es heute schon drei Millionen weniger, zeigen Zahlen des Statistische Bundesamts. Aber auch die Trinkgewohnheiten haben sich gewandelt: Statt in der Kneipe gesellig bei einem Bier zu quatschen, chatten viele junge Erwachsene heute lieber per Smartphone virtuell mit ihren Freunden.

Und selbst beim gemeinsamen Fußballschauen oder auf Grillpartys weichen die Deutschen immer öfter auf andere Getränke oder alkoholfreies Bier und alkoholfreien Biermix aus. Laut Brauerbund steuern alkoholfreie Varianten inzwischen einen Marktanteil von zehn Prozent an.

Getränkeanbieter statt Brauer

Die Entwicklung spürt auch die Brauerei Warsteiner. Sie erzielte mit alkoholfreien Sorten einen Zuwachs von rund 13 Prozent, während der Absatz von Pils sank. „Bei Alkoholfreiem ist noch Wachstum drin“, meint auch Branchenexperte Treiber. Vor allem auch weil die deutschen Brauer die Frauen noch nicht richtig erreicht hätten: Mehr als 80 Prozent der Biertrinker sind Männer.

Frauen bevorzugen Getränke wie Fassbrause oder Radler – mit wenig oder gar keinem Alkohol. Bei der Privatbrauerei Krombacher etwa machen alkoholfreie Sorten von „0,00 Prozent“ bis „Vitamalz“ bereits ein Drittel vom Umsatz aus. „Wir sehen uns heute weniger als Brauer, sondern vielmehr als Getränkeanbieter“, sagt Uwe Riehs, der Marketing-Geschäftsführer von Krombacher.

2006 war die Schweppes-Familie dazugekommen. „Ohne bei den alkoholhaltigen Getränken verlieren zu wollen, soll der Alkoholfrei-Anteil in den nächsten Jahren auf 40 Prozent steigen, vor allem durch Vielfalt an Sorten“, so Riehs. Die Vielfalt an Bieren steigt. Es herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb in den Regalen. Biermischungen machten 2019 mit 0,4 Millionen Hektoliter 4,8 Prozent des gesamten Bierabsatzes aus.

Allerdings sank der Absatz zum Vorjahr um ein Prozent. Das einmal so populäre „Veltins+“ hat sogar fast acht Prozent auf 295.400 Hektoliter eingebüßt. Gerade die jungen Biertrinker sind weniger markentreu. Die beliebteste Sorte bleibt Pils mit mehr als 50 Prozent Marktanteil.

Weizenbier ist in der Gunst am meisten gesunken. Im Kommen sind dagegen regionale Bierspezialitäten wie Kellerbier oder naturtrübes Landbier. Die Marke „Grevensteiner“ von Veltins etwa legte um mehr als zehn Prozent auf 241.300 Hektoliter zu.

„Spezialitätenbiere zählen zu den Wachstumssegmenten im Markt“, bestätigt Christian Gieselmann, Sprecher der Geschäftsführung von Warsteiner. Mit dem naturtrüben „Warsteiner Brewers Gold“ will die Traditionsbrauerei ab Februar den Zeitgeist treffen.

Günstiges Massenbier nicht mehr gefragt

Solche Bierspezialitäten profitieren vom Hype um Craft Beer, das allerdings immer noch ein Nischendasein fristet. Dank Craft Beer wird die Zahl der Brauereien hierzulande auch 2020 weiter wachsen, erwartet Eichele vom Brauerbund. Die Zahl der Biermarken dürfte sich erstmals der 7000er-Marke nähern.

Für regionale Besonderheiten in ausgefallenen Flaschen sind die Verbraucher auch bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Die Blüte der günstigen Massenbiere dagegen ist vorbei. Die Marke Oettinger etwa, hinter Krombacher die Nummer zwei, hat bei Pils und Export 2019 zweistellig verloren.

In der Bierbranche herrscht seit Jahren ein harter Preiskampf. Die Folge: Etwa 60 Prozent der Biere werden als Aktionsware im Handel verkauft, schätzt Treiber. Das zeige die Schwäche vieler Biermarken, die alle relativ austauschbar seien. Viele Großbrauer haben lange mit Preiserhöhungen gezögert. Nun wagten einige den Schritt.

Warsteiner erhöhte die Preise im Handel im Oktober. Der führende deutsche Bierhersteller, die Radeberger-Gruppe, hebt Anfang März für den Großteil seiner Produkte den Fassbierpreis an. Auch Krombacher erhöht die Fassbierpreise, Veltins denkt über eine Erhöhung nach.

Für 2020 hoffen die deutschen Brauer auf etwas bessere Bierlaune der Deutschen. Schließlich steigt der Bierdurst erfahrungsgemäß bei Sportereignissen wie der Fußball-EM und den Olympischen Spielen. Langfristig dürfte sich am Abwärtstrend aber nicht viel ändern.

Veltins-Chef Huber prognostiziert der Brauwirtschaft starke strukturelle Veränderungen. Der Druck im Markt werde erheblich zunehmen. „Nur wenige Brauereien werden im neuen Jahrzehnt noch Wachstumsimpulse erreichen. Die meisten müssen sich mit einem soliden Kostenmanagement auf den tendenziell weiter schrumpfenden Markt einstellen.“ Veltins gehört zu den wenigen Brauereien, die ihren Ausstoß 2019 gegen den Trend leicht steigern konnte.