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CDU-Spitze will Kopftücher aus Kindergärten und Grundschulen verbannen

In der CDU wird über ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kitas und Schulen diskutiert. Nun soll der Bundesparteitag eine Entscheidung treffen.

Eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland befürwortet, dass muslimischen Mädchen an Grundschulen das Tragen von Kopftüchern verboten wird. Foto: dpa
Eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland befürwortet, dass muslimischen Mädchen an Grundschulen das Tragen von Kopftüchern verboten wird. Foto: dpa

Die CDU-Spitze hat dem Bundesparteitag empfohlen, einen Beschluss gegen Kopftücher in Kindergärten und Grundschulen zu fassen. Das geht aus dem Antragsbuch für das am Freitag in Leipzig beginnende Delegiertentreffen hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.

„Das Tragen des Kopftuchs macht aus den kleinen Kindern schon erkennbar Außenseiter, etwa auf dem Spielplatz oder auf dem Schulhof. Dies wollen wir in jedem Fall verhindern“, heißt es in der Beschlussempfehlung der Antragskommission. Die CDU setze dabei vor allen Dingen auf die Überzeugung der Eltern. „Wir schließen allerdings als letztmögliche Maßnahme auch ein Verbot nicht aus.“

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Zugleich wird in der Empfehlung betont, dass die CDU für ein Land stehe, indem der Mensch die Freiheit zum Glauben habe. „Deswegen treten wir dafür ein, dass unsere religiösen Symbole, wie das Kreuz, im öffentlichen Raum sichtbar sind und sichtbar bleiben.“ Jedoch, heißt es in dem Dokument weiter: „Wenn kleine Mädchen schon im Kindergarten und in der Grundschule Kopftuch tragen, dann hat dies nichts mit der Religion zu tun.“

Die vom CDU-Bundesvorstand bestellte Antragskommission des Parteitags schwächt damit den Antrag eines Bezirksverbands der Senioren-Union ab. Dieser hatte die CDU-Fraktionen der Landtage, Bürgerschaften und des Abgeordnetenhauses von Berlin auffordern wollen, ein gesetzliches Kopftuchverbot in Schulen einzuführen.

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hatte sich auch schon gegen Kopftücher schon für kleine Mädchen positioniert. „Kopftücher im Kindergarten oder in der Grundschule haben mit Religion oder Religionsfreiheit nichts zu tun, das sehen auch viele Muslime so“, sagte sie vor wenigen Monaten den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie halte deswegen die Debatte, ob man Kopftücher dort zulasse, für absolut berechtigt.

Die Grünen kritisierten den Vorstoß der CDU. „Natürlich ist es wünschenswert, wenn Eltern sehr genau abwägen, ob und ab wann sie von ihren Kindern erwarten, Kopfbedeckungen wie ein Kopftuch, eine Kippa, einen Sikh-Turban, ein Kreuzanhänger oder ähnliches zu tragen“, sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Handelsblatt. Allein ein Kopftuchverbot an Grundschulen sei jedoch mit Blick auf die Religionsfreiheit !verfassungsrechtlich weder tragfähig noch löst es irgendein Problem“.

Die Union schaffe vielmehr genau das Gegenteil dessen, was sie eigentlich wolle, „nämlich durch ein Koptuchverbot auf Schulhöfen dafür zu sorgen, dass Kinder nicht zu Außenseitern werden“. Jedoch. „Man verschärft die Situation sogar noch, wenn es hierbei vor allem um die Stigmatisierung einer einzelnen Religion geht“, warnte von Notz. Die Gefahr, dass Kinder einfach von öffentlichen Schulen genommen und in anderen Formen unterrichtet würden, sei sehr groß. „Das wäre integrationspolitisch in höchstem Maße kontraproduktiv.“

Fraglich, ob ein Verbot verfassungskonform wäre

Tatsächlich ist es fraglich, ob Kopftücher für Schülerinnen in Deutschland überhaupt verboten werden dürften. „Ein pauschales Verbot religiöser Bekleidung in öffentlichen Schulen wäre sicherlich verfassungswidrig. Und auch für eine Regelung nur für Grundschulen und Kitas sehe ich keinen Raum“, sagte der Professor für Staatskirchenrecht an der Universität Göttingen, Hans Michael Heinig, dem Handelsblatt. Während bei einer vollständigen Gesichtsverhüllung eine „ordentliche Beschulung“ in Frage gestellt sei, könne man Gleiches für ein Kopftuch nicht sagen. „Der staatliche Bildungsauftrag wird nicht beeinträchtigt.“

Aus Sicht des Speyrer Staatsrechtlers Joachim Wieland würde ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kita und Grundschule gegen das „Elternrecht in Verbindung mit der Religionsfreiheit“ verstoßen. „Der Staat darf nicht ohne überwiegende Gemeinwohlgründe in das Recht auf religiöse Kindererziehung eingreifen“, sagte Wieland dem Handelsblatt. „Ob das Tragen eines Kopftuchs Nachteile für Kinder mit sich bringt, bewerten und entscheiden nach der Verfassung die Eltern und nicht der Staat.“

Heinig gab indes zu bedenken, wenn Eltern wollten, dass schon ein Kindergartenkind oder eine Grundschülerin ein Kopftuch trage, müssten sie erst einmal darlegen, warum ihnen dies vor der Geschlechtsreife religiös geboten erscheine. Der Staat hingegen müsse ein Verbot seinerseits rechtfertigen. Denkbar wäre etwa auch, auf den schulischen Integrationsauftrag abzustellen. „Aber der reicht nicht so weit, dass er erlaubt die religiöse Identität Minderjähriger mit Befehl und Zwang verändern zu wollen“, sagte Heinig.

„Man müsste deshalb schon konkret und empirisch belastbar darlegen, warum die schulischen Erziehungsziele in erheblicher Weise durch ein Kopftuch beeinträchtigt sind.“ Ihm seinen jedoch keine belastbaren Studien zu diesem Fragenkreis bekannt. „Es handelt sich um eine Debatte, die von Symbol- und Identitätspolitik geprägt ist“, erklärte Heinig. Grundrechte schützten aber Minderheiten bewusst davor, „zum bloßen Objekt staatlicher Symbol- und Identitätspolitik zu werden“. Deshalb sei der Ansatz der CDU-Spitze richtig, die Eltern zu überzeugen, auf ein Kopftuch in Kitas und Grundschulen zu verzichten. „Im Mittelpunkt muss das Kindeswohl stehen. Das befördert man besser mit als gegen die Eltern“, betonte der Jurist.

Österreich als Vorbild für ein Kopftuchverbot?

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags war schon 2017 zu dem Ergebnis gekommen, dass dies verfassungsrechtlich „wohl nicht zulässig“ wäre und bezog sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Lehrerinnen mit Kopftuch.

Die Debatte ist nicht neu. Nordrhein-Westfalen hatte schon vor einem Jahr angekündigt, ein Kopftuchverbot für junge Mädchen zu prüfen. In Deutschland tritt laut Gesetz mit dem 14. Geburtstag die sogenannte Religionsmündigkeit ein. Vorher könnten Mädchen nicht selbstbestimmt entscheiden, ob sie das Kopftuch tragen wollten, lautete damals die Argumentation von Landes-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) für ein Verbot.

An diesem Punkt setzen auch verschiedene Unionspolitiker an, die trotz möglicher juristischer Hürden Chancen für ein Kopftuchverbot konkret für Mädchen unter 14 sehen. Man wolle das Problem auf Bundesebene angehen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des stellvertretenden Unionsfraktionschefs Carsten Linnemann (CDU), des für Religion zuständigen CDU-Politikers Christoph de Vries und des ehemaligen bayerischen Justizministers Winfried Bausback (CSU). Ansatzpunkt wäre nach Bausbacks Angaben beim „Gesetz über die religiöse Kindeserziehung“, das die Beziehungen von Eltern und Kindern in Religionsfragen regelt.

Geht es nach dem Willen der Bürger in Deutschland, dann ist die Sache klar: Eine Mehrheit der Bevölkerung hierzulande befürwortet, dass muslimischen Mädchen an Grundschulen das Tragen von Kopftüchern verboten wird. Für ein solches Gesetz sprach sich in einer im Mai veröffentlichten Umfrage des Instituts YouGov 57 Prozent der Bevölkerung aus. Von den Wählern der CDU sind es sogar 61 Prozent, von der FDP 64 Prozent und von der AfD 90 Prozent, die ein solches Verbot gut fänden.

Vorbild wäre Österreich: Das Parlament in Wien hatte jüngst ein solches Kopftuchverbot beschlossen.