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Was deutsche Städte von Taiwan, der US-Army und Apple lernen können

Marktwirtschaftlern sind wirtschaftliche Aktivitäten des Staates ein Graus. Zu Recht. Bei technischen Innovationen aber können öffentliche Stellen moderieren, Kräfte bündeln und wichtige Impulse geben.

Dass Staatshandeln auch in der Marktwirtschaft nützlich sein kann, zeigt das Beispiel Taiwan. Das vergleichsweise kleine und unter erheblichem Druck des großen Chinas stehende Land hat sich über 40 Jahre äußerst erfolgreich entwickelt, es gehört heute zu den innovativsten Staaten weltweit, ist Weltmarktführer in der Produktion von Mikroprozessoren und Elektronikartikeln. Der Grundstein für diese Weltmarktführerschaft und damit für den vergleichsweise hohen Wohlstand des Landes wurde tatsächlich durch die Regierung Taiwans in einem mehrjährigen strategischen Entwicklungsprozess gelegt.

An diesem Prozess waren neben den führenden Politikern des Landes auch Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft beteiligt. Am Ende des Prozesses gründete die Regierung im Jahr 1987 das Unternehmen TSMC, das den Entwicklungs- und Produktionsprozess für Mikroprozessoren anschließend vollständig neu erfand und damit den gesamten Weltmarkt revolutionierte. Bei Licht betrachtet hat die taiwanesische Regierung in den 1980er-Jahren ein „Geschäftsmodell“ für die Inselrepublik gesucht und ein solches auch mit großem Erfolg gefunden. Und an genau diese Aufgabe müssen deutsche Kommunen in den kommenden Jahren immer stärker herangeführt werden.

Wenn sich eine Kommune über lange Jahre erfolgreich entwickelt, so ist das kein Zufall. Oftmals gehen dem strategische Überlegungen an der Spitze der betreffenden Städte voraus, mit denen in der Vergangenheit der Grundstein für den Erfolg gelegt wurde. Ideen und Visionen und daraus abgeleitete Strategien für die kommunale Entwicklung fallen dabei nicht einfach vom Himmel.

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Sie werden idealerweise systematisch und über einen längeren Zeitraum mit einer größeren Gruppe von Personen, einer Art „kommunalem Projektteam“, erarbeitet. Ein solches könnte sich zum Beispiel aus Vertretern der Stadtverwaltung und des Stadtrates, aus Wissenschaft und Wirtschaft, privaten Investoren sowie Personen mit viel Interesse für Zukunftstechnologien zusammensetzen. An der Spitze des kommunalen Projektteams steht der Projektmanager, zum Beispiel der Wirtschaftsförderer der Gemeinde oder der Bürgermeister selbst.

Dieser Ansatz mag zunächst noch ungewöhnlich klingen, wird doch die Leitung einer Kommune oft einfach mit „Stadtverwaltung“ gleichgesetzt – Verwaltung des Bestehenden. Bürgermeister haben nicht selten eine reine Verwaltungsausbildung durchlaufen. Die Spitze einer Kommune sollte aber deutlich mehr sein – strategischer Vordenker und Lenker. Der Ansatz, ein breitgefächertes Team mit hoher Technologieaffinität an der strategischen Entwicklung zu beteiligen, wird umso wichtiger, je komplexer die Zusammenhänge und je wichtiger neue Technologien für unser Leben werden.

Schlüsselrolle bei der dezentralen Energieversorgung

Es zeichnet sich schon heute klar ab, dass den deutschen Kommunen insbesondere im Bereich Stromerzeugung, -speicherung und -verteilung eine ganz entscheidende Rolle zukommen wird. Sie sind nicht Zuschauer, sondern stehen im Zentrum der Entwicklung, wenn es darum geht, Strom künftig dezentral zu produzieren, zu speichern und lokal intelligent zu verteilen.

Wie dabei das Endprodukt, also die optimale Form des dezentralen Strommanagements aussieht, weiß heute tatsächlich noch niemand. Wir stehen vor einem langjährigen Entwicklungsprozess, in dem Verwaltungs- und Finanzierungsaspekte sowie Wissenschaft, Forschung und technische Umsetzung in Einklang gebracht werden müssen – idealerweise vorangetrieben von kommunalen Projektteams. Das optimale Endprodukt wird dabei möglicherweise rein zufällig entstehen. Es kann aber überhaupt nur erfolgreich entwickelt und zur Umsetzungsreife geführt werden, wenn sich die Kommunen unter Führung ihrer Bürgermeister oder ihrer obersten Wirtschaftsförderer aktiv in den Entwicklungsprozess einbringen.

Das weltweit prominenteste Beispiel für ein derartiges Zufallsprodukt, das die Welt revolutioniert hat, ist das iPhone. Ohne strategische Vordenker und Lenker in der öffentlichen Verwaltung wäre es bis heute nicht zustande gekommen. „Was für ein Unsinn,“ werden viele jetzt denken, „das iPhone hat doch Apple erfunden.“ Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Die italienische Professorin Mariana Mazzucato belegt in ihrem im Jahr 2014 auf Deutsch erschienenen Buch „Das Kapital des Staates“, dass das iPhone maßgeblich auf Erfindungen des US-Militärs sowie der US-Geheimdienste basiert.

Ohne diese Vorarbeit des Staates würde eines der erfolgreichsten Produkte der Geschichte gar nicht existieren. Apple hat dann die Genialität besessen, die vorhandenen Basisinnovationen in einer einzigen Endanwendung zusammenzuführen, diese zur Marktreife zu bringen und als Massenanwendung zu vermarkten. Das gleiche ist bei kommunaler Energie denkbar. Hat das von der Verwaltung angetriebene Projektteam sein Produkt gefunden, kann dessen Vermarktung ohne weiteres dann dem Privatsektor überlassen werden. Die marktwirtschaftliche Welt wäre dann wieder völlig in Ordnung – und die Kommune würde über Steuereinnahmen teilhaben.

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