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Das deutsche Handwerk möchte die Meisterpflicht zurück

Handwerkspräsident Wollseifer will die Liberalisierung des Arbeitsmarkts teilweise rückabwickeln. Die Rückvermeisterung müsste hohe Hürden überwinden.

Wenn die Kanzlerin an diesem Freitag auf der Internationalen Handwerksmesse die Spitzen der Wirtschaftsverbände trifft, steht für Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer ein Wunsch weit oben auf der Liste: „Mehr Qualität, mehr Ausbildung, mehr Verbraucherschutz und nachhaltige Betriebe bekommen wir nur mit der Meisterpflicht“, sagt Wollseifer. „Jetzt ist die Bundesregierung gefordert, rasch einen Gesetzentwurf vorzulegen.“

Das Handwerk will die 2004 in Kraft getretene Liberalisierung zumindest teilweise rückabwickeln. Um der Massenarbeitslosigkeit zu begegnen, hatte die rot-grüne Bundesregierung damals die Meisterpflicht in 53 von 94 Gewerken abgeschafft. Seither ist es zum Beispiel möglich, sich ohne Qualifikationsnachweis als Fliesenleger zu betätigen oder einen Betrieb als Parkettleger zu gründen.

Nach einer Studie des Göttinger Forschungsinstituts IFH löste die Reform einen Gründungsboom aus. So hat sich die Zahl der Fliesenlegerbetriebe von gut 12.000 im Jahr 2003 auf zuletzt fast 70.000 mehr als verfünffacht. Ein Segen in Zeiten des Auftragsbooms und wochenlanger Wartezeiten auf einen Handwerker?

Ein Fluch, sagt Handwerkspräsident Wollseifer. Er spricht von einer „Spirale der Dequalifizierung“. Viele Betriebe in den zulassungsfreien Berufen ließen es nicht nur an Qualität mangeln, sondern bildeten auch weit unterdurchschnittlich aus.

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Die IFH-Studie hat zudem ergeben, dass viele neue Betriebe nicht lange bestehen oder von Soloselbstständigen mit geringen Umsätzen geführt werden. Das bringe negative Auswirkungen auf die Altersvorsorge mit sich.

Die Monopolkommission hatte zwar jüngst vor einer Rückabwicklung der Liberalisierung gewarnt. Der Meisterzwang sei weder zur Stärkung der Qualität noch der Ausbildung geeignet. Zudem rechtfertige hohe Qualität allein keinen Eingriff in die Berufsfreiheit.

„Der Meisterbrief kann als freiwilliges Qualitätssignal dienen und seinen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten – einer Pflicht bedarf das nicht“, sagt Kommissionschef Achim Wambach.

Bei der Politik hat sich das Handwerk dagegen Gehör verschafft. „Der Verzicht auf die Meisterpflicht bei vielen Handwerken war ein politischer Fehler, der von der Bundesregierung umgehend korrigiert werden muss“, sagt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Einer Bundesratsinitiative seines Landes, in der Berlin zum Handeln aufgefordert wird, hatte die Länderkammer Mitte Februar zugestimmt.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet „im Laufe dieses Jahres“ konkrete Ergebnisse, wie er auf der Handwerksmesse sagte.

Allerdings wird die „Rückvermeisterung“ nicht einfach: „Am Ende wird es auch Enttäuschungen geben, wir werden nicht alle Gewerke zurückholen können“, sagt CDU-Mittelstandspolitiker Carsten Linnemann, der das Thema zusammen mit dem SPD-Abgeordneten Sören Bartol im Bundestag voranzutreiben versucht. Entscheidend sei es, „eine europa- und verfassungsrechtlich saubere Lösung“ zu finden.

Wie reagiert Brüssel?

Die EU-Kommission betont zwar immer, nicht an der deutschen Meisterpflicht rütteln zu wollen. Doch eine Rückkehr zu höheren Zulassungshürden für Fliesenleger oder Tapezierer würde viele EU-Bürger treffen, die hierzulande Ein-Mann-Betriebe gegründet haben. Das könnte in Brüssel sauer aufstoßen.

Der Fortbestand des Meisterzwangs in einigen Berufen wird vor allem mit dem Gefahrenpotenzial begründet, was etwa bei Gerüstbauern oder Dachdeckern auf der Hand liegt. Linnemann schlägt vor, sich auch die zulassungsfreien Gewerke noch einmal genau auf ihre „Gefahrengeneigtheit“ anzuschauen, aber auch andere Kriterien wie den Verbraucherschutz zu berücksichtigen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält die Diskussion über die Meisterpflicht für längst überfällig, aber nicht ausreichend: „Wer die Debatte angesichts des Fachkräftemangels darauf verkürzt, hat die tatsächlichen Probleme nicht im Blick“, sagt Vorstandsmitglied Stefan Körzell.

So gelte nur noch für drei von zehn Beschäftigten im Handwerk ein Tarifvertrag, und die Verdienste lägen im Schnitt etwa 20 Prozent unter denen anderer Sektoren. „Hier hat es das Handwerk selbst in der Hand, Abhilfe zu schaffen“, betont Körzell.