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Das Coronavirus gefährdet Griechenlands Erfolge beim Schuldenabbau

Die Corona-Pandemie stürzt das einstige Krisenland zurück in eine tiefe Rezession. Nun ist es fraglich, ob die Schulden weiter tragfähig bleiben.

Die Menschen in Griechenland atmen auf: Nach fast 40 Tagen Ausgangssperre lockert die Regierung jetzt die Corona-Beschränkungen. Premierminister Kyriakos Mitsotakis persönlich verkündete in einer Fernsehansprache den Zeitplan. Er beginnt am Montag mit der Öffnung kleiner Geschäfte. In vier Wochen dürfen auch Hotels und Gaststätten wieder aufmachen. Schrittweise soll bis Anfang Juli die Wirtschaft wieder hochfahren – vorausgesetzt, die Epidemie bleibt unter Kontrolle.

Dank frühzeitig eingeführter Kontaktbeschränkungen hat Griechenland eine der niedrigsten Covid-19-Sterblichkeitsraten in Europa. 138 Menschen starben bisher an dem Virus. In Belgien, das etwa gleich viele Einwohner hat, ist die Zahl der Todesopfer 53 Mal so hoch. „Wir können inzwischen mit Sicherheit sagen, dass sich unsere Maßnahmen ausgezahlt haben“, sagte Mitsotakis in seiner TV-Botschaft. Doch der Premier warnte: „Vorsicht! Das ist nicht das Ende der Geduldsprobe, sondern ihre Fortsetzung.“ Niemand könne ausschließen, dass „die Bedrohung wieder aufflammt“. Er mahnte seine Landsleute, wachsam zu bleiben. Es werde „keine Rückkehr zur Vor-Corona-Realität“ geben, so Mitsotakis.

Selbst wenn es den Griechen weiter gelingt, das Virus auszubremsen: Für die Wirtschaft hat die Epidemie massive Folgen. Gerade erst begann sie sich von der schwersten Finanzkrise der Nachkriegszeit zu erholen. Jetzt wird das Land wieder weit zurückgeworfen. Das Wirtschaftsleben ist seit Mitte März weitgehend gelähmt. Vor allem der Einbruch im Tourismus wird zu einem großen Problem.

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Dabei sollte 2020 ein gutes Jahr werden. 2,8 Prozent Wirtschaftswachstum hat Finanzminister Christos Staikouras in seinem Haushaltsentwurf angesetzt. Das wäre der stärkste Aufschwung seit dem Vorkrisenjahr 2007 gewesen. Stattdessen fällt das Land nun wieder in die Rezession zurück. Wie tief der Absturz wird, ist noch unklar. Notenbankgouverneur Yiannis Stournaras erwartet einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um vier Prozent. Er gehört damit noch zu den Optimisten.

Das unternehmernahe Wirtschaftsforschungsinstitut IOBE rechnet mit fünf bis zehn Prozent Minus. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert Griechenland ein Minuswachstum von zehn Prozent. Noch skeptischer sind die Analysten der Investmentbank Morgan Stanley. Sie rechnen mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um 13,3 bis 21,3 Prozent. Zum Vergleich: Im schlimmsten Krisenjahr 2011 schrumpfte Griechenlands Wirtschaft um 9,1 Prozent.

Wann kommt es wieder zu einem Aufschwung?

Weit auseinander gehen die Einschätzungen auch bei der Frage, wie schnell sich Griechenlands Wirtschaft von der Coronakrise erholen wird. Optimistisch sind die Volkswirte der Bank of America, die zwar für dieses Jahr ein Minus von 7,5 Prozent erwarten, für 2021 aber mit einem kräftigen Wachstum von 9,8 Prozent rechnen. Morgan Stanley setzt für das kommende Jahr ein Plus von 1,1, bis 4,3 Prozent an, der IWF rechnet mit 5,1 Prozent.

Viel wird davon abhängen, wie schnell sich die griechische Tourismuswirtschaft von der Krise erholen kann. Die Reisebranche erwirtschaftete im vergangenen Jahr direkt etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Indirekt trägt sie sogar rund 30 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Jeder fünfte Job hängt am Fremdenverkehr.

Vor allem für den Arbeitsmarkt hat die Krise schlimme Folgen. Zum Jahresanfang hatte Griechenland mit 16,4 Prozent die höchste Arbeitslosenquote in der EU – ein Erbe der Sparprogramme in der Schuldenkrise. Auf deren Höhepunkt erreichte die Quote fast 28 Prozent. Seit sechs Jahren ging sie langsam zurück. Jetzt steigt sie wieder. Allein im März gingen fast 42.000 Jobs verloren. Analysten schätzen, dass bis zum Jahresende 300.000 Menschen ihre Arbeit verlieren werden. Der IWF erwartet für dieses Jahr einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 22,3 Prozent. Nach einer aktuellen Umfrage haben sechs von zehn Griechen jetzt Angst um ihren Arbeitsplatz.

Mit Milliardenspritzen versucht die Regierung, angeschlagene Unternehmen zu retten und gefährdete Arbeitsplätze zu sichern. Die Hilfsprogramme strapazieren den Haushalt, der ohnehin wegen rückläufiger Steuereinnahmen aus den Fugen gerät. Nachdem der frühere Defizitsünder Griechenland seit 2016 Überschüsse erwirtschaftete, dürfte das Budget dieses Jahr tief ins Minus rutschen. Der IWF erwartet in der Primärbilanz, die den Schuldendienst ausklammert, ein Defizit von 5,1 Prozent des BIP in diesem und 4,4 Prozent im kommenden Jahr.

Eigentlich hoffte Griechenland, seine Schuldenquote von 176,6 Prozent des BIP im vergangenen Jahr 2020 auf 169,3 Prozent zu senken. Jetzt rutscht das Land wieder tiefer die Schuldenfalle. Schon wegen der Rezession wird die in Abhängigkeit zur Wirtschaftsleistung berechnete Quote ansteigen. Hinzu kommen neue Kredite, um die Stützungsprogramme zu finanzieren. Bereits Mitte April besorgte sich der Finanzminister mit einer siebenjährigen Anleihe am Kapitalmarkt zwei Milliarden Euro.

Der IWF erwartet, dass Griechenlands Schuldenquote Ende des Jahres mit 200,8 Prozent des BIP einen neuen Rekord erreichen wird. Für 2021 rechnet der Fonds nur mit einem leichten Rückgang auf 194,8 Prozent. Damit wirft die Corona-Krise Griechenland auch beim Abbau seiner Schulden weit zurück. 81 Prozent der griechischen Staatsschulden liegen bei öffentlichen Gläubigern wie dem Euro-Stabilitätsfonds ESM, dem IWF und den anderen Euro-Staaten.

Nachdem sie im Sommer 2018 zum Abschluss des Rettungsprogramms Griechenland weitere tilgungsfreie Jahre, Zinssenkungen und längere Laufzeiten der Hilfskredite gewährten, galt die Schuldentragfähigkeit bis 2032 als gesichert. Angesichts der Corona-Krise könnte eine Neubewertung fällig werden – und die Frage nach weiteren Schuldenerleichterungen auf die Tagesordnung kommen, meint Zsolt Darvas von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. In einem Interview mit dem Internetportal „newmoney“ sagte der Analyst, wahrscheinlich werde diese Krise ein Anlass sein, Griechenland „eine Art Schuldenerlass“ zu gewähren.