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Die Deutsche Bank schwächelt im Handel mit Bundesanleihen

Gleich bei zwei prestigeträchtigen Aufträgen des Bundes ging Deutschlands größtes Geldhaus zuletzt leer aus. Das ist nicht nur ein Reputationsverlust.

Staatsaufträge sind für viele Investmentbanker Bürgerpflicht und Ritterschlag zugleich. Nicolo Salsano, Investmentbank-Vorstand der deutschen HSBC, beschreibt das Selbstverständnis der Branche so: „Banken sind der essenzielle Partner der Schuldenagenturen der Staaten.“

Vor allem in der Krise sei es wichtig, dass die Kapitalaufnahme der Staaten reibungslos funktioniere. Salsano ist überzeugt: „Wir sind das Bindeglied zu den Investoren und erfüllen somit eine für die Volkswirtschaften sehr wichtige Aufgabe.“

Wie reibungslos die Aufnahme von neuem Kapital funktioniert, zeigte sich vor zwei Wochen, als Deutschland eine Bundesanleihe mit einer Laufzeit von 15 Jahren auf den Markt brachte. Die Finanzagentur, die im Auftrag des Bundesfinanzministeriums Anleihen für Deutschland ausgibt, hatte ein Syndikat aus fünf Banken damit beauftragt, das neue Wertpapier bei Investoren zu platzieren.

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Der Deal gilt als voller Erfolg, die Nachfrage der Investoren war riesig. Auffällig ist jedoch: Die Deutsche Bank war nicht Teil des Konsortiums.

Damit hat das größte deutsche Geldhaus bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate bei einem prestigeträchtigen Auftrag des Bundes den Kürzeren gezogen. Auch als die Finanzagentur im Februar einen Berater für die Konzeption der ersten grünen Bundesanleihe suchte, kam die Deutsche Bank nicht zum Zuge. Die Wahl fiel auf die französische Großbank Crédit Agricole. Die Deutsche Bank wollte sich zu den verpassten Staatsaufträgen nicht äußern.

Staat muss Rekordschulden refinanzieren

In der Coronakrise nimmt die Bedeutung des Handels mit Staatsanleihen massiv zu: Deutschland und andere EU-Staaten haben sich so stark verschuldet wie zuletzt in der Finanzkrise. Diese Schulden müssen durch die Ausgabe neuer Anleihen finanziert werden. Staatliche Emittenten hätten derzeit einen „krisenbedingt sehr stark gestiegenen Finanzierungsbedarf“, bestätigt HSBC-Manager Salsano.

Üblicherweise werden Bundeswertpapiere per Auktionsverfahren an eine Gruppe von 36 Banken verteilt, die diese Papiere dann an ihre Kunden weiterverkaufen, etwa Fonds oder Notenbanken. Doch nun ist die Finanzagentur von ihrer Strategie der vergangenen Jahre abgewichen und setzt erstmals seit 2015 wieder auf Bank-Syndikate.

Das tun die Schuldenmanager etwa, wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt und die Nachfrage schwer abschätzbar ist. Adrien de Naurois, der bei der Bank of America (Bofa) das Syndikatgeschäft mit staatlichen und supranationalen Emittenten verantwortet, sagt: „Syndikatsverfahren können staatlichen Emittenten Vorteile bieten, insbesondere hinsichtlich der Breite der Investorenverteilung und der Volumina, die in neuen Segmenten erzielt werden können.“

In ihrer Geschichte hat die Finanzagentur überhaupt erst sieben Mal ein Syndikat ausgeschrieben. Bei der jüngsten Neuemission war die Deutsche Bank zum ersten Mal nicht Teil des Bankenkonsortiums.

Das ist nicht nur ein schwerer Rückschlag für das Kerngeschäft der Frankfurter. Es widerspricht auch dem eigenen Selbstbild. Auf der Website der Bank heißt es zum Geschäft mit staatlichen und supranationalen Emittenten, das unter dem englischen Kürzel SSA zusammengefasst wird: „Die Deutsche Bank ist ein etablierter Top-Tier-Arrangeur von SSA-Bonds.“

Alle werden wählerischer

Der Anleihehandel ist immer noch das Aushängeschild der Deutschen Bank. Dem Ranking des Datendienstes Refinitiv zufolge war das Geldhaus im ersten Quartal 2020 die Nummer zwei in Deutschland im Bereich „Debt Capital Markets“ (DCM), unter dem das Geschäft zusammengefasst ist. Bei den Gebühreneinnahmen waren die Deutschbanker sogar Nummer eins.

Stark ist die Deutsche Bank den Refinitiv-Daten zufolge im Emissionsgeschäft mit Unternehmens- und Hochzinsanleihen. Doch als Partner bei der Emission von Bundeswertpapieren hat sich das Institut über Jahre zurückgehalten. Das zeigt die Rangliste der Bieterbanken, die die Finanzagentur halbjährlich veröffentlicht. 2012 stand die Deutsche Bank noch auf Platz zwei, bis 2015 rangierte sie bis auf wenige Ausnahmen immer in den Top fünf. Seit 2016 ist Deutschlands größtes Geldhaus nicht mehr unter den wichtigsten fünf Abnehmern für Bundeswertpapiere.

Das Problem dabei: Wenn man sich aus diesen Auktionen, aus dem Brot-und-Butter-Geschäft, schrittweise zurückzieht, weil es zu mühsam ist und zu wenig abwirft, dann geht man irgendwann bei den lukrativen Syndikaten leer aus.

Das bekommt die Deutsche Bank nun offenbar zu spüren. „An der Auktion von Staatsanleihen und der entsprechenden Sekundärmarktpflege verdienen Sie nichts“, erklärt ein Topbanker aus einem anderen Haus. In Niedrigzinszeiten gilt das Geschäft als zeit- und arbeitsintensiv, und es belastet die Bilanz.

„Wenn ich rein ertragsorientiert steuere, mache ich manche Dinge für die Galerie eben nicht mehr“, sagt der Banker mit Blick auf die Zurückhaltung mancher Wettbewerber. Am Ende habe sich sein Haus aber entschieden weiterzumachen – auch aus der Hoffnung heraus, bei Syndikaten oder anderen Mandaten der Finanzagentur zum Zuge zu kommen: „Hier verdienen Sie Geld.“

Bei der Deutschen Bank hat die schwache Platzierung im Ranking der Finanzagentur jedenfalls dazu beigetragen, dass sie den Einzug in das Konsortium für die Emission der 15-jährigen Anleihe verpasst hat. Eine Sprecherin der Finanzagentur wollte sich zu Details des Auswahlverfahrens nicht äußern. „Klar ist aber, dass diejenigen Banken, die den Bund in der Vergangenheit in ihrer Rolle als Mitglieder der Bietergruppe Bundesemissionen stark unterstützt haben, eine besondere Berücksichtigung finden.“ Den Zuschlag erhielten BNP Paribas, Bank of America, HSBC, Commerzbank und – erneut – Crédit Agricole.

Nur ein Ausrutscher?

Bei den beteiligten Banken ist die Freude über Erfolge wie diesen groß. So sagt Frank Vogel, BNP-Paribas-Vorstand, zuständig für das Geschäft mit Unternehmens- und institutionellen Kunden: „Wir freuen uns über diese positive Anerkennung und die Möglichkeit, die Finanzagentur unterstützen zu können.“

In der Coronakrise wachse die ökonomische Bedeutung der öffentlichen Hand. Hierbei fungiere die bevorzugte Stellung von BNP Paribas bei Bundesemissionen, wo die Margen vergleichsweise niedrig sind, auch als Türöffner, etwa zu Emissionen der Bundesländer und Unternehmen, so Vogel. So hätten etwa viele Bundesländer vor der Coronakrise keine Bondemissionen geplant, nun sei das Thema zurück. BNP sehe im Anleihemarkt „neue Wachstumschancen“.

Investoren bemerken dagegen einen Rückzug der Deutschen Bank aus dem Geschäft mit Bundesanleihen. „Als Kontrahent muss ich sagen, dass die Deutsche Bank praktisch kollabiert ist“, sagt ein leitender Fondsmanager. Der Handel mit Bundesanleihen sei früher ein Zugpferd des Investmentbankings gewesen. Doch davon sei nichts mehr zu sehen. „Die sind komplett von der Bildfläche verschwunden.“

Erst seit einigen Wochen bemerke er, dass die Deutsche Bank wieder sichtbarer werde. Das könnte auch mit einer Personalie zusammenhängen. Denn nach Informationen des Handelsblatts hat die Deutsche Bank kürzlich einen hochrangigen Investmentbanker und Experten für das Geschäft mit europäischen Staatsanleihen von Morgan Stanley abgeworben. Zudem konnte das Geldhaus kürzlich einen großen Deal für Italien platzieren.

Bereits im Juni könnte sich zeigen, ob der verpasste Einzug ins Syndikat der Finanzagentur ein einmaliger Ausrutscher für die Deutsche Bank war. Dann soll ein Konsortium Abnehmer für eine milliardenschwere Bundesanleihe mit 30-jähriger Laufzeit finden.

Blamage mit dem Green Bond

Ein Rückschlag für Deutschlands größtes Geldhaus hatte es bereits bei der Einführung der grünen Bundesanleihe gegeben: Die Finanzagentur war auf der Suche nach einem Berater, einem sogenannten Structural Advisor, der das Konzept und den Kapitalmarktauftritt ausarbeiten sollte.

Die Aufgaben sind dabei weit gefasst, wie in Finanzkreisen zu hören ist. Die Bank legt demnach in Abstimmung mit sämtlichen Bundesministerien Kriterien fest, welche Positionen des Bundeshaushalts als nachhaltig eingestuft werden und somit der Refinanzierung durch eine grüne Anleihe zugeordnet werden können. Außerdem engagiert die Bank eine der großen Ratingagenturen, die eine Zweitmeinung abgibt, und dokumentiert die Emission.

Dass mit der Crédit Agricole eine französische Bank eine solch tragende Rolle bei der Ausgabe der grünen Bundesanleihe übernimmt, dürfte europaweit einmalig sein. Als die Niederlande im vergangenen Jahr erstmals einen sechs Milliarden Euro schweren staatlichen Green Bond platzierten, war die ABN Amro dabei federführend. BNP Paribas und Crédit Agricole begleiten regelmäßig die Green-Bond-Emissionen des französischen Schatzamtes.

Die Staatsnähe verschafft den Banken einen Vorteil im Wettbewerb auf dem kleinen, aber rasant wachsenden Markt für grüne Anleihen. Im vergangenen Jahr wurden weltweit grüne Anleihen in einem Volumen von 255 Milliarden Euro ausgegeben, wie der Vermögensverwalter T. Rowe Price ermittelt hat. Das entspricht einem Plus von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mandate für Green-Bond-Emissionen haben zudem den Vorteil, dass sich die Banken als umweltfreundliche Pioniere positionieren können.

Doch als Dealmaker war die Deutsche Bank in dem Segment lange Zeit nicht stark vertreten. Zwischen 2014 und 2019 schafften es die Deutschbanker zu keinem Zeitpunkt in die Top Ten bei der Begleitung von Emissionen grüner Anleihen. Die Ranglisten dominieren die französischen Institute Crédit Agricole und BNP Paribas, die Bank of America und Citi sowie die britische Großbank HSBC.

Eine Trendwende zeichnet sich aber ab: Im laufenden Jahr belegt die Deutsche Bank im Green-Bond-Ranking von Refinitiv Platz sieben. Die Bank profitiert dabei von ihrer starken Position bei Unternehmenskunden, deren Beratungsbedarf zu grünen Finanzinstrumenten steigt. Zudem hat die Bank vergangene Woche ein eigenes Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsstrategie veröffentlicht. Das erlaubt es dem Institut, jederzeit einen eigenen Green Bond auszugeben.

Auch wenn die Nichtregierungsorganisation Urgewald vor der Hauptversammlung am Mittwoch Kredite für den Ölmulti Exxon Mobil kritisierte: Dem Thema Nachhaltigkeit hat sich auch Bankchef Christian Sewing verschrieben. Bis Ende 2025 soll das Volumen an Finanzierungen und Anlagen, die ökologisch und sozial verträglich sind, auf mehr als 200 Milliarden Euro steigen. „Damit liegen wir in der Branche weit vorn – nicht nur, was die Gesamtsumme angeht, sondern auch mit Blick auf den Zeitraum, in dem wir sie erreichen wollen“, ist Sewing überzeugt.

Und auch bei den staatlichen Syndikaten darf die Bank weiter hoffen: Das Auswahlverfahren der Finanzagentur „beinhaltet auch einen Rotationmechanismus“, betont die Sprecherin. Die Chancen stehen daher gut, dass die Deutsche Bank demnächst bei einem Staatsauftrag doch wieder zum Zuge kommt.