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Deutsche Bank fürchtet Rückschlag: Coronakrise wird die Branche „hart treffen“

Das größte deutsche Geldhaus warnt vor Risiken in fast allen Geschäftsbereichen und kassiert das Gewinnziel für 2020. Doch es bieten sich auch Chancen.

Die positive Überraschung hatte die Deutsche Bank bereits am Sonntag um Mitternacht verkündet: Trotz Coronakrise fielen die ersten drei Monate für das größte heimische Geldhaus deutlich besser aus als erwartet. Das heißt aber nicht, dass die Pandemie keine tiefen Spuren in der Bilanz der Frankfurter hinterlassen wird. Die Vorstellung der detaillierten Quartalszahlen am Mittwoch offenbarte einen ziemlich düsteren Blick auf den Rest des Jahres.

Die Bank geht davon aus, dass die Coronakrise und die dadurch ausgelöste schwere Rezession die gesamte Branche „hart treffen“ wird. Der Rückschlag wird wohl zu Schäden in den meisten Geschäftsbereichen führen – von der Zahlungsabwicklung bis hin zur Vermögensverwaltung und dem Bereich Corporate Finance.

Vor allem die Provisionseinnahmen dürften „drastisch zurückgehen“, heißt es im Bericht der Bank zum Jahresauftakt. Wegen solcher Risiken musste sich die Bank von ihrem Ziel verabschieden, jederzeit eine harte Kernkapitalquote von mindestens 12,5 Prozent vorweisen zu können – auch während des laufenden Umbaus.

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Eigentlich hatte Vorstandschef Christian Sewing den Investoren für dieses Jahr beim operativen Gewinn eine schwarze Null versprochen. Davon ist jetzt keine Rede mehr.

Finanzvorstand James von Moltke betonte, dass es viel zu früh sei, um die Auswirkungen der Pandemie auf das Jahresergebnis abzuschätzen. Großinvestoren stellen sich inzwischen auf das sechste Verlustjahr in Folge ein. Die Bank werde alles tun, um gegenzusteuern, vor allem bei den Kosten, versprach von Moltke.

Kreditrisiken im Griff

Das trauen wichtige Aktionäre dem größten heimischen Geldhaus durchaus zu. „2020 ist ein schweres Jahr für alle Banken“, befindet Andreas Thomae, Fondsmanager bei der Deka. „Aber die Deutsche Bank dürfte relativ gut durchkommen, denn sie hat ihre Kreditrisiken im Griff.“

Auch Filippo Alloatti vom Vermögensverwalter Federated Hermes zieht angesichts der branchenweiten Misere ein eher positives Fazit: „Die Deutsche Bank ist nicht das einzige Institut, dessen harte Kernkapitalquote unter den Zielwert sinken wird.“ Weitere Banken würden mit ähnlichen Ankündigungen folgen. Ein anderer Großinvestor erwartet zwar einen Nettoverlust für das Gesamtjahr, aber keinen der „die Kapitalquote nach unten reißen wird.“

Die Bank selbst rechnet in diesem Jahr mit etwas niedrigeren Einnahmen als 2019 und einer deutlich höheren Risikovorsorge. Die Rückstellungen für das Kreditgeschäft würden stark steigen, daran könne auch die massive staatliche Unterstützung für Unternehmen und Privatkunden nichts ändern.

Die Vorsorge für mögliche Kreditausfälle fiel mit 506 Millionen Euro bereits im ersten Quartal deutlich höher aus als ein Jahr zuvor (140 Millionen Euro). Die Hälfte davon sei auf die Coronakrise zurückzuführen, erklärte die Bank. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Effekte, die sich aus der Verschlechterung der Ratings der Kunden ergaben.

Andere europäische Banken wie die britische HSBC und die spanische Santander mussten im ersten Quartal die Rückstellungen für die erwartete Welle von faulen Krediten deutlich stärker nach oben fahren. Die Deutsche Bank habe ihre Vorsorge gut gemanagt und auch im Investmentbanking Risikopositionen abgebaut, lobt Fondsmanager Thomae.

Chancen auch in der Krise

Auch bei anderen Investoren überwog am Ende der Optimismus. Die Aktie der Deutschen Bank legte bis zum Nachmittag noch einmal um sieben Prozent zu. Bereits am Montag, nach Veröffentlichung der überraschend guten Eckdaten für das erste Quartal, hatte der Kurs um rund zwölf Prozent angezogen. Zur positiven Grundstimmung dürfte auch beitragen, dass die Bank die Coronakrise nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance sieht und auf Marktanteilsgewinne hofft. „Wir beobachten, dass ausländische Banken ihr Engagement bei deutschen Großunternehmen und teils auch bei mittelgroßen Unternehmen reduzieren“, berichtete Vorstandschef Sewing. „Wir müssen diese Gelegenheit nutzen und unseren Kunden beistehen.“ Es sei kein Zufall, dass die Deutsche Bank mittlerweile wieder Marktführer in der Unternehmensfinanzierung sei.

Auf der Rangliste der Banken für das Geschäft mit Anleihen und syndizierten Bonds in Europa konnten sich die Frankfurter in den ersten drei Monaten auf Platz eins schieben und das Wall-Street-Haus JP Morgan verdrängen. Der Marktanteil der Deutschen Bank stieg von 5,6 auf 7,4 Prozent. „Wenn amerikanische und andere ausländische Wettbewerber ihre Wachstumspläne für Deutschland zurückstellen, wäre das für die Deutsche Bank eine gute Nachricht“, meint Bankenanalyst Alloatti. Wegen des harten Wettbewerbs hätte sich in Deutschland vor der Coronakrise mit Unternehmenskrediten praktisch kein Geld verdienen lassen.

Robuste Kernbank

Die Coronakrise erwischt die Deutsche Bank mitten in einem tiefgreifenden Umbau: Sewing will Tausende Jobs streichen und hat das Investmentbanking kräftig zurechtgestutzt. Kern des Instituts, das in diesem Jahr seinen 150-jährigen Geburtstag feiert, soll die neue Unternehmensbank werden, die sich um Mittelständler, Familienunternehmen und multinationale Konzerne kümmert.

Profitabel im Kerngeschäft

Die bis zum Jahr 2022 erwarteten Belastungen des Konzernumbaus sind inzwischen zu 73 Prozent abgearbeitet. Die Zahl der Vollzeitstellen im Konzern sank Ende März auf 86 667. Bis Ende 2022 soll diese Zahl auf 74 000 schrumpfen.

In ihren Kerngeschäftsfeldern zeigte sich die Bank in den ersten drei Monaten profitabel, dazu zählen die Unternehmens-, die Privatkunden-, die Vermögensverwaltungs- und die Investmentbanking-Sparte. In all diesen Bereichen verdiente die Bank mehr als im Vorjahr und konnte die Eigenkapitalrendite von 4,7 Prozent auf 4,9 Prozent steigern. Vorstandschef Sewing zeigte sich daher insgesamt zufrieden: „In der aktuellen Krise konnten wir robuste Zahlen präsentieren und haben eine starke Leistung dabei gezeigt.“

Dennoch schreibt das Geldhaus in den ersten drei Monaten rote Zahlen. Zwar stehen in der Zwischenbilanz, wie am Sonntag vorab mitgeteilt, 66 Millionen Euro Gewinn nach Steuern. Das den Aktionären zurechenbare Ergebnis nach Abzug von Zinszahlungen für Nachranganleihen lag allerdings bei minus 43 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte an dieser Stelle noch ein Gewinn von 97 Millionen in den Büchern gestanden.

Gute Geschäfte im Investmentbanking

Im ersten Jahresquartal waren die mit Abstand profitabelsten Sparten die Vermögensverwaltung sowie das Investmentbanking. Im Investmentbanking bescherten die durch die Coronakrise ausgelösten Marktturbulenzen der Bank eine Sonderkonjunktur. Die Einnahmen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent auf 2,34 Milliarden Euro. Vor allem im Handel mit Anleihen und Devisen sowie bei der Platzierung von Anleihen verbesserten sich die Erträge deutlich, und zwar um 13 Prozent. Damit konnte die Bank allerdings nicht so stark vom Boom in diesem Bereich profitieren wie die US-Konkurrenz. Citigroup und Goldman Sachs hatten im Bond- und Währungsgeschäft Steigerungsraten von rund einem Drittel gemeldet. Außerdem fürchten die Frankfurter, dass sich die Sonderkonjunktur der ersten Monate nicht fortsetzen wird. Es sei damit zu rechnen, dass sich die heftigen Kursschwankungen und die damit verbundene größere Aktivität der Kunden im Laufe des Jahres normalisierten, heißt es im Quartalsbericht.

Dennoch zeigt sich der Leiter der Sparte, Mark Fedorcik, zufrieden: „In einigen Bereichen gewinnen wir wieder Marktanteile und zeigen, dass das Momentum zurückkommt“, sagte er dem Handelsblatt. In der Investmentbank war die Risikovorsorge besonders deutlich auf 1,1 Prozent des gesamten Portfolios gestiegen. Fedorcik glaubt dennoch, dass die Bank ihre Risiken im Griff hat: „Wir haben keine hohe Konzentration in einer bestimmten Branche. Wir haben auch keine hohen Kreditausfälle verbucht. Da wir das Geschäft in den vergangenen Jahren verkleinert haben, fühlen wir uns gut aufgestellt.“ Ihre „robusten Grenzen“ für Kreditrisiken habe die Bank auch in den vergangenen acht Wochen nicht aufgeweicht.

Der Bereich Asset Management, für den vor allem die börsennotierte Tochter DWS verantwortlich ist, konnte den Gewinn trotz erheblicher Kapitalabflüsse um 14 Prozent auf 110 Millionen Euro steigern. In den ersten drei Monaten zogen Anleger netto 2,5 Milliarden Euro ab. Das gemanagte Vermögen sank vor allem wegen Kursverlusten um knapp zehn Prozent auf 700 Milliarden Euro. DWS-Chef Asoka Wöhrmann stimmte die Investoren auf einen Rückgang der Erträge ein. Um gegenzusteuern will er bis 2021 die Kosten um brutto weitere 150 Millionen Euro senken, „wenn nötig auch mehr“.

Zukäufe im Asset Management

Außerdem sucht Wöhrmann weitere strategische Partner vor allem in Asien und hält Ausschau nach Zukäufen: „Covid 19 ist ein Katalysator für die anstehende Konsolidierung in der Branche“. Die DWS wolle dabei „eine Schlüsselrolle spielen“. In der Unternehmenssparte, dem Kern von Sewings neuer Strategie, halbierte sich das Ergebnis aus dem Vorjahresquartal. Zwar stiegen im Firmenkundengeschäft die Zinseinnahmen dank des boomenden Kreditgeschäfts. Doch auch die Risikovorsorge der Sparte hat sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt.

Für Belastungen sorgte zu Jahresbeginn vor allem die Abbaueinheit der Deutschen Bank, die 767 Millionen Euro Verlust machte. Jetzt warnt das Institut, dass der Abbau von nicht mehr erwünschten Assets wegen der Coronakrise länger dauern und teurer werden könnte als geplant. Nachdem die Bank für 2019 wegen eines Milliardenverlusts keine Dividende bezahlt, werden die Aktionäre wohl auch 2020 auf eine Ausschüttung verzichten müssen – auch weil die Aufseher Europas Geldhäuser aufgefordert haben, angesichts der Pandemie auf Dividendenzahlungen zu verzichten. Wenn 2020 aber erneut zum Verlustjahr wird, wäre der Spielraum für Ausschüttungen wohl ohnehin extrem begrenzt gewesen.